Vorlesungen im virtuellen Raum müssen Studierende fesseln
Karlsruhe, Januar 2009 - Die Sektion Didaktik 3 "Lehren und Lernen in virtuellen Räumen" wird am 4. Februar 2009 im Rahmen der LEARNTEC von Prof. Peter A. Henning geleitet. Prof. Henning streamt bereits seit geraumer Zeit all seine Vorlesungen und stellt sie in der virtuellen Welt "Second Life" bereit. Rund ein Viertel seiner Studierenden nutzen diese neue Vorlesungsform regelmäßig.
Was muss ein Dozent beachten, wenn er erfolgreich in virtuellen Räumen unterrichten will?
Prof. Peter A. Henning: Jeder Dozent, der im virtuellen Raum arbeitet, muss sich an ein neues Kommunikationsparadigma gewöhnen. Er muss seine Zuhörer fesseln. Denn im Gegensatz zu einem Hörsaal, in dem nur wenige Studierenden aufstehen und gehen, wenn sie sich langweilen, können die Zuhörer im virtuellen Raum ihre Aufmerksamkeit viel leichter widmen oder entziehen. Im virtuellen Raum muss es einem Lehrer gelingen, das Interesse zu wecken und wach zu halten und damit seine Schüler um sich zu scharen.
Mit welchen Mitteln kann ihm das gelingen?
Prof. Peter A. Hennig: Der Dozent muss beispielsweise Augenkontakt mit dem Publikum halten - nicht ganz einfach, wen dieses nur in Form von Avataren präsent ist. Er muss über sprecherische Fähigkeiten verfügen, die nur im weitesten Sinn rhetorische Fähigkeiten sind, die vielmehr auch die Gestik und die weiteren Bewegungen des Vortragenden mit einbeziehen. Eine gute Vorlesungsausstrahlung ähnelt darum eher einer aktiven Nachrichtensendung im Fernsehen, bei der die Akteure an einem Ort bleiben. Müsste man die Kamera ständig nachführen, käme zu viel Unruhe ins Bild.
Ein Tafelanschrieb ist im virtuellen Raum auch nicht möglich, denn dann müsste der Vortragende dem Publikum den Rücken zukehren. Ich benutze daher ein elektronisches Whiteboard, das ich beschreiben kann während ich zum Publikum gewandt bleibe. Aber auch hier ist ein durchdachtes, ordentliches Bild mit sauberer Schrift unbedingt vonnöten. Das wiederum bedeutet, dass man als Vortragender nicht spontan agieren sollte, sondern vorher alles gut überlegt haben muss.
Für welche Lerninhalte eignet sich der virtuelle Raum besonders gut und welche Lerninhalte würden Sie ausschließen?
Prof. Peter A. Henning: Ausschließen würde ich überhaupt nichts. Der virtuelle Raum bietet ungeheuer viele zusätzliche Darstellungsmöglichkeiten. Text allein ist hier eher öde. Besonders gut lassen sich Bilder vermitteln. Aber je nach Lehrstoff kann man natürlich auch Simulationen einbinden oder verstärkt auf vernetzte Inhalte setzen. So lässt sich beispielsweise am Whiteboard ein Inhalt erläutern, während man über den Rechner zusätzliche Informationen - etwa aus der Bibliothek - auf die Rechner einspeist. Jeder Inhalt lässt sich im virtuellen Raum ansprechend aufbereiten.
Welche Prognose stellen Sie für das "Lehren und Lernen in virtuellen Räumen"? Ist es mehr als ein Modetrend?
Prof. Peter A. Henning: Es ist deutlich mehr als ein Trend. Es erfordert, sich auf das neue Lernparadigma einzulassen, das ja eigentlich ein altes ist, denn schon früher scharten Lehrer ihre Schüler um sich. Im virtuellen Raum ist das Szenario noch viel flexibler und auch anonymer, jedoch in einer positiven Form. Studierende schätzen es, sich unerkannt zurückziehen zu können. Gleichzeitig wird der Kontakt zwischen Avataren durchaus als persönliche Präsenz erlebt. Wir alle wissen um die Vorteile, die es für das Lernen hat, wenn man sich persönlich betreut fühlt. Ich sehe darum langfristig eine deutliche Zukunft für das Lernen in Virtuellen Welten.
Sektion Didaktik 3 auf der LEARNTEC mit dem Titel "Lehren und Lernen in virtuellen Räumen" am 4. Februar 2009 von 14.30 Uhr bis 17 Uhr.
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