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Untersuchung: Gibt es eine Net Generation?

Hamburg, November 2008 - Bildungsanbieter und -verantwortliche in Universitäten zerbrechen sich die Köpfe darüber, wie sie ihre Bildungsangebote der demnächst auf die Hochschulen zukommenden Studierenden-Jahrgänge den Anforderungen der Generation Y anpassen. Prof. Dr. Rolf Schulmeister, Gründer des Interdisziplinären Zentrums für Hochschuldidaktik der Universität Hamburg und Initiator des Studiengangs "Master of Higher Education", ist allerdings überzeugt, dass die Mystifizierung der Netzgeneration wissenschaftlichen Untersuchungen keinesfalls standhält.




"Hätte die Behauptung, es gäbe eine Net Generation, keine Folgen für das Bildungssystem, müssten wir uns nicht darum kümmern", so Rolf Schulmeister, der jahrelang über die Diversität der Studierenden geforscht hat und sich jetzt in einer Untersuchung mit dem Mythos um die Gen Y auseinandersetzte.

"Meine Motivation für diese Aufgabe wuchs, je mehr ich den Eindruck erhielt, dass sich eine methodisch-kritische Analyse dieses Themas gut als Beispiel für die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und problematischen 'Theorien' in der wissenschaftlichen Ausbildung eignen könnte", ergänzt Schulmeister.

Allein aufgrund der Tatsache, dass eine Generation in Haushalten aufgewachsen ist, in denen zu einem hohen Prozentsatz neue Medien zur Verfügung stehen, werde ihnen digitales Fachwissen unterstellt. Die Behauptung der Propagandisten laute: Die zukünftigen Studierenden der Netz-Generation seien anders und lernten anders, und zwar so grundlegend anders, dass neue Konzepte für die Lehre benötigt würden. Dieses Argument müsse immer wieder für die Einführung neuer Lehrmethoden herhalten.

Auch das Deutsche Jugendinstitut fühlt sich aufgrund neuerer Forschungen bemüßigt, eine Warnung auszusprechen: "Es ist ein populärer Irrtum zu glauben, dass schon Kinder im Umgang mit neuen Technologien kompetenter seien als Erwachsene - sie sind meist nur unbefangener am Computer und im Internet. Die Mystifizierung einer 'generation @' hält der wissenschaftlichen Untersuchung nicht Stand."

In seiner Untersuchung setzt sich Prof. Rolf Schulmeister im ersten Schritt umfassend mit den Theorien namhafter Wissenschaftler wie beispielsweise Don Tapscott, Horst Opaschowski, Claudia de Witt und Sabine Seufert auseinander, die alle zu dem Thema publiziert haben. Die Wissenschaftler sind Protagonisten der Net Generation und damit überzeugt, dass die Lernvoraussetzungen dieser Generation komplett neue Herausforderungen an das Learning Design stellen.

Für seine Publikation hat Schulmeister mehr als 45 empirische Studien zu Mediennutzung und Nutzermotiven für die Analyse herangezogen, die Daten speziell auch für Kinder und Jugendliche ausweisen. Für Deutschland stehen dabei offenbar recht umfangreiche Datenquellen in Form von Langzeitstudien zur Verfügung, die zugleich die methodischen Standards und das methodologische Differenzierungsniveau gesetzt haben, das es für zukünftige Studien zu beachten gilt.

Das Ergebnis seiner Untersuchung fasst der Wissenschaftler in neun Thesen zusammen. Er kommt zu dem Schluss, dass in dem daraus entstandenen Bild der jugendlichen Aktivitäten nichts Ungewöhnliches zu sehen ist. "Die Tatsache, dass heute andere Medien genutzt werden als in früheren Zeiten rechtfertigt es nicht, eine ganze Generation als andersartig zu mystifizieren. Im Gegenteil, die Generation, die mit diesen neuen Medien aufwächst, betrachtet sie als ebenso selbstverständliche Begleiter ihres Alltags wie die Generationen vor ihr den Fernseher, das Telefon oder das Radio", glaubt Schulmeister.