Die vernetzte Hochschule - wie viel IT braucht die Uni?
Hannover, April 2012 - Facebook, Twitter und YouTube verändern längst auch die Arbeits- und Kommunikationsprozesse in Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber auch Studierende möchten ihre im privaten Bereich gewohnten Kommunikationsmittel auch im Hochschulalltag nicht mehr missen. Wie die Organisation Hochschule moderne Technologien strategisch nutzen kann und welche Folgen dies für die Hochschul-IT hat, diskutierten etwa 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 2. HIS-Forums IT.
Umfassendes Wissensmanagement, moderne Prozessgestaltung durch IT-Government und der Einsatz sogenannter sozialer Medien sind aus dem Hochschulalltag kaum mehr wegzudenken. Wie sich jedoch der Einsatz moderner Technologien auf Verwaltungsprozesse und Organisationsstruktur an den Hochschulen auswirkt, aber auch welche rechtlichen oder sicherheitsrelevanten Probleme er aufwirft, waren zentrale Themen der zweitägigen Veranstaltung der HIS Hochschul-Informations-System GmbH.
Prof. Dr. Markus Bick von der ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin zeigte in seinem Vortrag die Entwicklung vom klassischen Hochschulrechenzentrum hin zu Chief Information Officer (CIO)-Modellen auf. Er stellte eine Studie vor, die mit Hilfe eines Matrix-Systems eine Bewertung von Strukturen, Prozessen und Kommunikation in der IT-Organisation mehrerer Hochschulen untersuchte. Dieses System ermöglicht allen Hochschulen, den Zustand ihrer eigenen IT-Landschaft zu analysieren.
Hochschulen, die auf Grund wachsender Datenmengen ihre Verwaltungsprozesse optimieren wollen, stehen vor sehr speziellen Herausforderungen - so das Fazit von Dr. Friedrich Stratmann von der HIS GmbH in einem Transfer von Grundgedanken Klaus Lenks zur soziotechnischen Gestaltung von Verwaltungsprozessen. Die besondere Situation der Hochschulen macht es notwendig, staatliche Verwaltung und betriebswirtschaftliche Geschäftsprozesse miteinander zu verknüpfen und die offene Kultur der Hochschule auch in Entscheidungsprozessen zu pflegen.
Ein Lehrforschungsprojekt zum Thema Organisation und Technologie stellten Hannah Mormann, Sara Stalz und Kristina Willjes von der Universität Bielefeld vor. Studierende aus dem Arbeitsbereich Organisationssoziologie untersuchen dort, welche Organisationsprobleme im Arbeitsalltag und bei der Nutzung durch die Einführung von SAP in Hochschulverwaltungen entstehen - und wie die Hochschulen diese Probleme angehen können.
Wie innovative Hochschulkommunikation in der sogenannten Webgesellschaft gelingen kann und welche Potenziale soziale Medien den Hochschulen eröffnen, erläuterte Prof. Dr. Susanne Robra-Bissantz von der Technischen Universität Braunschweig. Insbesondere im Kontext von Kooperation für das Wissens- und Ideenmanagement liege die Motivation für Hochschulen, soziale Medien zu nutzen und eigene "kooperative Assoziationsräume" im Web zu schaffen. Der Vortrag zeigte dies anhand von Beispielen aus den umfangreichen Aktivitäten der TU Braunschweig im Web.
Prof. Dr. Rainer Gerling von der Max-Planck-Gesellschaft München warf einen kritischen Blick auf den schleichenden Einzug der Nutzung privater Anwendungen für geschäftliche Aufgaben, z.B. Doodle, WhatsApp oder Skype. Auch gegen teilweise ausdrückliche Hinweise der Hochschulen nutzen Wissenschaftler(innen) bekannte Tools und Plattformen, wenn sie ihnen den Arbeitsalltag erleichtern. Diese Dienste bergen jedoch häufig Defizite hinsichtlich Datenschutz bzw. Datensicherheit - Hochschulen stehen so vor der Frage, ob Verbote ausreichen, Zugriffe beschränkt werden oder sich sichere Alternativen anbieten.
Vor der Einführung neuer Software sollten Hochschulen entscheiden, ob diese Implementierung von einer Organisationsentwicklung unterstützt werden kann oder soll, so Birga Stender und Jan Bührig von der HIS GmbH. Sie beraten und begleiten Hochschulen bei der IT-Einführung in die Alltagspraxis. Die Erfahrung zeigt, je mehr sinnvoller Aufwand bei der Einführung neuer Software am Anfang betrieben wird, desto mehr Nutzen im Betrieb kann die Software bewirken.
Renate Mitterhuber von der Hamburger Finanzbehörde stellte abschließend die Web-Aktivitäten der Stadt Hamburg vor. Unter ähnlichen Rahmenbedingungen wie die Hochschulen steht auch die Stadtverwaltung im Spannungsfeld zwischen behördlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an interaktive Medien. Die Schwerpunkte liegen insbesondere in neuen Wegen für die Offenlegung von Daten und für mehr Bürgerbeteiligung.
Am Beispiel "Beschwerdeportal" verdeutlichte sie neue Herausforderungen, die sich aus dem interaktiven Internetauftritt ergeben: Wer sichtet die Einträge etwa auch an Wochenenden, gibt es "Öffnungszeiten" im Web und wie wird mit Verstößen gegen Verhaltensregeln umgegangen?
In vier von HIS-Expertinnen und -Experten geleiteten Workshops konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen ihre eigenen Erfahrungen einbringen und aktuelle Themen diskutieren. Hier wurden vor allem der fachliche und überfachliche Austausch der Expertenrunde und die Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen sehr geschätzt. Auch das 2. Forum IT & Organisation war durch eine große Resonanz, spannende Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, lebhafte Diskussionen sowie einen intensiven Austausch gekennzeichnet.
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