Das Internet ist tot - lang lebe das Internet!
Berlin, Juli 2011 - Rund zehn Monate nach der Veröffentlichung des Artikels "The Web Is Dead. Long Live the Internet" im Kultmagazin WIRED nimmt die Programmentwicklung für die Xinnovations 2011 Fahrt auf, um sich den Auswirkungen eines sich abzeichnenden Paradigmenwechsels zu widmen. Die Xinnovations-Jahresveranstaltung vom 19. bis 21. September 2011 greift das Thema auf und bearbeitet es in all seinen Facetten in unterschiedlichen Foren an der Humboldt-Universität Berlin.
Seinerzeit prognostizierten Chris Anderson und Michael Wolff in ihrem WIRED-Artikel nichts anderes als den Niedergang des World Wide Web (WWW) zugunsten einfacherer, eleganterer Services, wie sie heutzutage vor allem Smartphone Apps bieten. Heute ist dieser Wandel bereits spürbar geworden. Die Xinnovations 2011 greifen diese These auf, um in zahlreichen Foren, Workshops und Diskussionsrunden gemeinsam Antworten zu finden auf die Herausforderungen ubiquitärer Internettechnologien.
Doch warum sollte das Internet eigentlich tot sein und dennoch lange fortleben? Die Schwerpunktthemen der Xinnovations 2011 erörtern die Problematik aus fachlicher Sicht und laden Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung zum Dialog.
Mobile Internettechnologien
Seit dem Siegeszug des iPhones tobt in Fachkreisen die Diskussion "Native App" oder "Web-App". Eine Entscheidung für die App heißt, die Vorteile geschlossener mobiler Ökosysteme wie Monetarisierbarkeit oder hohe User-Akzeptanz zu nutzen. Gleichzeitig entstehen aber auch zusätzliche Kosten für Softwareentwicklung und -pflege auf mehreren mobilen Plattformen (Apple, Android, Windows Phone etc.) sowie für die Nutzung der App-Stores. Die Fokussierung auf Web-Apps bedeutet mit neuen HTML5-Technologien zum Teil bestehende Browser-Inhalte vom Desktop auf mobile Endgeräte zu verlagern, was aber ebenfalls mit hohen Investitionskosten und geringerem Bedienkomfort für die User einhergeht.
Fest steht: der normale User unterscheidet nicht zwischen Internet und World Wide Web, sondern "geht einfach ins Netz" - egal ob er dafür den Browser nutzt oder eine Nachrichten-App auf seinem Smartphone. Für Technologie- und Content-Anbieter geht es also darum, neue Services und die dazu passenden Geschäftsmodelle zu entwickeln. Tot wird das Internet sein, wie wir es heute vom Desktop kennen - unübersichtlich, blinkend, nervend und für Technologie- und Content-Anbieter oft schwer zu monetarisieren.
Die Möglichkeiten und Chancen mobiler Internettechnologien werden in diesem Jahr in einem eigenen Forum thematisiert, ziehen sich aber wie ein roter Faden durch die Foren eJustice, eHealth und eCity.
Informations- und Wissensmanagement
Ähnlich tot wie das Internet erschienen noch bis vor kurzem die Begriffe eLearning und Wissensmanagement. Dass sie heute wieder mehr Aufmerksamkeit erfahren liegt nicht zuletzt an einem anderen "Killer" des offenen, von Google durchsuchbaren Internets: Facebook. Die hohe Akzeptanz dieses sozialen Netzwerks, das vom Anwender eine Registrierung erfordert, bevor es seine Inhalte preisgibt, aber auch andere Social Networks wie LinkedIn und Xing geben dem Einsatz von modernen IT-Werkzeugen in der Organisationsentwicklung einen neuen Schub.
Das Forum Collaboration & Knowledge thematisiert in diesem Jahr schwerpunktmäßig Online-Werkzeuge zur Organisationsentwicklung für Verbände, Körperschaften und öffentliche Verwaltung. Aber auch in den Anwendungsfeldern eJustice und eHealth wird Informations- und Wissensmanagement mit digitalen Werkzeugen einen Schwerpunkt bilden.
Linked Data, Semantic Web & Accessibility im Web
Für tot halten möglicherweise auch viele das Semantic Web, weil die Vision von einem maschinenlesbaren Web, in dem Internetnutzer auf Anhieb finden, was sie gesucht haben bis heute nicht Wirklichkeit geworden ist. Doch auch hier zeichnet sich eine neue Entwicklung ab, die der Verbreitung des Semantic Web Vorschub leisten wird: Linked Data. Damit werden im World Wide Web verfügbare und untereinander vernetzte Datenbestände bezeichnet, die auf Basis semantischer Technologien maschinell gelesen und automatisch weiterverarbeitet werden können. Aufbau und Pflege von hochwertigen Linked-Data-Quellen und deren Integration in neue Web-Anwendungen wird in Zukunft für neue Geschäftsmodelle im Internet unabdingbar sein.
Die aktuellsten Entwicklungen in diesem Bereich werden im Workshop Corporate Semantic Web und beim Semantic Web Meetup diskutiert. Linked Data wird schwerpunktmäßig aber auch im eGovernment-Forum erörtert werden.
Das Themenspektrum rund um netzbasierte Informationstechnologien wird auch in diesem Jahr wieder abgerundet durch den W3C-Tag des Deutsch-Österreichischen Büros des World Wide Web Consortiums (W3C). Der Tag steht unter dem Motto "Das Web für Alle jetzt". Im Fokus stehen Barrierefreiheit bzw. Accessibility im Web und die Frage, welchen Beitrag die Entwickler von Sprachtechnologien leisten können, um Sprache im Web nicht nur leichter verständlich, sondern auch über Sprachgrenzen hinweg leichter zugänglich, d. h. übersetzbar zu machen.