Schweizerische Post: Die Eigenverantwortung stärken
Zürich, April 2011 - (von Prem Lata Gupta) Ein Smartphone haben sowohl die LKW-Fahrer der Schweizerischen Post als auch ein Teil der Führungskräfte des Konzerns. Beide Gruppen nutzen seit einigen Monaten ihr Mobile Device zum Lernen. Unterwegs und in Pausen sollen die Fahrer ihr Wissen auffrischen. Die Führungskräfte dagegen nutzen unterwegs die Zeit im Zug, um sich auf Präsenzveranstaltungen vorzubereiten. Vorab müssen sie sogar Aufgaben lösen. Max Gissler, Leiter Neue Lernmedien, spricht über die technische Umsetzung und die Hintergründe: "Wir wollen die Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter stärken."
Max Gissler: Nein, das Smartphone nutzen die Fahrer ohnehin. Auf diesem Gerät erscheinen aktualisierte Informationen des Disponenten. Insofern ist das Smartphone nur um eine zusätzliche Funktion bereichert.
Was sollen Ihre Fahrer denn unterwegs, in Pausen, lernen?
Max Gissler: Beispielsweise wie man richtig mit Gebinde umgeht und wie unsere Paletten vom EPAL Pool ausschauen - damit nicht versehentlich eine falsche aufgeladen wird. Sie prägen sich außerdem ein, bei welchen Schäden eine Palette nicht mehr getauscht werden darf. Durch beschädigte und verloren gegangene Paletten entsteht der Schweizerischen Post jährlich ein immenser finanzieller Schaden. Dem wollen wir begegnen.
Mussten sich Ihre Fahrer dieses Wissen früher nicht auch aneignen?
Max Gissler: Ja, aber das lief anders. Da haben wir im Hof des Fuhrparks beschädigte Exponate gezeigt und unsere Fahrer zu diesen "Live-Veranstaltungen" zweimal jährlich vor Ort versammelt. Heute ist das Prinzip ein anderes: Das nötige Wissen für die korrekte Handhabung des Gebindes ist permanent abrufbar. Die Fahrer entscheiden selbst, wann und wie sie sich mit Hilfe von zehnminütigen Lernhäppchen auf dem Laufenden halten. Sie können jedes Modul so oft wiederholen wie sie wollen, aber am Ende steht ein Test. Und da lautet die Vorgabe, dass 90 Prozent der Fragen richtig beantwortet werden müssen.
Lädt man sich diese Lernhäppchen wie eine App herunter?
Max Gissler: Nein, wir nutzen Moodle als Plattform, während des Lernens sind die Nutzer online. Das funktioniert sehr gut und wir müssen nicht drei App-Versionen für unterschiedliche Systeme herstellen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anwender auch von zuhause aus am PC lernen. Die Lektion startet genau an der Stelle, an der letztens abgebrochen wurde dank der SCORM Funktion.
Und wurden diese Inhalte mundgerecht erstellt, extra für das Smartphone?
Max Gissler: Es gab bereits WBTs. Aber die kann man nicht 1:1 auf ein mobiles Endgerät übertragen. Wir haben also die Inhalte didaktisch aufbereitet und entsprechend portioniert.
In welcher Hinsicht setzen Sie Mobile Learning bei Führungskräften ein?
Max Gissler: Wir erstellen Lernhäppchen im Bereich Leadership oder zum Thema Stressmanagement. Auch hier kommt uns die Online-Variante zugute.
Inwiefern?
Max Gissler: Weil je nachdem auch ein Forum oder Experten-Chat dazugehört. Da können sich die Telnehmer mit anderen austauschen und diskutieren, etwa zur Frage: "Wie erkenne ich ein Burnout bei einem Mitarbeiter?"
Aber es wird mit dem Smartphone nicht nur webbasiert gelernt, oder?
Max Gissler: Nein, die Lernhäppchen dienen zur Vorbereitung auf Präsenzseminare, aber auch der Vertiefung, um einen Transfer in die Praxis zu forcieren und die Vergessenskurve zu minimieren. Alle Teilnehmer sollen bei Beginn des Seminars auf dem gleichen Kenntnisstand sein. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie müssen vorab Aufgaben lösen.
Und darauf lassen sich Führungskräfte ein?
Arbeiten sie tatsächlich brav ihre Aufgaben ab?
Max Gissler: Ja, einerseits gibt es diesen Gruppendruck, dass sie sich entsprechend vorbereiten. Andererseits wollen sie den eidgenössischen Abschluss zur Führungsfachfrau oder Führungsfachmann erlangen. Für diese Ausbildung kommen sie zum Teil selbst auf. Das Unternehmen beteiligt sich ebenfalls an den Kosten, knüpft dies aber an den Prüfungserfolg.
Wer also selbst in die Tasche greifen muss, um ein Zertifikat zu erlangen, wird sich nicht verweigern, wenn er auf dem Weg dorthin immer wieder sein Engagement und sein bis dahin erworbenes Wissen beweisen muss. Weiterbildung mit dem Smartphone ist keine Fun-Veranstaltung.
Die Eigenverantwortung besteht also auch darin, dass man von den einmal gesteckten Zielen nicht ablässt...
Max Gissler: Das könnte man sagen. Aber wir haben auch Funktionalitäten hinterlegt, die es so bisher nicht gegeben hat. Zum Beispiel bewerten die Teilnehmer ihre eigene Tages- oder Leistungskurve. Das ist eine kleine integrierte Anwendung, die zum Beispiel auch den Referenten hilft. Sie sehen die Selbst-Einschätzung des einzelnen oder der ganzen Klasse. Und darauf lässt sich gezielt im Kursus eingehen.
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