Health 2.0 - Gesundheit zum Mitmachen
Neumarkt, Juni 2009 - Hautkrebs ist weltweit die häufigste Krebsart der hellhäutigen Bevölkerung. Und als Folge veränderten Verhaltens und veränderter Klimabedingungen sind die Zuwachsraten immens. Um die Früherkennung voranzutreiben entwickelte der ambitionierte Dermatologe Dr. Nikolaus Stosiek deshalb das Projekt "Hautkrebs-Screening" und wurde dafür mit dem European eLearning Award 2009 im Non-professional eLearning Sektor ausgezeichnet.
Die Einführung der gesetzlich verankerten Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung in Deutschland zum 1. Juli 2008 erforderte die obligatorische Schulung von zirka 70.000 Ärzten. Der Dermatologe Dr. Nikolaus Stosiek machte es sich zur Aufgabe, für dieses Lernziel eine neue Lernstruktur zu entwickeln, die unter dem Kernthema Hautkrebs unterschiedliche Lebenswelten und Professionen zu einem Wissensnetzwerk verknüpft.
Die entscheidende Brückenfunktion nimmt dabei ein Blended-Learning-Konzept ein, das mit Hilfe der Open-Source-Lernplattform ILIAS realisiert wurde. Durch Integration von Web 2.0-Elementen wurden die verschiedenen Zielgruppen in den Wissensbildungsprozess und das Wissensmanagement integriert und von passiven Rezipienten zu aktiven Gesundheitsförderern eigener und fremder Gesundheit.
Als positiver Nebeneffekt erhöht das informelle Lernen gleichzeitig die Medienkompetenz in den beteiligten Zielgruppen. Die integrierte Nutzungsmöglichkeit von Editoren (eLaix) eröffnet allerdings auch wenig technisch bewanderten Teilnehmern die Chance zum Self-Authoring in kleinen Gruppen wie etwa in Gesundheits- und Qualitätszirkeln.
Zielgruppengerechtes Lernen
Inhaltlich ist das Angebot klar strukturiert. Ein offener Bereich thematisiert Aspekte der Gesundheitsförderung und liefert praktische Hilfestellung in der Vorbeugung von Hautkrebs. "Dieser Bereich ist für Personen aller Lebenswelten in der individuellen Gesundheitsvorsorge relevant - denn schließlich macht der Hautkrebs vor keiner Gruppe halt", so Stosiek. Der geschlossene Bereich integriert verschiedene Programme, die sich an die unterschiedlichen Zielgruppen richten.
Eine wesentliche Zielgruppe bilden die Ärzte. Die Inhalte des Schulungsprogramms orientieren sich aufgrund der curricularen Vorgaben an fest definierten Themen, die aber offen für verschiedene ärztliche Gruppen gestaltet wurden. Damit können auch Ärzte die Inhalte bearbeiten, die die Qualifikation nicht primär formal nutzen können.
Ein gutes Beispiel dafür sind Kinderärzte. Im gesetzlich geregelten Programm des Hautkrebs-Screenings sind sie nicht integriert, da Hautkrebs im Kindesalter sehr selten vorkommt. Allerdings liegt die sensible Phase, in der die Weichenstellung hin zum Hautkrebs maßgeblich vorangetrieben wird, in der Kindheit. Daher kommt Kinderärzten eine entscheidende Bedeutung in der Gesundheitsförderung und Prävention zu.
Weitere Zielgruppen des Angebots sind Gesundheitspädagogen und Gesundheitsökonomen. Anhand des Programms können sie didaktische Kompetenzen und ökonomische Bewertungsstrategien zu gesundheitsrelevanten Themen in einer Art Simulation praktisch umsetzen. Auf diese Weise können sie den Stellenwert der Gesundheitsförderung und Prävention viel plastischer nachvollziehen. Dieser Aspekt ist ganz entscheidend angesichts der Dauerbaustelle "Gesundheitswesen" und der permanenten Suche nach Einsparpotenzialen.
Erfolgreiche Eigeninitiative
"Die Idee zum 'Hautkrebs-Screening' wurde aus der persönlichen Lern- und Arbeitsbiografie und der damit verbundenen Wahrnehmung verschiedener Defizite geboren", erinnert sich Nikolaus Stosiek. Aufgrund seiner 20-jährigen Tätigkeit als Hautarzt, der Lehrtätigkeit an verschiedenen Hochschulen (Gesundheitsökonomie, Gesundheitspädagogik) und der aktiven Gestaltung der Gesundheitsförderung in der Region Neumarkt, setzte der Dermatologe auf ein vernetztes Konzept mit hoher Flexibilität.
Die zunehmend flexibleren technischen Möglichkeiten des Web 2.0 und der kostengünstige Einsatz der Open-Source-Plattform boten schließlich die Perspektive zur erfolgreichen Umsetzung des Blended-Learning-Projekts. Ohne diese Option wäre eine Realisierung auch aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen. Das Projekt entwickelte der engagierte Arzt vollkommen aus Eigenmitteln ohne weitere finanzielle Unterstützung.
Eine Idee bahnt sich ihren Weg
Die Herausforderungen lagen im Wesentlichen in den bürokratischen Barrieren. An die Fertigstellung schloss sich ein sechsmonatiger Antrags- und Briefmarathon im Stile des Buchbinders Wanninger an, bis schließlich das offizielle Placet der zuständigen Körperschaft auf Bundesebene erfolgte. "Interessanterweise handelte es sich dabei um das Dezernat für Innovationen", bemerkt der engagierte Dermatologe.
Etwas entnervt fasst Dr. Stosiek seine Erfahrungen zusammen: "Da diese jedoch keine Weisungsbefugnis auf Länderebene besitzt, wiederholte sich der Prozess dann in 17 kleinen Deja-vu's bei den Länderkörperschaften. Schließlich lag die Zusage von zwölf Organisationen vor. Fünf Körperschaften lehnten jedoch ab, ohne dies zu begründen."
An diesen Schlüsselinstitutionen bestehen offenbar noch deutliche Defizite in der strukturellen Qualitätsbewertung und der standardisierten Abwicklung entsprechender Anträge. "Dies wird der wachsenden und strategischen Bedeutung des eLearning im Gesundheitswesen nicht gerecht", so der Dermatologe. Stosiek ist der Auffassung, dass gerade die interaktiven Web 2.0-Anbindungen die Chance bieten, die seit Jahren plakatierten Perspektiven des "Empowerments" und der Partizipation zu beleben und konstruktiv umzusetzen.
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