Zukunft

Der Wunsch nach erweiterten technischen Möglichkeiten

Paderborn, Juni 2006 - "Obwohl digitale Medien in der Diskussion um effizientere und effektivere Lernformen seit Jahren eine zentrale Rolle spielen, sind sie noch immer kein integraler Bestand der Bildungsinstitutionen geworden", konstatiert Prof. Reinhard Keil vom Heinz Nixdorf Institut an der Universität Paderborn. "An Stelle von Lernobjekten, die nur ausgedruckt oder gelesen werden können, brauchen wir solche, die ohne Medienbruch über unterschiedliche Lernorte und Anwendungen hinweg manipulierbar sind", fordert er.




Wenn der eLearning-Einsatz der nächsten Generation "Lernen als Transformation von Wissen" beinhalten soll, müssen sich sowohl die Lehre als auch die Technik von der heutigen zentralen Ausrichtung auf den "Transport von Wissen" verabschieden.

"Virtuelle Wissensräume, in die z.B. alle Teilnehmer einer Projekt- oder Seminargruppe ihre Dokumente einstellen und dort gemeinsam weiter bearbeiten können sollten die heute üblichen Modelle ersetzen, bei denen Lehrende Inhalte erstellen und anschließend verteilen, um sich dann per eMail, Chat oder Forum mit den Lernenden auseinander zu setzen," meint Prof. Keil.


Prof. Reinhard Keil hat fünf Herausforderungen für die Zukunft des eLearning formuliert:

  • "Lernen wieder stärker als Produktions- und nicht nur als Rezeptionsprozess zu begreifen" -
    meint, dass das Herunterladen von Dokumenten mit nur geringer eigener Aktivität verbunden ist. Denn das so gewonnene Material kann nicht mit anderen gemeinsam bearbeitet oder mit eigenen und fremdem Materialien kombiniert werden. Kooperative Lernräume auch für die Lernenden - nicht nur für die Lehrenden, lautet die Forderung.
  • "Neue und alte methodische Formen des erwägenden Umgangs mit Wissensvielfalt erschließen" -
    verlangt ein Umdenken von der klassischen Lehre, bei der der Dozent die "Wahrheit" verkündet und in einem Skript (Lernobjekt) zur Verfügung stellt. Wer sich heute in der Wissensgesellschaft bewegt, muss mit einer Fülle von Inhalten umgehen. Er muss wissen wie er unterschiedliche Positionen erkennen und kritisch bewerten kann, muss sie arrangieren und gegenüberstellen können und erst dann eine begründete Schlussfolgerung ziehen. Das kann im freien Austausch oder strukturiert geschehen. Solcherart objektbezogene Diskursstrukturierungen lassen jedoch klassische Lernmanagementsysteme (LMS) nicht zu.
  • "Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung durch Übertragung von Verantwortlichkeiten bzw. Zuständigkeiten für virtuelle Wissensräume fördern" -
    beinhaltet Studierende nicht nur mit fertigen Dokumenten zu konfrontieren, die sie bestenfalls kritisch betrachten können. Erst wenn Lernende das Material für andere aufbereiten, präsentieren oder einen Bestand pflegen müssen, erwerben sie auch grundlegend andere Kompetenzen.
  • "Institutionsübergreifende Kooperation z.B. mit Unternehmen der Region oder anderen (internationalen) Bildungsträgern unterstützen" -
    bezieht sich nicht zuletzt auf den Prozess der Neugestaltung der Bachelor- und Masterstudiengänge, die zu einer Modularisierung von Curricula und Abschlüssen in Europa führt. Studierende suchen nicht nur Wissensobjekte und beteiligen sich an Austauschprogrammen, sondern wollen diese Kooperation darüber hinaus fortsetzen und ihr Wissen von verschiedenen Hochschulen zusammenführen. Die Hochschulen und Bildungsanbieter ihrerseits müssen übergreifende Profile entwickeln. Auch hierfür fehlen gemeinsame Wissensräume, die die Kooperation über die Verwaltung von Zugriffsrechten und die Verteilung von Materialien hinaus ermöglichen.
  • "Differenzierte Veranstaltungsformen und adaptierbare Lernumgebungen gestalten" -
    verlangt von der eLearning-Technik der nächsten Generation strukturierte und verteilte Lerndiskurse zu unterstützen. Eine Kooperative Wissensorganisation ohne Medienbruch -
    sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden untereinander, die sich möglichst nahtlos in die bisherigen Arbeits- und Lernumgebungen einfügt und die nicht für jedee Kommunikationaform eine neue Plattform erfordert, ist das Gebot der Stunde (Beispiel: www.open-steam.org).