Lernkultur Digital

"Umstellung in den Köpfen"

Ingo SchneiderFrankfurt, Dezember 2015 - Nachdem fachliche Weiterbildungen für die rund 700 Mitarbeiter des Unternehmenssegments Fondsdienstleistungen von Union Investment bislang überwiegend als Präsenzveranstaltungen durchgeführt wurden, wurde dort Anfang 2015 die Entscheidung getroffen und umgesetzt, verstärkt eLearning zu nutzen. Vielen Beteiligten war dies bis dato fremd und sie mussten von dessen Nutzen erst überzeugt werden. Auf der LEARNTEC 2016 berichtet Ingo Schneider, Gruppenleiter Business Performance in der Abteilung Segmentsteuerung und -entwicklung Fondsdienstleistungen, über Ausgangslage, Herausforderungen und Erfahrungen dieses Veränderungsvorhabens.

 

Für wen ist Ihr Vortragsthema "Wandel der Lernkultur" besonders interessant?

Ingo Schneider: Das Thema ist für viele Unternehmen interessant, weil alle vor der gleichen Herausforderung stehen: Wie führe ich mein Unternehmen und meine Mitarbeiter in das digitale Zeitalter? Die Digitalisierung stellt eine der größten Veränderungen der Arbeitswelt seit Langem dar, entsprechend wichtig ist es, sie anzunehmen und in allen Bereichen umzusetzen – auch in der Weiterbildung. Weil die Umstellung so viele Prozesse beeinflusst, können Unternehmen hier voneinander lernen, vor allem wenn ihnen noch bevorsteht, was wir bereits begonnen haben.

Was verstehen Sie unter einer digitalen Lernkultur?

Ingo Schneider: Digitales Lernen bedeutet nicht allein, dass Themen, die bislang in Präsenz geschult wurden, nun einfach computergestützt laufen. Natürlich verändern sich der eigentliche Schulungsablauf und dessen Organisation durch meine Mitarbeiter, etwa durch die Nutzung des Learning-Management-Systems (LMS) Moodle. Vor allem setzt eine Veränderung jedoch bei der Art des Lernens ein: Im Rahmen unseres Blended-Learning-Ansatzes wird die klassische Schulung um Selbstlernphasen ergänzt, die eine höhere Flexibilität bieten und eine andere Form der Motivation bedingen. Ein höheres Maß an Eigenverantwortung bei der eigenen Weiterbildung und die neuen technischen Anforderungen stellen für viele Mitarbeiter etwas vollkommen Neues dar. All das gab es zuvor nicht und muss entsprechend berücksichtigt werden.

Warum ist es für Organisationen wichtig, sich dem Thema "Lernkultur Digital" zu stellen?

Ingo Schneider: Für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist es eine zentrale Frage, ob sie sich mit diesem Thema beschäftigen. Entscheidend ist dabei nicht, wie viel Zeit die Mitarbeiter bei der Weiterbildung vor dem Computer verbringen, sondern ob sich die Umstellung auch in den Köpfen aller Beteiligten im Unternehmen vollzieht. Die Digitalisierung bringt neue Aufgaben und Anforderungsprofile für Mitarbeiter mit sich, bedingt Flexibilität - schon die aktuell auf den Arbeitsmarkt strömende Generation ist einen völlig anderen Umgang mit digitalen Medien gewöhnt.

Wo liegen aus Ihrer praktischen Erfahrung Stolpersteine und Hürden, um in einer Organisation eine digitale Lernkultur zu installieren?

Ingo Schneider: Eine Herausforderung war sicher, die Anforderungen und Interessen von verschiedenen Parteien zu berücksichtigen und die Umstellung im laufenden Betrieb umzusetzen. Diese betrifft ja nicht allein die Kollegen, die an Schulungen teilnehmen und die dem Konzept von Blended Learning möglicherweise skeptisch gegenüberstehen. Auch meine Mitarbeiter, die die Weiterbildung organisieren, sind betroffen, ebenso wie Führungskräfte, die von den Vorteilen der flexibleren Zeitanforderung ihrer Mitarbeiter zum Teil erst überzeugt werden müssen. Auch unser internes Trainerteam, das die Schulungen für uns durchführt, muss natürlich gewonnen werden, auch für den Gedanken, dass es selbst durch ein LMS nicht überflüssig wird, sondern eher noch wichtiger.

Welche grundlegenden Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass sich eine Digitale Lernkultur entwickeln kann?

Ingo Schneider: Die wichtigste Bedingung ist die Bereitschaft, sich auf Veränderung einzulassen und Neues als Chance zu begreifen. Ist das gegeben, ist der Rest nur eine Frage der Zeit.