Wie tickt die Generation X-Box?
New York, Juni 2005 - "Mehr Engagement, mehr Leidenschaft!" wird Marc Prensky nicht müde zu fordern. Der Gamebased Learning-Papst, der virtuelle Lernspiele im Auftrag von Unternehmen und im Schulumfeld entwickelt, glaubt, dass uns bald eine neue Generation von Lerntypen ins Haus steht, die über heutiges eLearning nur noch müde lächeln wird.
Die "Digital Natives" beklagen sich niemals über die Informationsflut. Sie lieben sie. Je mehr desto besser. Sie switchen zwischen allen digitalen Kanälen. Sie suchen Erkenntnisse nicht mehr linear, sondern nach dem Zufallsprinzip. Und sie entscheiden schneller.
Im Alter von 21 Jahren haben sie im Schnitt 10.000 Stunden Video-Games hinter sich. Games, in denen sie in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen treffen, in denen es einzig und allein darum geht, den nächsten Level zu erreichen. Wer glaubt, es mit asozialen Wesen zu tun zu haben, der irrt. Zu so genannten Multi-Player-Games finden sich bis zu 100 Spieler aus der ganzen Welt im Gamespace zusammen und kämpfen zum Beispiel um eine mittelalterliche Burg. 50 Spieler verteidigen, 50 greifen an. Da gibt es Rollen, Teams, Taktiken und Strategien.
Für Prensky ist das Lernen par excellence. Handlungskompetenz spielerisch erworben. Wer dieser Generation - sei es als Mitarbeiter, Student oder Schüler - künftig etwas beibringen will, müsse radikal umdenken. "Engage me or enrage me!", lautet die Botschaft - es geht nicht darum, dass alles nur schön bunt und digital sein muss. Mit einem flotten, aber passiv zu konsumierenden Video lockt man "Digital Natives" nicht aus der Reserve. Sie brauchen Herauforderung.
Auf der Website von Marc Prensky (www.marcprensky.com) findet sich eine illustre Beispiel-Sammlung, die zeigt, dass erste Unternehmen diese Entwicklung sehr ernst nehmen. Drei Millionen Dollar hat sich beispielsweise PricewaterhouseCoopers die Entwicklung des Spiels "In$ider" kosten lassen, um seine im Schnitt 24-jährigen Rechnungsprüfer in die Geheimnisse von Derivaten in Firmenbilanzen einzuweihen. In der intergalaktischen Bergbaufirma Gyronortex sind die Spieler verantwortlich für Termingeschäfte.
John C. Beck, amerikanische Universitätsprofessor und Unternehmensberater, prognostiziert in seiner Studie "Got Game - How the Gamer Generation is Reshaping Business Forever", dass der Einsatz von Online-Lernspielen in Unternehmen schon bald zur Tagesordnung gehören wird. Beck hat 2.500 Angestellte zu ihren Arbeitsweisen befragt und signifikante Unterschiede zwischen der "Babyboomer-" und der "Playstation"-Generation herausgefiltert.
"Gamer gehen sehr leidenschaftlich und konzentriert ihrer Arbeit nach - wenn man sie als Experte in ihrem Feld akzeptiert", so Beck. Sie bringen eine hohe Ausdauer mit, denn sie sind es gewohnt durch Phasen der Frustration und der Neuanfänge zu gehen. Wettbewerb und Gewinnen ist alles. "Spieler sind in vielen Bereichen der Wirtschaft erprobter als ihre nicht-spielenden Kollegen", lautet das Fazit.
Da 80 Prozent der Manager unter 34 Jahren Erfahrung mit Videospielen haben, 38 Prozent der Gameboys die 35 schon überschritten haben, und die Gamegirls mittlerweile ein Drittel der Joystick-Fans stellen, ist es allerhöchste Zeit, sich Gedanken über die Konsequenzen für die Weiterbildung zu machen.
Laut Beck sind die klassischen Lernmittel wie Lesen oder Fallstudien nicht mehr effektiv genug. Kommunikative Einbahnstrassen wie Vorlesungen und Lehrbücher sind für die Playstation-Generation die Hölle. Wer ein echter Gamer ist, der geht nach dem Prinzip "Trial & Error" vor, probiert einfach so lange, bis es klappt. Für die betriebliche Weiterbildung rät Beck: "Machen Sie einen Wettbewerb draus. Sie werden sich wundern, wie viel mehr Sie in zwei Stunden vor dem Bildschirm erreichen als in zwei Tagen Vorträgen."
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