Verbesserungen durch virtuelles Transfercoaching
Köln, Mai 2011 - (von Prem Lata Gupta) Problem Nr. 1 ist altbekannt: Führungskräfte haben wenig Zeit für Weiterbildung. Problem Nr. 2 ist ebenfalls kein Geheimnis: Die Teilnehmer von Trainings sollen neue Kompetenzen erwerben. Doch im regulären Arbeitsalltag wird das Erlernte höchst selten angewandt oder umgesetzt. Ein innovatives Gegenmittel könnte virtuelles Transfercoaching sein. Davon ist Martina Held, Gründerin der ON DevelopmentGroup in Köln, überzeugt. Sie hat nach einem gelungenen Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Britax Römer diese Dienstleistung in ihr reguläres Portfolio übernommen. Gründe gibt es genug aus ihrer Sicht. Der vielleicht wichtigste: "Im Idealfall werden echte Veränderungsprozesse angestoßen."
Inhalt des geplanten Präsenztrainings: Coaching als Führungsstil und Mitarbeiterentwicklung durch konstruktive Kritik. Martina Held: "Um den Lerneffekt zu erhöhen, kann man theoretisch die Teilnehmer danach live coachen, aber das ist aufwändig, sowohl zeitlich als auch von den Kosten." Stattdessen schlug sie einen andere Lösung vor: Alle sollten das Angebot bekommen, nach dem Training ein virtuelles Coaching anzuschließen.
Das Coaching besteht aus zwei, falls nötig sogar drei Modulen: Jedes Mal muss der Teilnehmer zunächst sechs Fragen schriftlich beantworten und diese Inhalte dann etwa zwei Tage später mit dem Coach am Telefon erörtern. Dabei ist ein gehöriges Maß an Selbstreflexion gefordert: "Welche Inhalte oder Anregungen aus dem Training möchte ich in der Praxis umsetzen? Wie lautet das Transferziel, dass ich zwölf Wochen nach der Präsenzmaßnahme erreichen will? Wie beurteile ich das überhaupt? Was unterstützt mich dabei, was hindert mich?"
Martina Held: "Oft sind die Antworten ein wenig schwammig, dann fasse ich nach im Gespräch. Diese Korrekturen soll der Coachee direkt schriftlich einarbeiten." Ihre Erfahrung: "Virtuelles Coaching unterscheidet sich von Begegnungen, in denen man sich sieht. Man muss als Coach geduldig sein, muss abwarten können, wenn der andere gerade nachdenkt. Aber man muss natürlich auch merken, wenn er abgelenkt ist."
Meistens reicht in der Regel ein zweites Modul nach drei Wochen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Im Bedarfsfall ist auch ein weiteres Follow-up möglich.
Bei dem Pilotprojekt nahmen jedenfalls zwei Drittel von insgesamt 24 Teilnehmern das Angebot, sich zusätzlich virtuell coachen zu lassen, an. Aber auch diese Gruppe unterschied sich: "Etwa die Hälfte arbeitete sich konsequent und auch konzentriert durch die Aufgabenstellungen. Die andere Hälfte meldete tatkräftig zurück, neue Prozesse sowie interne Verbesserungsmaßnahmen angestoßen zu haben."
Martina Held hat neue Erkenntnisse gewonnen. "Ein echter, verbesserter Transfer ist machbar. Sowohl die Führungskräfte als auch ich haben wirkliche Erfolge erlebt. Nach diesem Pilotprojekt vor einem Jahr ist virtuelles Transfercoaching fester Bestandteil unseres Portfolios geworden, wir bieten das jetzt immer zusätzlich an."
Ebenfalls wichtig zu wissen: Dieses Tool wurde entwickelt von Professor Harald Geißler aus Hamburg. Er hält virtuelles Coaching auch deshalb für zukunftsorientiert, "weil gerade in den vergangenen zehn Jahren eine sehr starke Verdichtung der Arbeit stattgefunden hat". Das heißt, Führungskräfte haben immer weniger Zeit, sind fast unabkömmlich. Geißler sieht es als einen großen Vorteil, dass sich die Teilnehmer bereits vor dem Telefongespräch intensiv Gedanken machen müssen, "das trägt stark zur Klärung bei und hat einen hohen Grad an Verbindlichkeit."
Umso effektiver sei dann der Austausch mit dem Coach. "Der dauert dann vielleicht nur eine halbe Stunde, aber diese halbe Stunde bringt tatsächlich etwas - und die hat auch Platz im Terminkalender eines viel beschäftigten Managers."
Harald Geißler ist inzwischen Spezialist für virtuelles Coaching: Er hat Module für Trainer, für Führungskräfte, für Vertriebler und sogar Mitarbeiter von Call Centern entwickelt. Ein Kunde wollte kürzlich wissenschaftliche Begleitung, um einen echten Nutzen festzustellen. Da außerdem eine Kontrollgruppe ohne zusätzliches Coaching untersucht wurde, konnte der Mehrwert der virtuellen Unterstützung evaluiert werden. Und siehe da: Die Teilnehmer des Transfercoachings hatten im deutlich höheren Maß von der Weiterbildung profitiert als ihre Kollegen.
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