ePortfolios

Kompetenzbasiertes Lernen in der gesamten Spektralbreite

Dr. Erwin Bratengeyer, Donau-Universität KremsKarlsruhe, Januar 2007 - ePortfolios gelten als zukunftsweisende Methode, um lebenslanges Lernen zu unterstützen. Im deutschsprachigen Raum sind diese Tools zur Dokumentation und Präsentation von Lernbiographien und Kompetenzprofilen allerdings noch weitgehend unbekannt. Die Kongress-Sektion "ePortfolios - Strategien und Anwendungen" am 15. Februar 2007 auf der LEARNTEC stellt Nutzungsszenarien für Schulen, Hochschulen und Unternehmen vor.



"ePortfolios sind mehr als nur digitale Bewerbungsmappen", sagt Sektionsleiter Dr. Erwin Bratengeyer, Chief Research Officer der Donau-Universität-Krems, Abteilung Interaktive Medien und Bildungstechnologie. "ePortfolios greifen sowohl in die personenbezogene, lernprozessbezogene Dimension ein, als auch in die bildungspolitische. Weil mit ePortfolios Maßnahmen getroffen werden können, Erfahrungen und Fortschritte zu belegen, Karrierewege zu planen, Bildungs- und Berufswege transparent und mobil werden zu lassen. Innerhalb der nationalen Bildungslandschaft und über die Landesgrenzen hinaus liegt es ganz im Sinne des Bologna-Prozesses die Transparenz der Bildungssysteme zu erhöhen."

ePortfolios sind dabei Archive, in denen sowohl formale Zeugnisse und Belege, als auch Werkleistungen sowie Lernwege und -ziele protokolliert sind. Noten und Zertifikate allein haben nur begrenzte Aussagekraft über die tatsächlichen Kompetenzen eines Menschen. In Kombination mit der Dokumentation und Präsentation der gesamten Lernbiographie wird eine ganzheitlichere Leistungsbewertung ermöglicht. Technisch gesehen sind sie eine Mischung aus Learning Management System und Web 2.0-Funktionalitäten: einfach zu bedienende Präsentations- und Publizierungswerkzeuge verbunden mit Kommunikationsinstrumenten und Datenbankanwendungen.

Im anglo-amerikanischen Raum werden ePortfolios bereits breit als bildungspolitisches Steuerungsinstrument eingesetzt mit Installationen in der Größenordnung von tausenden Nutzern. So bietet der US-Bundesstaat Minnesota seit 2003 all seinen Bürgern ein Online-Portfolio an, eFolio Minnesota zählt derzeit über 50.000 Nutzer. Auch Wales nützt als arbeitsmarktpolitische Maßnahme ePortfolios. Auf Carreers Wales steht der ganzen Bevölkerung seit 2004 eine Plattform zur Verfügung die gegenwärtig von über 130 000 Bürgern genutzt wird.

Während es um das Thema in Deutschland sehr still ist, haben sich in Österreich Vertreter aller Bildungsbereiche und der Wirtschaft in der von Bratengeyer ins Leben gerufenen "E-Portfolio Initiative Austria" zusammengefunden, um den Einsatz von ePortfolios voranzutreiben. "In Schulen, Hochschulen und Betrieben werden pilothafte Anstrengungen unternommen. Es ist uns gelungen, alle Stakeholder an einen Tisch zu bekommen und das Thema top-down auf die Agenda zu setzen", erklärt Bratengeyer.

Einige österreichische Schulen haben bereits für einzelne Klassen, aber auch für ganze Gymnasien in allen Fächern ePortfolios eingeführt. Ein Expertenteam unter der Leitung von MR Dr. Christian Dorninger erabeitet technische Lösungsvorschläge für ePortfolios an Schulen. Mit Jahresbeginn starten drei maßgebliche zweijährige Projekte. "ePortfolios an Hochschulen", von Prof. Dr. Peter Baumgartner initiiert und vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (bm:bwk) gefördert, widmet sich der Erforschung universitärer organisatorischer Rahmenbedingungen und den Bildungsanforderungen für kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung.


Parallel dazu startet an sechs Universitäten ein vom Forum Neue Medien - Austria initiiertes und ebenfalls vom bm:bwk gefördertes Projekt, um ePortfolio Modellfälle, Handlungsempfehlungen und Implementierungsstrategien zu erarbeiten. Mit Hilfe von Pilotanwendungen und Informationskampagnen wird auch die Wirtschaft für ePortfolios sensibilisiert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit fördert das Projekt "ePortfolios für die Wirtschaft". Die "E-Portfolio Initiative Austria" hat sich zum Ziel gesetzt die Synergien zwischen all den Projektaktivitäten zu optimieren.

"ePortfolios können als bildungspolitisches Steuerungsinstrument in der gesamten Spektralbreite angreifen und lebenslanges, kompetenzbasiertes Lernen unterstützen. Wir wollen das an konkreten Projekten erproben und glauben damit mehr erreichen zu können als mit herkömmlichen Programmen und Subventionslenkungen", so Bratengeyer.

In der LEARNTEC-Sektion "ePortfolios - Strategien und Anwendungen", 15.02.2007, 10.00 - 12.30 Uhr, werden Vorgehensweisen und Projekte aus Schule, Hochschule, Erwachsenenbildung und Wirtschaft von Vertretern aus Österreich, Deutschland, Schweiz und den Niederlanden präsentiert. Den Abschluss bildet eine Paneldiskussion über die Chancen von ePortfolios für Politik, Bildung und Wirtschaft.