Interkulturelles: Ohne Leidensdruck kein Training
Chemnitz, März 2011 - (von Prem Lata Gupta) Vor drei Jahren launchte Eidam & Partner sein eLearning-Modul für Indien. Inzwischen umfasst das webbasierte Angebot der Auslands-Experten acht Zielgebiete. Für interkulturelle Kompetenzen scheint der Schulungsbedarf enorm zu sein. Nicht ohne Grund haben sich Anzahl der Trainings und Schüler bei Eidam & Partner weiter erhöht, im Jahr 2010 um mehr als ein Drittel. Das ist ein neuer Rekord. Geschäftsführer Markus Eidam erklärt, warum für seine Branche nicht nur China und Indien interessant sind. Fakt ist auch: "Wenn kein Leidensdruck existieren würde, hätten Unternehmen unser Training nicht nötig."
Markus Eidam: Für sehr viele Firmen, jedenfalls für die, die international agieren. Der Laie denkt in erster Linie an Billiglohnländer wie China oder Indien, wo deutsche Firmen produzieren lassen. Aber auch auf Kooperations- oder Kundenebene ist es wichtig zu wissen, wie Angehörige einer anderen Kultur denken und handeln. Da geht es dann um Länder wie die USA oder die Arabische Welt. Genauso kann es sein, dass ein deutsches Unternehmen von einem französischen aufgekauft wird. Dann gilt es ebenfalls zwei Kulturen zusammenzubringen.
Gehen Unternehmen das Thema Interkulturelle Kompetenz eigentlich strategisch an?
Markus Eidam: In vielen Fällen kommen diese Unternehmen und wir erst in Kontakt, wenn bereits erste Probleme aufgetaucht sind. Etwas anderes sind Entsendungen. Wenn man weiß, dass Herr Meyer für drei Jahre nach Japan gehen soll, dann ist jedem Arbeitgeber klar: Dieser Mitarbeiter muss sich auf diese neue Phase vorbereiten.
Sie schulen über Präsenztrainings und über eLearning-Module. Diese sind immer gleich strukturiert. Ist das nicht ein wenig statisch?
Markus Eidam: Nein, denn eine klare Struktur ist hilfreich für den Nutzer. Allerdings gewichten wir Informationen und Einzelübungen je nach Zielgebiet individuell. Der Abschnitt "Mitarbeiterführung" kann beispielsweise je nach Land unterschiedlich ausführlich abgehandelt werden. Außerdem sorgen wir durch eine gut durchdachte Didaktik dafür, dass der Lerner den Stoff als abwechslungsreich empfindet. Dazu zählt neben der Gestaltung der Lernplattform selbstverständlich der entsprechende Methoden-Mix. Dabei schaffen wir eine ideale Abfolge zwischen Theorie und Praxis; Übungen, Wissenstests und konkreten Fallbeispielen. Wir arbeiten interaktiv und nachhaltig: Das Selbsterleben und Ausprobieren steht bei uns stets im Mittelpunkt.
Mussten Sie seit Start Ihrer eLearning-Anwendungen bereits Anpassungen oder Verbesserungen vornehmen?
Markus Eidam: Das war bisher nicht nötig. Allerdings arbeiten wir derzeit daran, noch mehr Audio- oder Videoelemente zu integrieren. Außerdem haben wir als neuestes Produkt ein interkulturelles Basismodul im Portfolio, dass nicht auf ein einzelnes Zielland abhebt. Stattdessen behandelt dieses eLearning-Modul "Interkulturelle Kompetenz" im Allgemeinen, wobei wir uns verschiedene Zielländer vergleichend anschauen.
Woran hapert es denn besonders? Sind die Deutschen so speziell? Sie haben ja sogar ein englischsprachiges Angebot für Ausländer, damit diese besser mit uns klarkommen...
Markus Eidam: Auch ohne in Klischees zu verfallen: Die Deutschen sind sehr sachorientiert. Sie sprechen Probleme oder Fehler offen an. Das ist eine Direktheit, die für Menschen aus anderen Kulturen gewöhnungsbedürftig ist. Auch dass die Beziehungsebene unter Kollegen hier nicht einen so großen Stellenwert hat, dass die Deutschen langfristig planen und keine Zeitabweichungen mögen - das ist eben anders und mag einem Ausländer befremdlich erscheinen. Andererseits sollten wir uns nicht fortwährend geißeln: Detailorientiertheit und die Angewohnheit, auf Kleinigkeiten großen Wert zu legen, hat den international guten Ruf deutscher Produkte begründet.
Für welche Zielgebiete werden denn bei Ihnen die meisten Trainings gebucht?
Markus Eidam: Es gibt ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen China und Indien. Danach kommen an zweiter Stelle die USA, an dritter Japan. Dass es hilft, sich aktiv auf Amerika einzustellen, mag manchen erstaunen: Es gilt als fortschrittliches Land, genau wie wir Bestandteil der westlichen Welt. Aber die USA sind kulturell sehr divers, das dürfen wir nicht vergessen. Die Art, wie man Probleme angeht oder man zwischen den einzelnen Hierarchie-Ebenen kommuniziert, ist anders als in Deutschland.
Wenn Sie einen Ausblick wagen: Brauchen wir denn in 20, 30 Jahren angesichts einer immer stärker globalisierten Welt überhaupt noch interkulturelle Trainings?
Markus Eidam: Kulturelle Unterschiede wird es immer geben, auch wenn Werte sich bewegen. Manchmal tut sich sogar etwas in der Gegenrichtung. Beispiel Frankreich: Da versucht man bewusst, sich bestimmten Globalisierungstendenzen zu widersetzen und sich auf das zu besinnen, was Nation, Sprache und Kultur ausmacht. Aber vielleicht erreichen wir in absehbarer Zeit auch einen Punkt, an dem bei Problemen in der Zusammenarbeit zwischen zwei Ländern nicht immer alles auf die unterschiedliche Kultur geschoben wird. Das ist nur scheinbar die einfachste Erklärung. Genauso aber kann es sich um ein ganz normales Problem handeln, nämlich um mangelnde Führungsqualitäten im Management.
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