Sparpotenzial realisieren

ELearning im Verkehrsministerium

Ilmenau, Mai 2011 - (von Kirsten Seegmüller) Die Aus- und Weiterbildung im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) wird künftig um eLearning ergänzt. Dann lernen Auszubildende, SAP-Anwender, die Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und viele andere Zielgruppen mit Blended Learning Konzepten. Dabei greift das Ministerium auf Inhalte, Infrastrukturen und Erfahrungen anderer Behörden zurück. Durch diese Synergieeffekte soll in den kommenden drei Jahren ein siebenstelliger Betrag eingespart werden, prophezeit Stefan Dembski, Projektmanager im Dienstleistungszentrum IT im Geschäftsbereich des BMVBS.




Welche Themen und Inhalte werden im Verkehrsministerium heute und künftig per eLearning vermittelt?


Stefan Dembski:
Wir führen elektronisches Lernen in der ganzen Breite der Aus- und Weiterbildung sowie IT-Fortbildung ein. Zu den Einzelmaßnahmen gehören beispielsweise das Reisekostenrecht und Travelmanagement, Grundlagen der Schifffahrtszeichen, Schallsignale, Beleuchtung und Knotenkunde, betriebliche und technische Kommunikation, Präsentation, Moderation, Grundlagen des Arbeits- und Tarifrechts sowie Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebs. Auch die Grundlagen von SAP-Programmen werden vermittelt und Softwareschulungen und -simulationen für Wetterberater beim DWD durchgeführt.


ELearning wird von Unternehmen schon seit mindestens einem Jahrzehnt durchgeführt. Warum ist Ihre Verwaltung so spät dran?


Stefan Dembski:
Wir sind gar nicht spät dran: Seit Jahren wird im Geschäftsbereich des Ministeriums elektronisches Lernen zur Qualifizierung eingesetzt. Wir wollen das Verfahren in die Breite tragen, die Methoden vereinheitlichen und eine Lernplattform als gemeinsame Anlaufstelle für alle Aus- und Fortzubildenden im BMVBS schaffen.


Arbeiten Sie mit anderen Ministerien zusammen - etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Content?


Stefan Dembski:
Natürlich, eine gemeinsame Nutzung von Lernplattform und Inhalten bietet Skaleneffekte. Wir sind in einer interministeriellen Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesinnenministeriums aktiv. Wenn es für Themen einen gemeinsamen Inhalt in den Ressorts der Bundesverwaltung gibt, setzen wir den ein. So ist zum Beispiel Korruptionsprävention ein wichtiges Thema für alle Mitarbeiter. Hier hat das BMI bereits im vorigen Jahr sehr gute Lernprogramme für alle Beschäftigten von Bundesbehörden lizenziert. Wir differenzieren sie lediglich genauer in Module für Mitarbeiter und Führungskräfte.


Und wie sieht es mit der Lernplattform aus?


Stefan Dembski:
Auch bei der Wahl der Plattform haben wir zunächst geschaut, was es bereits in den anderen Ministerien gibt. Die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung in Brühl betreibt eine große ILIAS-Installation für die Bundesverwaltung. Das ist eingeführt, funktioniert sehr gut und steht uns zur Verfügung. Wir als BMVBS haben dort einen eigenen Mandanten. So können wir problemlos und kostengünstig elektronisches Lernen auch für alle nachgeordneten Behörden einführen.


Welches eLearning-Konzept wenden Sie an - zum Beispiel WBTs, Foren, virtuelle Klassenzimmer oder Web 2.0?


Stefan Dembski:
Wir bieten drei Szenarien an, die unterschiedlich große Anteile klassischer Präsenzlehre sowie unterschiedliche Werkzeuge für die Kommunikation und Präsentation beinhalten: Eine klassenraumbasierte Maßnahme wird durch Distanzphasen unterstützt beziehungsweise verkürzt. Geeignete Elemente werden in Online-Phasen bearbeitet.


Im zweiten Fall wird eine klassische Maßnahme durch Medien ergänzt, die allerdings einen klaren Mehrwert bieten müssen. In diesem Szenario gestaltet der Dozent im Klassenraum den Wechsel zum selbstgesteuerten Lernen am Rechner.


Drittens haben wir die selbständige Arbeit mit einem vorkonfigurierten elektronischen Lernangebot. Ausgehend von den vorgegebenen Lernzielen kann sich der Lernende die Inhalte je nach Lernmethode und Lerntempo selbst erarbeiten.


Wer gehört zu Ihrer Zielgruppe?


Stefan Dembski:
Unsere Zielgruppen kommen aus verschiedenen Bereichen. Zum einen haben wir klar umrissene, meist homogene Zielgruppen, die beim Lernen spezieller Themen unterstützt werden. Das sind zum Beispiel die Anwender des SAP-Personalverwaltungssystems, aber auch die Wetterberater und -beobachter, die beim DWD in Langen eine Softwareschulung absolvieren. Das sind circa 270 Lernende pro Jahr.


Zudem erlernen Auszubildende an insgesamt 50 Standorten die Grundlagen des Bundesreisekostenrechtes. So eignen sich jährlich etwa 80 Auszubildende zwischen 16 und 20 Jahren diesen Teil ihrer Ausbildung auch im Netz an. Weniger homogen ist die Zielgruppe der Pflichtschulungen - also Themen, die alle Mitarbeiter beherrschen müssen. Da haben wir jedes Jahr eine vierstellige Anzahl von sehr unterschiedlichen Teilnehmern zu bedienen.


Wie binden Sie eLearning in andere Fortbildungsmaßnahmen ein?
Stefan Dembski:
Wir favorisieren Blended Learning, also die Mischung aus Online- und Präsenzphasen. Die Auszubildenden werden dabei durch ihre Ausbilder im netzgestützten Lernen angeleitet und begleitet. Am Inhalt ändert sich nur wenig, lediglich das didaktische Konzept wurde an das elektronische Lernen angepasst. So wird etwa die Grundlagenschulung SAP von bisher zwei Wochen Präsenzschulung auf eine Woche Präsenz mit anschließender sechswöchiger Onlinelernphase geändert.


Nehmen Sie Bildungscontrolling vor, also eine Analyse des Lernerfolgs bei Präsenz- und eLearning-Maßnahmen?


Stefan Dembski:
Das ist im Projekt nicht vorgesehen. Unser Ziel ist die Ergänzung und Unterstützung bereits vorhandener Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, sodass wir hier gar nicht klar zwischen ELearning und Präsenz trennen können.


Welche Auswirkungen hat eLearning auf Ihre Bildungsausgaben?
Stefan Dembski:
Wir führen fortlaufend eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Gesamtmaßnahme durch. Wir erwarten, durch den Einsatz von eLearning in den nächsten drei Jahren einen Betrag im einstelligen Millionenbereich einzusparen.


Wie sieht Ihr Zeitplan aus?


Stefan Dembski:
Noch sind wir in der konzeptionellen und vorbereitenden Phase der Lernplattform. Der Start des Pilotbetriebes ist für August 2011, der Wirkbetrieb ab Oktober 2011 geplant.