PERSONAL2012 Süd

Die Marktdynamik des HR-Marktes verdichtet sich

Stuttgart, April 2012 - Der Markt an Produkten und Dienstleistungen für die Personalarbeit entwickelt sich derzeit sehr dynamisch. Ein Spiegel dieses Trends war am 24. und 25. April die Messe PERSONAL2012 in Stuttgart: Mit 285 Ausstellern und 4.443 Besuchern hat der Branchentreff erneut zugelegt. Experten stellten auf der Plattform für Human Resources einige neue Studien zum Markt, zum Nutzerverhalten und den inhaltlichen Treibern für das Personalmanagement vor.




"Der HR-Markt hat sich in den letzten zehn Jahren stetig weiterentwickelt und ist auch in Krisenjahren nicht eingebrochen", erklärte Alexander Petsch, Geschäftsführer des Veranstalters spring Messe Management, in der Pressekonferenz am ersten Messetag. Doch derzeit verdichte sich die Marktdynamik: "Der HR-Markt ist auf einmal sehr sexy."


So übernahm SAP Success Factors für 3,4 Milliarden US-Dollar, was eine Art Startschuss für weitere Zukäufe gewesen sei: Von Taleo durch Oracle, Rypple durch Salesforce, Human Concepts durch Saba bis zum Kauf von umantis durch Haufe. Dahinter stecke weniger eine Marktbereinigung als das Bestreben der Anbieter, den kompletten HR-Prozess abbilden zu können. Außerdem sei nun das Thema Cloud in der Personalabteilung angekommen: Alle gekauften Unternehmen böten Lösungen aus der Wolke.

Dabei gehe es den Dienstleistern auch darum, die Nutzerfreundlichkeit ihrer Angebote zu verbessern - vor allem, wenn es um die Entwicklung von Business-Apps gehe. Diese Konzentration auf den Nutzer scheine auch dringend geboten. Denn eine aktuelle Umfrage des HRM Research Institutes unter 422 Personalern habe ergeben, dass 9 Prozent der befragten Unternehmen gerade ihre Software wechselten, 20 Prozent kurz davor stünden und 34 Prozent mit ihrer Software nicht zufrieden seien.


"Personaler sind nicht mehr bereit, alle 'Nutzerunfreundlichkeiten' hinzunehmen", so Petsch. Dennoch sei er auch skeptisch, ob die Unternehmen vorhandene Systeme immer richtig einsetzen. "Es gibt erstaunlicherweise immer noch Betriebe, die gar keine HR-Software verwenden."


Social Media: Top oder Flop?


Um Social Media bestehe weiterhin ein Hype, der voraussichtlich die kommenden Jahre anhalten werde. "Auf Seiten des Beratermarktes gibt es in diesem Kontext ein großes Wachstum", konstatierte Petsch. Viele Unternehmen benötigten in Sachen Social Media Unterstützung, müssten dazu jedoch externes Know-how einkaufen. Zudem übernehme oft die Marketing-Abteilung das Ruder.


Auch Prof. Dr. Christian Scholz von der Universität des Saarlandes ist dieser Meinung: "Dass Konsumentenmarkt und Arbeitgebermarkt hier ineinander übergehen, finden Marketingleute viel zu faszinierend", so Scholz. Außerdem fehle in der Personalabteilung oft das Rüstzeug für strategische Personalarbeit. "Personaler denken in der Personalplanung viel zu kurzfristig." Auch das Vorgehen in Social Media müsse man mit den passenden Methoden vorab berechnen. Von vielen Freunden allein könne sich der Personaler nichts kaufen.

Viele Unternehmen agierten nach dem Motto "Dabei sein ist alles". Das sei jedoch wenig sinnvoll und sogar gefährlich. Es mangle an Medienerfolgskontrolle und klaren Regeln, wer wann was über Social Media sage. "Dahinter steckt juristischer Sprengstoff. Da haben schon einige Unternehmen bitter Lehrgeld bezahlt", so Scholz. Deshalb seien Social-Media-Kanäle in den Unternehmen, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, oft schon abgeschaltet.

Beispiel Sky: Unternehmen absorbieren Berater-Know-how

Vor diesem Hintergrund hat Sky Deutschland inzwischen eine Social Media Guideline eingeführt. Und auch im Recruiting nutzt das Unternehmen soziale Netzwerke gezielt. "Die Mitarbeiter sind bei uns im Durchschnitt 34 Jahre alt. Da ist Social Media natürlich ein Thema", berichtete Norbert Kireth, Executive Vice President HR und Organisation des Pay-TV-Anbieters, in der Pressekonferenz. Von April bis September 2011 habe das Unternehmen 180 neue Mitarbeiter für den neuen Sport-News-Channel rekrutiert - darunter 21 verschiedene Kompetenzprofile. "Das haben wir unter anderem über Social Media geschafft", so Kireth.

Es brauche am Anfang dafür eine Phase des Testens, aber dann ergebe sich relativ schnell, wo die passenden Zielgruppen zu finden seien. Auch Sky habe dabei auf Unterstützung von Beratungen zurückgegriffen. Aber das Wissen der Berater nütze der Organisation für den weiteren Umgang mit dem Thema. "In vielen großen Unternehmen gibt es heute Recuiting-Abteilungen, die das gleiche leisten können wie Personalberatungen", hat Kireth beobachtet.

Werte erlebbar machen

Damit auch die Mitarbeiter ein stimmiges Bild der Unternehmensstrategie in Kommunikationskanälen wie Social Media vermitteln können, setzt sich Kireth intensiv für den Aufbau einer Arbeitgebermarke ein. Diese müsse auf einem Identifikationsprozess im Unternehmen basieren und mit der Realtiät im Betrieb übereinstimmen. "Die tollsten Sachen in punkto Arbeitgebermarke nach außen zu hängen, ist nicht zielführend.", so der Personalleiter.

Das Unternehmen sei angetreten, das Pay-TV-Geschäft neu aufzustellen. Eine entsprechende Kultur ließe sich aber nicht von heute auf morgen herbeizaubern und verlaufe auch nicht ohne Reibung. "Es gibt viele Subkulturen in einem Unternehmen und da muss man sich überlegen, was diese Strömungen verbindet." Dafür habe Sky zum einen Storytelling im Unternehmen eingesetzt: Führungskräfte versuchen, durch ihre Geschichten die Kultur konkreter begreifbar zu machen. Derzeit konzentriere sich Sky auf eine Werteanalyse, für die das Unternehmen unter anderem eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt habe.

Was Personaler heute und morgen antreibt

Einen Blick in die Zukunft des Personalmanagements warfen die Vertreter der Zukunftsinitiative Personal (ZiP) auf der PERSONAL2012 in Stuttgart. Einige Vertreter der Softwareanbieter und Beratungsfirmen, die sich in diesem Kreis zusammengeschlossen haben, präsentierten und kommentierten die Endergebnisse ihrer Studie "HR 2020". In einer sogenannten Delphi-Befragung, einer qualitativen Befragung von Geschäftsführern, Business-Partnern und Personalleitern von 30 Unternehmen, ermittelte ZiP, wo Personalern der Schuh drückt.


Der Studie "HR 2020" zufolge sind sich Geschäftsführer, Businesspartner und Personalleiter einig darin, dass die steigende Marktdynamik eine große Herausforderung für die Personalarbeit darstellt. Welche Folgen das für Unternehmen hat, erklärte etwa Prof. Dr. Christian Scholz: "In den Unternehmen kristallisiert sich eine Stammbelegschaft mit A-Mitarbeitern heraus. Darum herum werden Festangestellte durch Zeit- oder Projektarbeiter ersetzt."


Davon erhofften sich die Betriebe Kostensenkungen und größere Flexibilität. IBM zum Beispiel plane, dass allein in Deutschland 8.000 der 20.000 Mitarbeiter ihre Festanstellung verlieren und sich auf Projektbasis laufend um Aufträge bewerben müssten.


"Das stellt die Personalerwelt auf den Kopf", prognostizierte Scholz. Recruiting, Motivation und Retention seien heute immer noch auf ein geschlossenes Unternehmenskonzept ausgerichtet. Bald würden aber immer mehr Personen für einen Betrieb arbeiten, die rechtlich nicht an die Organisation gebunden seien. Ob dieser Trend für einzelne Betriebe gut und richtig sei, hänge jedoch von der Unternehmensstrategie ab.


Norbert Kireth von Sky sieht solche "Total-Workforce-Konzepte" eher kritisch: "Es kann doch wohl nicht sein, dass Mitarbeiter in den vergangenen Jahren als wichtigste Ressource erkannt wurden und jetzt zugunsten prekärer Arbeitsverhältnisse outgesourct werden." Mit den eigenen Mitarbeitern ließen sich zudem manche Innovationen schneller umsetzen und mit besserer Qualität.