Chancen und Grenzen des mobilen Fernlernens
Darmstadt, Mai 2011 - 77 Prozent der deutschen HR-Manager halten bei der Mitarbeiterqualifizierung den Einsatz von Netbooks, Notebooks und Smartphones für wichtig bis äußerst wichtig. In großen Unternehmen sind es bereits 88 Prozent. Dies ergab die TNS Infratest-Studie "Weiterbildungstrends in Deutschland 2011", die im Auftrag der Studiengemeinschaft Darmstadt (SGD) unter 302 Personalverantwortlichen durchgeführt wurde. CHECK.point eLearning sprach mit Andreas Vollmer, Leiter Studienprogramm und Services bei der SGD, über die Chancen und Grenzen des mobilen Internets in der berufliche Weiterbildung und die weiteren Trends im Fernstudium.
Herr Vollmer, welche Vorteile versprechen sich die Personalverantwortlichen vom Einsatz mobiler Endgeräte in der beruflichen Qualifizierung?
Andreas Vollmer: Der Zugriff auf das Internet mit Smartphone, Note- und Netbook boomt. Die Menschen pflegen ihre virtuellen Netzwerke, recherchieren Informationen oder organisieren Termine. Diese Entwicklung gilt auch für den Fernunterricht: Immer mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzen - neben den schriftlichen Lernmaterialien - unseren mobilen Online-Campus waveLearn und tauschen sich ortsunabhängig mit anderen Teilnehmern und Fernlehrern aus.
Sie nehmen an Lernforen und Chats teil oder verschaffen sich einen tagesaktuellen Überblick über den Status ihres Lehrgangs. Die HR-Manager sehen die Vorteile, die diese Mobilität für den beruflichen Wissenserwerb und den fachlichen Austausch in ihrem Unternehmen bringt. Zum einen können Mitarbeiter schnell und überall mit aktuellen Informationen versorgt werden. Zum anderen übernehmen die Mitarbeiter noch mehr Eigenverantwortung für ihren Lernprozess, denn sie steuern selbst, wo und wann sie Informationen abrufen. Dies beschleunigt den Wissenserwerb und die schnelle Anwendung des Gelernten.
Wie wird sich das mobile Fernlernen weiter entwickeln?
Andreas Vollmer: Zunächst ein kurzer Rückblick: Der Fernunterricht ist seit seinen Anfängen eine mobile Form des Lernens, denn die schriftlichen Lernmaterialien konnten schon immer ortsunabhängig bearbeitet werden. Mit der Einführung des Online-Campus waveLearn im Jahr 2000 haben unsere Teilnehmer zudem die Möglichkeit, sich über diesen mit ihrem PC virtuell zu vernetzen, auszutauschen und ihren Lernprozess über das Internet zu organisieren; seit dem letzten Jahr auch mobil mit internetfähigen Handys.
Doch welche weiteren Möglichkeiten tun sich durch diese Mobilität auf? Soeben hat die SGD ihre ersten Lern-Apps eingeführt. Dies sind Übungsaufgaben, die die schriftlichen Lernmaterialien und die darin enthaltenen, tutoriell betreuten Aufgaben ergänzen. Sie sind als Selbsttest konzipiert und können nach der Einwahl auf waveLearn direkt mit dem Smartphone bearbeitet werden. Die Antworten werden über den Online-Campus sofort ausgewertet.
Dieses Serviceangebot der SGD ist für Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostenfrei nutzbar. Generell wird sich das Fernlernen in Zukunft analog zum digitalen Informations- und Kommunikationsverhalten weiterentwickeln. Der Online-Campus und das Netzwerken in Lern-Communities werden also weiter an Bedeutung gewinnen.
Wird man denn in naher Zukunft ein Fernstudium komplett über das Handy abwickeln können?
Andreas Vollmer: Das Handy ist dabei, sich als sinnvoller Begleiter für das Fernstudium zu etablieren. Es ergänzt den bewährten Lernmedienmix, der sich unter anderem aus schriftlichen Studienmaterialien, Online-Campus, Lernprogrammen und MP3-Dateien zusammensetzt. Wer ein Smartphone besitzt, hat mit diesem Zugriff auf alle Informationen und Funktionen des Online-Campus.
Dies ermöglicht vor allem das mobile Netzwerken mit anderen Teilnehmern und den schnellen Kontakt zum Fernlehrer bei fachlichen Fragen. Außerdem erleichtert das Handy die Organisation des Lernprozesses von unterwegs. Unsere Fernlerner können sich beispielsweise während einer Bahnfahrt einen schnellen Überblick über ihre Noten und ihren Lernfortschritt verschaffen. Oder sie sehen nach, welche Lernhefte sie bereits abgeschlossen haben und welche Themen als nächstes bearbeitet werden müssen.
Wo sehen Sie die Grenzen für das handygestützte Fernlernen?
Andreas Vollmer: Einschränkungen gibt überall dort, wo es um sehr umfangreichen Lernstoff geht. Basis für das Fernlernen sind die interaktiv aufgebauten schriftlichen Studienmaterialien. In diesen findet sich der gesamte Lernstoff - im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen oder Onlinevorlesungen - ausformuliert und im Detail. Natürlich ist es aufgrund ihres Umfanges nicht sinnvoll, diese Materialien vollständig über Handy zu bearbeiten. Allerdings stehen ergänzende Lernmaterialien bereits zum Download auf PC, Net- oder Notebook zur Verfügung.
Was mit dem Handy wiederum wunderbar funktioniert, sind die oben bereits erwähnten Lern-Apps, denn die Struktur der Fragen ist so aufgebaut, dass diese gut auf dem Handy zu bearbeiten sind.
Welches sind die wichtigsten Trends für das Fernstudium in den nächsten Jahren?
Andreas Vollmer: Ich sehe vier große Trends. Erstens werden wir durch die massive Veränderung im Informationsverhalten den Lernstoff in zunehmendem Maße medial ergänzen, das heißt durch elektronisch abrufbare Dokumente, Videos und MP3-Dateien. Zweitens ist davon auszugehen, dass aufgrund der Informationsfülle der Service und die individuelle Betreuung durch die Fernlehrer in der berufsbegleitenden Weiterbildung noch mehr an Bedeutung gewinnen werden.
Drittens werden Interessenten bei der Auswahl eines Lehrgangs bzw. Anbieters stärker auf anerkannte und transparente Qualitätskriterien achten. Denn Zertifizierungen wie beispielsweise nach ISO 9001 sowie 29990 oder die Zulassung durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU-Zulassung) bieten Sicherheit bei der Entscheidung für einen Fernstudium.
Last but not least erwarten wir eine Zunahme der Teilnehmer mittleren Alters. Während sich derzeit noch mehr junge Leute für ein Fernstudium entscheiden, wird die Gruppe derjenigen, die sich in einem zweiten Berufsabschnitt durch ein Fernstudium umorientieren bzw. neu ausrichten möchten, zunehmen.
2024 neigt sich dem Ende zu und damit starten die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Welche Trends werden in 2025 die L&D Branche prägen? Was sind die größten Herausforderungen für Personalentwickler:innen und wie können sie ihnen begegnen? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit!