Plagiate - Früherkennung statt Aberkennung
Hamburg, Juni 2011 - (von Hans-Lorenz Reiff-Schoenfeld)
Die Plagiatsfälle einiger Politiker haben öffentliches Aufsehen erregt und zu einer breiten Diskussion in den Medien geführt. Für viele erschreckend wurde dabei deutlich, dass eine Mehrheit der Bevölkerung Fälschungen und Urheberrechtsverletzungen allenfalls als Kavaliersdelikt betrachtet. Im akademischen Umfeld wird nun der Einsatz sogenannter Plagiatssoftware diskutiert, die der Dienstleister iParadigms mittlerweile auch in einer deutschen Version anbietet.
In der akademischen Diskussion und Aufarbeitung wird oft darauf hingewiesen, dass es sich um Einzelfälle handele und strikt vermieden werden müsste, Studenten und Doktoranten unter Generalverdacht zu stellen, was durch den Einsatz von elektronischen Hilfen zur Prüfung der Originalität von eingereichten Arbeiten geschehen würde.
Die Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" der Universität Bayreuth kommt in ihrem Bericht an die Hochschulleitung u.a zum Ergebnis: "Die Kommission rät zu einem behutsamen Einsatz von sog. Plagiatssoftware. Der obligatorische Einsatz von Plagiatssoftware könnte als Generalverdacht missverstanden werden und damit der Wissenschaft die Vertrauensbasis entziehen, deren Stabilisierung der Einsatz von Plagiatssoftware eigentlich dienen soll."
Wenn die Wissenschaft, wenn Forschung und Lehre auf Vertrauen basiert, warum werden dann überhaupt Prüfungen durchgeführt? Ist es nicht im originären Interesse der akademischen Bildungseinrichtungen durch den Einsatz von sog. Plagiatssoftware von Beginn an die Qualität der Forschung sicherzustellen und zu verbessern.
Prof. Dr. Peter Baumgartner von der Donauuniversität Krems, ein weithin anerkannter Experte für den Einsatz neuer Medien in der akademischen Lehre, hat in seiner Rede zur "Graduierungsfeier der Lehrgänge eEducation und Educational Leadership für morgen" hingegen zu bedenken gegeben, dass wir unsere Haustür beim Verlassen ja auch nicht abschließen, weil wir unserem Nachbarn zutrauen, dass er uns bestiehlt, sondern dies ganz einfach als allgemeine Vorsichtsmaßnahme tun. Warum also von Schülern und Studenten eingereichte Arbeiten nicht generell auf ihre Originalität prüfen, da es offensichtlich durch die vollständige Digitalisierung aller Lebensbereiche doch so einfach geworden ist, sich fremdes Gedankengut anzueignen und wiederzuverwenden.
Spricht man mit Lehrkräften in Schulen und Hochschulen, die sich zur Entwicklung der Fähigkeiten und der Leistungsbewertung ihrer Schüler und Studenten nicht ausschließlich auf Klausuren und Multiple Choice Tests beschränken wollen und komplexe Aufgaben stellen, gewinnt man allerdings den Eindruck, dass plagiieren kein Sonderfall ist, sondern eine sich immer weiter verbreitende Zeiterscheinung zu werden droht. Zudem kommt hinzu, dass allgemein festgestellt wird, dass bei den sog. "Digital Natives" in der Regel kein Unrechtsbewusstsein darüber festzustellen ist, Gefundenes zu kopieren und wiederzuverwenden.
Bereits 2002 hat Frau Prof. Dr. Weber-Wulff im Spiegel Online in einer vierteiligen Artikelserie auf diese Umstände hingewiesen und dringende Gegenmaßnahmen gefordert. Geschehen ist seitdem eher wenig und es bleibt in Deutschland immer noch der einzelnen Lehrkraft überlassen, gegen die Verbreitung wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorzugehen oder nicht. Die Politik und die Institutionen selbst reagieren eher zögerlich.
iParadigms mit den Diensten Turnitin und iThenticate befasst sich seit 1996 mit dem Thema der Prüfung von Dokumenten auf Originalität und wurde von einer Gruppe von Wissenschaftlern an der Berkeley Universität gegründet. Heute betreuen wir ca. 10.000 Kunden in über 100 Ländern, auch im deutschsprachigen Raum. Unsere Datenbank umfasst 14 Milliarden Webseiten, 110 Millionen Artikel aus wissenschaftlichen Zeitschriften und 165 Millionen Arbeiten von Studenten. Täglich kommen 200.000 Seiten hinzu.
Wir sind Dienstleiter der Non-Profit Organisation CROSSREF, in der sich wissenschaftliche Verlage, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen aus aller Welt zum Backbone für die Verlinkung von Zitierungen wissenschaftlicher Arbeiten in elektronischer Form zusammengeschlossen haben.
Wir möchten feststellen, dass unsere Dienste nicht Plagiate feststellen, sondern einen aussagefähigen Bericht über die gefundenen textlichen Übereinstimmungen eines Dokuments mit allen in unserer Datenbank vorhandenen Dokumenten erstellt. Es ist dann an den Lehrkräften oder Prüfern festzustellen, wie diese Übereinstimmungen zustande gekommen sind, ob korrekt zitiert wird usw.
Zwischen Juni 2010 und März 2011 haben wir die Prüfung von 40 Millionen studentischer Arbeiten ausgewertet und die Ergebnisse in einer Studie im April 2011 veröffentlich. Wir kommen darin zu folgenden Erkenntnissen:
- 33% aller festgestellten Übereinstimmungen resultieren aus sozialen Netzwerken, in denen Inhalte ausgetauscht werden können.
- 25% stammen aus den Quellen offizieller, angesehener Bildungseinrichtungen.
- 15% stammen aus den sich immer stärker verbreitenden sog. Paper Mills, Seiten auf denen unverhohlen die Anfertigung von allen Arten wissenschaftlicher Arbeiten und Hausarbeiten angeboten wird.
- Wikipedia ist die Hauptquelle für Übereinstimmungen in den studentischen Arbeiten
- Der Einsatz wirksamer Werkzeuge und Technologie reduziert den Umfang der Übereinstimmungen erheblich. Wir sehen beim Einsatz unseres Produktes Turnitin eine Reduktion kopierter Inhalte von 30 - 35% bereits nach einem Jahr, unsere Kunden berichten von bis zu 70% Reduktion nach vier Jahren.
JISC, die weithin anerkannte Organisation zur Entwicklung von Leitlinien zum strategischen Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Hochschule, Forschung und Verwaltung in Großbritannien hat bereits 2005 festgestellt, "there is evidence to support widely expressed concerns that student plagiarism in the UK is common and is probably becoming more so" und in der Folge die Empfehlung ausgesprochen, dass die Abschreckung durch den Einsatz von Software und einer regelmäßigen Prüfung auf Originalität in jeder Hinsicht besser und nachhaltiger ist als der "catch and punish" Ansatz.
Dieser Strategieempfehlung tragen wir mit unserem Produkt Turnitin in jeder Beziehung Rechnung. Wir wollen die Lehrkräfte dabei unterstützen, eingereichte Arbeiten schnell und einfach auf Originalität zu prüfen, um dann mit ihren Schülern und Studenten so zu kommunizieren, dass diese lernen und erfahren, was die Grundsätze korrekten wissenschaftlichen Arbeitens sind, dass benutzte fremde Quellen zitiert werden müssen, dass wiederverwendetes Gedankengut von eigenen Reflektionen erkennbar getrennt sein muss usw.
Nach fünf Jahren praktischer Erfahrung im Einsatz an nahezu allen Hochschulen und Universitäten in Großbritannien, aber auch zunehmend in der Oberstufe der Schulen können wir feststellen, dass heute Studentenvertretungen selbst den campusweiten Einsatz unseres Dienstes fordern.
Da die Anzahl unserer Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz rapide wächst, steht Turnitin nun auch in einer deutschen Version zur Verfügung. Im Mai 2011 haben wir ein Büro in Hamburg eröffnet, um den Support für unsere Kunden zu verstärken und für die Weiterentwicklung unserer Dienste die spezifischen Anforderungen aus dem deutschen Sprachraum aufzunehmen.
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