Lernumgebung oder nur Abenteuerspielplatz?
Frankfurt/Köln, August 2007 - (von Ralph Müller) Auf der ersten Station der Virtual Learning Tour durch Second Life (SL) Ende Juli 2007 an der VHS Goslar kämpfte die Teilnehmergruppe aus Journalisten, Wirtschafts- und Wissenschaftsvertretern mit den Tücken des Netzes und bestaunte virtuelle Seminartechnik.
Trotz technischer Unbill schafften 18 Unerschrockene die erste Virtual Learning Tour in Second Life, die an der VHS Goslar startete. SL verweigerte an diesem Montag standhaft Teleportmöglichkeiten zwischen einzelnen Orten, bot keinerlei Suchfunktionalitäten und verschluckte schlichtweg jegliche Gruppenfunktionen.
Garniert wurden diese SL-internen Fehler mit der fast schieren Unmöglichkeit, außerhalb eines universitären Netzes über seinen Provider Zugang zu SL zu erhalten. Technischen Kummer jedoch gewohnt, präsentierten die Avatare Lexa Merlin und Jim Gustafsson routiniert das wachsende Repertoire der Unterrichtsgestaltung in Second Life im Seminarraum Wolke 7.
Dazu gehören mittlerweile Präsentationswände für Lerninhalte, begehbare Übungsobjekte, ein magischer Besprechungstisch an dem, ungeachtet der Teilnehmerzahl, immer ein Platz frei ist und ein virtuelles Seminarshuttel, das Kursteilnehmende zu den Seminarräumen teleportiert. Alles Eigenentwicklungen, die der Dozent bequem in seinem Inventar mit sich tragen und bei Bedarf aktivieren kann.
Eine weitere Bereicherung für das Seminargeschehen bringt Second Life selber in Form eines Voice-Chats mit, den man zu diesem Zeitpunkt nur mit Hilfe des Second Life First Look Clients an ausgewählten Orten ausprobieren konnte, zu den natürlich auch die VHS Goslar gehörte. Ab Anfang August gehört der Voice-Chat zur Grundausrüstung in SL.
Dieses neue Feature funktionierte trotz der sonstigen Systemstörungen und entgegen aller Befürchtungen auch bei der Gruppe von 18 Teilnehmenden erstaunlich gut. So kam während der Präsentation ein lockere Unterrichtsatmosphäre auf und die Teilnehmenden lernten grundlegende Features von Second Life mit Hilfe von praktischen Übungen, Chat und Audiokommunikation und selbstprogrammierten Präsentationstools kennen.
Second Life orientierte Themen wie Gestalten, Bauen und Programmieren sorgen bisher für einen regen Seminarbesuch, der zurzeit noch in der in Second Life üblichen Währung Linden Dollar entlohnt wird. Auch außerhalb der Seminarzeiten trifft man in und um das virtuelle VHS Gebäude häufig auf interessierte Avatare, die sich über das Kursangebot informieren, auf der Avatar-Teststrecke üben und im so genannten Themenpark die neusten Kreationen der VHS-Teilnehmenden begutachten.
Wichtig für die Akzeptanz des Angebotes ist, dass die VHS selber häufig Präsenz in der virtuellen Welt durch ihre Dozenten zeigt. Diese beraten, helfen und spielen manchmal auch Kummerkasten, wenn es um Avatare geht, die ihren virtuellen Liebeskummer verarbeiten müssen.
Bei der Abschlussrunde am magischen Besprechungstisch zeigten sich die weiteren Ambitionen der virtuellen VHS, deren Seminarkonzeption die Feuerprobe noch bevor steht. Im Herbst wird das um Sprachkurse und philosophische Themen erweiterte Konzept in den Realbetrieb der VHS übergehen. Dann werden sich die Kurse nicht mehr nur in Lindendollar sondern auch in Euro rechnen lassen müssen.
Dass dies ein mutiges Unterfangen ist, wissen die VHS-Leiterin Ute Lenz-Rühmann und ihre SL Frontfrau Christine Fischer sehr genau. Bedenkt man die technischen Unwägbarkeiten des Systems, so liegt eine der großen Herausforderungen für Bildungsanbieter in der Sicherstellung und Zugänglichkeit ihres Angebotes.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich die Teilnehmenden in einer kleinen anonymen Befragung bezüglich der Eignung von Second Life als Lernumgebung und auch der kontinuierlichen Realisierbarkeit des besuchten Angebotes eher vorsichtig äußerten. Nur jeweils ein Drittel stufte diese Möglichkeit als hoch ein.
Eine Gefahr für herkömmliche Lernplattformen durch Second Life sehen die meisten Teilnehmenden nicht. Knapp 42 Prozent bewerteten die gemachten Erfahrungen bezüglich einer sinnvollen Gestaltung von Lernen in Second Life als eher positiv nur acht Prozent als eher negativ. Die Möglichkeit sich mit Hilfe von und über Second Life zu informieren wurde wie die gesamte Veranstaltung mit jeweils 80 Prozent als hoch bewertet.
Am 2. Oktober startet die nächste Expedition in die neuen Lerndimensionen von Second Life. Diesmal mit Ziel Baden-Württemberg wo die MFG ein ganzes Lernareal für Bildungsanbieter zur Verfügung stellt.
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