Branchenmonitor Digitale Bildung in Deutschland
Berlin, September 2021 - Die Nachfrage nach Fernstudienangeboten wächst weiter, begleitende Präsenzseminare und Prüfungen werden digitalisiert und die Lehr-Lern-Medien der Zukunft sind audio-visuell. Fernstudierende begrüßen diese Entwicklung und möchten mehrheitlich auch nach der Pandemie auf die neuen Formate zurückgreifen. Das sind die zentralen Ergebnisse der Erhebung des "Branchenmonitor Digitale Bildung in Deutschland", die die forsa Politik- und Sozialforschung GmbH im Auftrag des Bundesverbandes der Fernstudienanbieter erstellt hat.
Der deutsche Weiterbildungsmarkt hat in den vergangenen Monaten massive Umbrüche erfahren. Präsenzangebote verlieren an Bedeutung, die Bedürfnisse der Lernenden verändern sich und werden zunehmend heterogener. Digitale Bildung wird mehr und mehr auch in der Bildungspolitik als neue Wunderwaffe erkannt, um die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland zu erhöhen. Im Zuge der Corona-Pandemie hat sich diese schon zuvor begonnene Entwicklung rasant beschleunigt. |
Wie erfolgreich der deutsche Fernstudienmarkt ist, belegen die aktuellen Zahlen, die der Bundesverband der Fernstudienanbieter heute veröffentlicht. Im Rahmen des "Branchenmonitor Digitale Bildung in Deutschland" befragte die forsa Politik- und Sozialforschung GmbH im Auftrag des Verbandes Anbieter von Fernunterricht und Fernstudium in zwei Erhebungszyklen nach den Herausforderungen der Branche, ihren Wachstumserwartungen und Zukunftstrends. |
Marktentwicklung: Die Nachfrage nach Fernstudienangeboten wächst |
Vor allem die aktuellen Entwicklungsprognosen der befragten Fernstudienanbieter bezogen auf die eigenen Unternehmen sind erfreulich. So erwartet eine große Mehrheit von 73 Prozent der Fernlehranbieter mittelfristig stärkere Auswirkungen durch die Corona-Krise und diese fallen meist positiv aus. Denn die Nachfrage nach Fernstudienangeboten ist in den vergangenen Monaten extrem angestiegen. Viele Berufstätige haben im Homeoffice festgestellt, was Fernstudierende schon lange wissen: nämlich, wie gut Arbeit und Kommunikation auch über die Distanz funktionieren können. Sie nutzen nun diese Erkenntnis für ihre berufliche Weiterentwicklung, indem sie sich für ein Fernstudium entscheiden, das sich als absolut krisensicher erwiesen hat. |
49 Prozent der befragten Institute erwarten durch den Anstieg der Teilnehmerzahlen daher auch eine Umsatzsteigerung für das eigene Unternehmen. Dem gegenüber stehen jedoch 20 Prozent der Bildungsanbieter, die befürchten, dass die generell gestiegene Nachfrage nach Fernunterricht und Fernstudium zu Umsatzeinbußen für das eigene Haus führen kann, da mehr Wettwerber auf den Markt strömen werden. |
Auch die Zahlen des Branchenmonitors belegen die gestiegene Nachfrage nach Fernstudienangeboten. Bereits im Herbst 2020 bat der Verband die befragten Anbieter die Entwicklung der Teilnehmerzahlen im Vergleich zum Vorjahr zu prognostizieren. Etwa die Hälfte der Institute (51 %) ging schon für 2020 von etwas oder deutlich steigenden Kursteilnehmer- bzw. Studierendenzahlen aus. |
Besonders gefragte Fernstudienangebote |
Der "Branchenmonitor Digitale Bildung in Deutschland" liefert jedoch nicht nur Einschätzungen von Bildungsanbietern zur eigenen wirtschaftlichen Lage und der Entwicklung der Teilnehmerzahlen in Fernunterricht und Fernstudium, sondern auch ein Bild darüber, welche Themenbereiche in der beruflichen Weiterbildung derzeit besonders gefragt sind. Mit 56 Prozent werden bei nicht-akademischen Anbietern vor allem Fernkurse angeboten und belegt, die dem Themenbereich "Wirtschaft/BWL/kaufmännische Praxis" zuzuordnen sind. |
Auch bei den Hochschulen liegen Fernstudienangebote im Bereich der "Wirtschaftswissenschaften" (50 %) an erster Stelle. 35 Prozent der akademischen Anbieter haben im Bereich "Informatik", jeweils 30 Prozent in den Bereichen "Ingenieurwissenschaften" bzw. "Sozialwissenschaften", 20 Prozent im Bereich "Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften", 15 Prozent in "Mathe-matik/Naturwissenschaften", zehn Prozent in "Geisteswissenschaften" und jeweils fünf Prozent in "Rechtswissenschaften" bzw. "Sport" Fernstudienangebote im Portfolio. |
41 Prozent der im Frühjahr erneut befragten Institute berichten, dass sie seit Beginn der Corona-Pandemie besonders häufig Anmeldungen zu bestimmten Lehrgangsthemen bekommen. Vor allem werden hier Angebote aus dem Themenbereich "Informatik" (31 %) genannt. |
Aus Herausforderungen werden Chancen |
Trotz gestiegener Nachfrage sahen sich aber auch Bildungsunternehmen, die Fernunterricht und Fernstudium anbieten, in den vergangenen Monaten großen Herausforderungen gegenübergestellt. Nach den größten Herausforderungen für das eigene Unternehmen befragt, gaben bereits im Herbst 2020 20 Prozent der Bildungsanbieter an, diese würden vor allem darin bestehen, Präsenzkonzepte online umzusetzen bzw. zu erweitern. In einer Folgeerhebung im Frühjahr 2021 wuchs der Anteil sogar auf 40 Prozent an. |
Für Fernunterrichtsanbieter galt es an dieser Stelle, vor allem digitale Alternativen für Präsenzveranstaltungen zu schaffen, die Fernstudienangebote häufig ergänzen. Und das schnell und rechtssicher, damit Lernende auch während des Lockdowns ihre Weiterbildungen beenden konnten. |
Das bestätigen auch aktuelle Erhebungen der beiden größten deutschen Fernschulen – ILS und sgd. In einer repräsentativen Umfrage haben beide Häuser bereits im Frühjahr, also während des Lockdowns, mehr als 2.500 Fernlernende befragt, ob sie lieber an ursprünglich vorgesehenen Präsenzseminaren teilgenommen hätten, als aufgrund der Pandemie alternativ an angebotenen Online-Veranstaltungen. |
Eine viel größere Herausforderung stellt für Fernstudienanbieter jedoch die Schaffung von digitalen Prüfungsalternativen dar. "Hier scheitert eine Umsetzung weniger an den technischen Ressourcen oder dem Willen der Anbieter, sondern vielmehr an veralteten, gesetzlichen Strukturen", informiert der Verbandspräsident. |
"Was jedoch fehlt und die Digitalisierung von Prüfungen somit zu einer der größten Herausforderungen vor allem für akademische Bildungsanbieter macht, sind bundeseinheitliche Standards für Online-Prüfungen und deren rechtssichere Durchführung", bemängelt Fürst. Doch gerade die letzten Monate haben gezeigt, wie wichtig alternative Prüfungskonzepte sind. |
Weitere Herausforderungen für ihr Unternehmen sahen die Teilnehmer des Branchenmonitors im Herbst 2020 darin, neue Bildungsangebote zu schaffen (12 %), wettbewerbsfähig zu bleiben (7 %) und in der Personalgewinnung (7 %). Im Frühjahr 2021 benannten jeweils 10 Prozent der Befragten, die Notwendigkeit, die Digitalisierung im eigenen Unternehmen generell weiter voranzutreiben als Herausforderung bzw. in Technik zu investieren. Auch Kundenerwartungen zu erfüllen sowie fluide Organisations- und Arbeitsformen zu etablieren, zähle zu den größten Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie. |
Die Lehr-Lern-Medien der Zukunft sind audio-visuell |
Ein nicht unwesentlicher Punkt, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Kundenerwartungen zu erfüllen, ist der Einsatz zeitgemäßer Studienmaterialien. Im vergangenen Herbst gaben 75 Prozent der befragten Institute an, Studienmaterialien als PDF zu nutzen. 67 Prozent setzen audio-visuelle Medien online ein, 60 Prozent gedruckte Studienmaterialien. Weniger als die Hälfte der Anbieter (47 %) setzt Studienmaterialien ein, die ausschließlich online zur Verfügung gestellt werden, 38 Prozent nutzen im Rahmen ihrer Fernlern-Angebote Online Learning-Nuggets, 21 Prozent audio-visuelle Medien, die offline eingesetzt werden, 13 Prozent VR/AR-Medien und lediglich sieben Prozent MOOCs. |
Die Tendenz, stärker auf digitale Lehr-Lern-Medien zu setzen, ist dabei bei akademischen Anbietern stärker ausgeprägt als bei den nicht-akademischen. Nach ihrer Einschätzung befragt, welche der genannten Lehr-Lern-Medien in Zukunft im Bereich Fernunterricht und Fernstudium an Bedeutung gewinnen oder auch verlieren werden, ergibt sich unter den befragten Bildungsanbietern ein recht klares Meinungsbild: Eine große Mehrheit der Institute geht davon aus, dass audio-visuelle Medien online (77 %), Studienmaterialien ausschließlich online (75 %) sowie Online Learning-Nuggets (62 %) künftig an Bedeutung gewinnen werden. Etwas mehr als die Hälfte meint zudem, dass auch VR-/AR-Medien (55%) in vielen Bereichen an Bedeutung gewinnen werden. |
Umgekehrt geht eine große Mehrheit der Befragten von einem Bedeutungsverlust audio-visueller Medien offline und gedruckten Studienmaterialien aus. Etwas uneinheitlicher fällt das Meinungsbild zur künftigen Bedeutung von MOOCs und Studienmaterialien als PDF aus. |
Corona verschärft den Fachkräftemangel – digitale Bildung bietet Lösungen |
Bereits Ende 2020 veröffentlichte der Bundesverband der Fernstudienanbieter erste Ergebnisse des "Branchenmonitor Digitale Bildung in Deutschland". In einer bundesweiten Befragung wurden mehr als 400 Wirtschaftsunternehmen verschiedener Branchen kontaktiert, um zu ermitteln, welche Probleme und Bedarfe es bei der Personalgewinnung gibt, in welchen Bereichen Weiterbildungen nötig wären, in welchem Umfang unternehmensintern berufsbezogene Fortbildungen angeboten und eingesetzt werden, in welchen Formen und Formaten dies geschieht und welchen Stellenwert digitale Weiterbildung in den Unternehmen aktuell bzw. zukünftig hat. |
Die Zukunft der (Weiter-)Bildung ist digital |
Sämtliche Untersuchungsergebnisse zeigen: die Attraktivität und die Akzeptanz digitaler Bildungsangebote steigt enorm. Die Zukunft der Bildung und vor allem der nebenberuflichen Weiterbildung gestaltet sich zunehmend digital, bedürfnisorientiert und nachhaltig. "Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung bieten Fernstudienanbieter krisensichere Bildung und nutzen gleichsam den Digitalisierungsschub, der durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, um Unternehmensstrukturen, Bildungsangebote und Prüfungskonzepte weiter zu digitalisieren und den Lebensrealitäten lernender Erwachsener anzupassen", resümiert Verbandspräsident Mirco Fretter die Ergebnisse des Branchenmonitors. |
2024 neigt sich dem Ende zu und damit starten die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Welche Trends werden in 2025 die L&D Branche prägen? Was sind die größten Herausforderungen für Personalentwickler:innen und wie können sie ihnen begegnen? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit!