Quality is a moving target
Hannover/Frankfurt, März 2005 - (von Onno Reiners, Senior Consultant bei bit media Deutschland). Qualität sei ein bewegliches Ziel. Das erklärte mir ein rühriger Herr von der "European Foundation for Quality in eLearning" auf der LEARNTEC. Als Entwicklungsverantwortlicher bei bit media wurde ich sofort hellhörig. Schließlich sind bereits ganze Wälder zu Checklisten, Leitfäden und anderen Dokumenten verarbeitet worden, um das Thema eLearning-Qualität dingfest zu machen.
Bis zu einem gewissen Grad mit Erfolg: Qualitätsmaßstäbe haben dazu beigetragen, Standards, Markttransparenz und damit Akzeptanz zu entwickeln. Die 90er Jahre waren die Pubertät unserer Branche. Damals kamen technologische, visuelle und didaktisch-interaktive Standards zur Reife.
Heute ist die Branche erwachsen, und dennoch bleibt Qualität ein "moving target", das sich einfachen Definitionen entzieht. Laut Lehrbuch ist Qualität die fehlerfreie Erfüllung von Kundenanforderungen, die sich im Akt des Konsumierens situativ realisiert. Doch wer ist der maßgebliche Konsument beim Unternehmen? IT-Leiter möchten eine "barrierefreie" Integration in ihre Systemlandschaft, Weiterbildner nichts, was ihrer Position abträglich ist, Entscheider wollen ROI und Lerner zumindest nicht weniger Lust beim Lernen als im Seminar.
Zu allem Überfluss gibt es noch unterschiedliche Lerntypen (Vester), die unterschiedliche Lern-Dispositionen (Euler) besitzen und sich laut einer aktuellen Qualitätsstudie von Ehlers in Lern-Individualisten, -Pragmatiker, -Avantgardisten und Ergebnisorientierte aufteilen. Kurz, am Ende der Wertschöpfungskette wartet eine bunte Schar, deren Erwartungen zu vielfältig, komplex und situativ sind, als dass die Branche sich auf Qualitätsstandards ausruhen könnte.
Die Standardisierung hat zumindest erreicht, dass bildungstechnologische Produkte und Lösungen einander immer ähnlicher geworden sind. Das gilt zum Beispiel für Autorentools, VC-Lösungen oder Blended Learning-Komponenten. Produktqualität ist vom Differenzierungsinstrument zum selbstverständlichen Hygienefaktor geworden. Innovative Nischenprodukte von "first movern" werden schnell kopiert. So bleibt manchmal nur noch der Preis, über den sich der Anbietermarkt differenziert, gerade in Zeiten knapper Budgets. Insofern ist das Getöse um Rapid eLearning ein branchenspezifischer "Geiz-ist-Geil"-Beitrag zum Zeitgeist. Und selbst wenn Kunden eines Tages wieder Spendierhosen tragen sollten, wird das an der qualitativen Ähnlichkeit unserer Produkte nichts ändern. Positiv betrachtet ist das auch Ausdruck einer industriellen Reife der Branche.
Welche Strategie verbleibt Anbietern also, um sich qualitativ zu differenzieren? Was tun, wenn der klassische Marketingmix aus Produkt, Preis, Kommunikation und Distribution ausgereizt ist? Die Antwort heißt Dienstleistung. Menschen, Referenzen und Prozesse signalisieren dem Kunden Qualität und Vertrauenswürdigkeit. Diese drei "Qualitäten" sind zum Glück nicht so einfach zu kopieren. eLearning-Anbieter sollten neben standardmäßiger Produktgüte den Fokus ihrer Qualitätsinvestitionen auf ihre Mitarbeiter, ihre Beratungskompetenz und ihre Wertschöpfungs- und Kundenprozesse legen. Preiswettbewerb sollte das Salz in dieser Suppe sein, mehr nicht. Sonst wird es ungesund für die Branche.
bit media beteiligt sich deshalb aktiv an der von Q.E.D. und DIN vorangetriebenen Qualitätsinitiative im eLearning. Außerdem führte die bit Gruppe in diesem Jahr mit der Temp-Methode ein kontinuierliches Optimierungsprogramm ein, das sich auf Kundenerwartungen sowie die Qualität ihrer Mitarbeiter und Prozesse konzentriert.
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