IT-Positionspapier der Hamburger Hochschulen wegweisend
Hamburg, Februar 2013 - (von Prem Lata Gupta) Es geht nicht mehr nur um eLearning: Die Aufgaben des Multimedia Kontors Hamburg haben sich verändert. Geschäftsführer Dr. Marc Göcks skizziert den Wandel und die aktuellen Herausforderungen. Er nennt Trends, die - teilweise - nicht in der Breite gezündet haben, äußert sich differenziert zu MOOCs und spricht über innovative Formen der Kollaboration.
Was ist aktuell Ihre spannendste Aufgabe? Und was haben Sie sich für dieses Jahr vorgenommen?
Dr. Marc Göcks: Der Hochschulstandort Hamburg ist durch eine sehr angespannte Haushaltslage geprägt, die auch deutliche Auswirkungen auf den IT-Bereich, inklusive eLearning, hat. Da wir diese Bereiche als zukünftig immer bedeutsamer, wenn nicht sogar als erfolgskritisch für sich im zunehmenden Wettbewerb befindliche Hochschulen bewerten, werben wir zusammen mit unseren Hamburger Hochschulpartnern aus dem IT- und eLearning-Bereich für eine stärkere Berücksichtigung dieser Anforderungen.
So haben wir im letzten Jahr gemeinsam im Rahmen des hochschulübergreifenden IT-Gremiums ein IT-Positionspapier entwickelt, das die Besonderheiten der Hamburger Hochschul-IT, deren Bedeutung für die Hochschulentwicklung sowie die Potenziale einer hochschulübergreifenden Zusammenarbeit adressiert. Dieses Papier soll auch die Basis für ein IT-Strategiepapier 2020 darstellen, welches in diesem Jahr entwickelt werden soll und bei dem das MMKH die Hamburger Hochschulen auch wieder unterstützen wird.
Darüber hinaus haben wir eine Vielzahl von Projekten und Aktivitäten geplant, die sich im eLearning-Bereich vor allem mit dem Aufgreifen von Trends des Horizon Report 2013, Themen der Durchlässigkeit und Weiterbildung, dem Podcast- und Multimediaproduktionsbereich sowie unserer Konferenz Campus Innovation beschäftigen.
Im Bereich eCampus streben wir in 2013 die Produktivsetzung eines hochschulübergreifenden Identity Management Systems an, unterstützen weiterhin unsere Hochschulpartner in den Bereichen Campus-, Prozess- sowie Informations-/Datenmanagement und planen weitere Implementierungen unseres selbstentwickelten Alumni-Communityportals für kleine bis mittlere Hochschulen.
Wenn Sie zurückschauen auf zehn Jahre MMKH - wie hat sich die Rolle oder haben sich die Aufgaben des MMKH gewandelt? Was waren Veränderungsfaktoren?
Dr. Marc Göcks: Gestartet als eine zentrale eLearning-Landesinitiative für die Hamburger Hochschulen mit der Funktion einer Geschäftsstelle und eines Projektträgers für ein großes Hamburger eLearning-Landesförderprogramm, hat sich die inhaltliche Ausrichtung des MMKH im Laufe der Jahre deutlich verändert. Heute versteht sich das MMKH als zentrale Beratungs- und Servicestelle für die IT-gestützte Modernisierung von Hochschulprozessen nicht nur wie zu Beginn in der Lehre, sondern nun verstärkt auch in den Bereichen der Infrastruktur, der Verwaltung, des Managements und auch der Forschung (eCampus).
In gemeinsamen Projekten mit den Hamburger Hochschulpartnern unterstützt das MMKH die Konzeption und Umsetzung vor Ort. Aber auch über die Hamburger Hochschulgrenzen ist das MMKH vernetzt und in Projekten - zum Teil auch länderübergreifenden Initiativen - engagiert.
Ich würde daher weniger von konkreten Meilensteinen, sondern eher von einem dynamischen Veränderungsprozess sprechen wollen. Dies betrifft nicht nur Veränderungen unseres Aufgabenportfolios, sondern auch Fragen der politischen Rahmenbedingungen etwa mit der Einführung von Studiengebühren und deren späterer Abschaffung, einer New-Public-Management-Initiative, einiger Änderungen des Hamburgischen Hochschulgesetzes sowie natürlich der Internationalisierung, der Durchlässigkeit und vor allem des Bologna Prozesses, die sich wiederum auch auf unsere Rolle und Aufgabenausgestaltung auswirken.
Gab es jemals Entwicklungen im eLearning, auf die Sie große Hoffnungen gesetzt haben, die jedoch im Sande verliefen?
Dr. Marc Göcks: Es gab häufiger Entwicklungen, von denen man sich mehr versprochen hatte, deren Diffusion in der Breite aber an unterschiedlichen Barrieren ausgebremst worden ist. Entweder waren dies die technische Komplexität, der fehlende didaktische Ansatz und Mehrwert, der hohe zeitliche Aufwand in der Nutzung, die häufig geringer ausgeprägte Motivation zur Kollaboration oder schlichtweg die fehlenden Support- und Finanzierungsstrukturen für eLearning an vielen Hochschulen bundesweit.
Konkret zählen dazu sicherlich Virtual Reality, Game based Learning oder ePortfolios. Von letztgenannten bin ich weiterhin überzeugt. Manchmal braucht es seine Zeit, bis sich ein Trend auch in der Breite umgesetzt bzw. sich ein Wandel in den Lern- und Lehrkulturen ausgeprägt hat.
Im vergangenen Jahr haben Sie sich intensiv mit den Trends auseinandergesetzt, die der Horizon Report genannt hatte. Welcher davon ist aus Sicht des MMKH besonders relevant und warum?
Dr. Marc Göcks: Ich sehe für ganz unterschiedliche Bereiche und Fachdisziplinen interessante Trends, die eine breitere Anwendung finden könnten. So schätze ich beispielsweise für die Medizin und für MINT-Fächer (hier auch für Laborszenarien) Trends wie das haptische beziehungsweise gestenbasierte Lernen als sehr spannend ein, da sich damit Simulationen mit einer hohen Realitätsnähe abbilden lassen.
In Zeiten einer stark zunehmenden Mobilität zählen natürlich auch Trends im Bereich von Apps oder Tablet Computing zu den spannenden Entwicklungen. Und zur Steigerung von Lernerfolgen sollten zukünftig stärker auch Methoden von Learning Analytics einbezogen werden, die eine individuelle Anpassung von Tempo, Schwierigkeitsgraden, Wiederholungen und Übungen generieren lassen.
Wichtig ist bei der Analyse des Lernverhaltens aber, den Studierenden nicht zu einem gläsernen Lerner werden zu lassen, der dadurch in seinem Verhalten kontraproduktiv gehemmt werden könnte. Zum Schutz des Individuums sind daher nicht nur datenschutzrechtliche Anforderungen zu berücksichtigen und einzuhalten!
Kritischer sehe ich den Bereich der MOOCs. Nicht die "cMOOCs", die im Sinne des Konnektivismus ein hohes Potenzial haben - dies haben wir als Co-Organisator des OPCO 2012 auch selbst positiv erfahren dürfen -, sondern vielmehr die "xMOOCs", die in einer Vielzahl von Bereichen deutliche Schwächen aufweisen! Hierzu kann ich die Keynote von Prof. Rolf Schulmeister "As Undercover Students in MOOCs" empfehlen, die er zur gemeinsamen Veranstaltung unserer Campus Innovation 2012 mit dem Konferenztag Studium und Lehre der Universität Hamburg gehalten hat.
Spannend wird zudem aber auch zu beobachten sein, wie sich die Potenziale von Augmented Reality oder auch von 3D Printing für Lern- und Lehrprozesse ausschöpfen lassen.
Welche Rolle spielen neue Formen und neue Instrumente des kollaborativen Arbeitens wie zum Beispiel Mediabird? Experten in den USA sehen bereits eine neue Generation von eBooks, bei denen Studierende dynamische Texte gemeinsam verfassen...
Dr. Marc Göcks: Grundsätzlich sind diese Formen der Kollaboration ja nicht neu, sondern finden nun über neue Medien mit deutlich erhöhten Interaktionsmöglichkeiten statt. So lassen sich die Dimensionen der Kollaboration erweitern. Durch Unterstützung der studentischen Initiative "Mediabird" wollte das MMKH in diesem Bereich einen Beitrag leisten und ein Lernwerkzeug für Studierende zur Förderung des kollaborativen Lernens zur Verfügung stellen.
Durch Mediabird wurde ein Lernwerkzeug entwickelt, welches sich als Tool in die Infrastruktur von unterschiedlichen Lernmanagementsystemen integrieren lässt und sowohl das kollaborative als auch das selbstgestützte Lernen fördert. Über eine Karteikartenfunktion können lernstoff- sowie prüfungsrelevante Fragestellungen dokumentiert und mit weiteren Contents angereichert werden. Die neu kombinierten Wissensbausteine können mit weiteren Studierenden geteilt und kollaborativ bearbeitet werden. Dazu dienen auch Annotations- und Markierungsfunktionen.
Geplant war Mediabird als Spin-off von zwei Studenten der Uni Hamburg, die das Produkt nach ihrem Studienabschluss überregional vermarkten wollten. Diese Entwicklung hat sich nicht wie geplant realisieren lassen, so dass bislang Mediabird nur an ausgewählten Hamburger Hochschulen verfügbar ist. Wünschenswert wäre natürlich eine Fortführung, da es sich bei dem Konzept, wie auch bei den neuen Formen von eBooks, um ein interessantes Lernszenario handelt, welches die Interaktion und Kollaboration unter Studierenden fördern hilft.
Bereits Tradition hat dagegen der podcampus-Wettbewerb: Lässt sich beschreiben, was sich an der Art der Beiträge seit dem Startschuss verändert hat?
Dr. Marc Göcks: Unser jährlicher podcampus-Wettbewerb, der mit der Prämierung der Gewinner auf der Campus Innovation eine zusätzliche Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit erfährt, hat sich in den vergangenen Jahren in Bezug auf das Medium ebenso wie die Qualität kontinuierlich verändert. War der Wettbewerb in den ersten Durchläufen noch auf Audio- und Video-Podcasts breiter ausgerichtet, wurde dies in den letzten drei Jahren auf Video-Podcasts zugespitzt.
Dieser Trend spiegelt sich auch auf xpodcampus.de, unserem Podcast-Portal für Beiträge aus der Wissenschaft und Forschung, wider. Hier ist der Anteil von Audio-Podcasts in den letzten Jahren spürbar zurückgegangen, dafür wurden deutlich mehr Videobeiträge publiziert.
Ein zweiter Veränderungsaspekt liegt in der Qualität der eingereichten Beiträge, die sich kontinuierlich verbessert hat - nicht nur die Aufzeichnungsqualität, auch bedingt durch den HD-Standard, sondern auch das Storytelling. Dieser Qualitätsanspruch hat aber auch Einfluss auf die Quantität der Wettbewerbseinreichungen ausgeübt. So hat sich die Zahl der Einreichungen nach der Fokussierung auf Video-Podcasts etwas reduziert, blieb auf diesem Niveau aber konstant - mit einem leichten Anstieg im Jahr 2012.
Wir hoffen daher, dass wir mit diesem Wettbewerb, der Siegerprämierung und der Veröffentlichung aller Beiträge über podcampus.de auch zukünftig einen Anreiz und Impuls für die Weiterentwicklung des Podcastings geben können und freuen uns auch 2013 auf eine Vielzahl von hochwertigen Beiträgen.
2024 neigt sich dem Ende zu und damit starten die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Welche Trends werden in 2025 die L&D Branche prägen? Was sind die größten Herausforderungen für Personalentwickler:innen und wie können sie ihnen begegnen? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit!