Barrierefreiheit in der Content-Produktion
München, Oktober 2024 - Gemeinsam mit Experten beleuchtete Fischer, Knoblauch & Co kürzlich in einem Webinar der Reihe "Inside E-Learning" die Bestimmungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes, das Mitte nächsten Jahres in Kraft tritt und erklärte, was "barrierefreier Content" wirklich bedeutet. Um die Tragweite der Vorschriften zu verdeutlichen, fragte CHECK.point eLearning bei Guy Fischer und Gina Drost nach.
Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Heißt das, dass ab diesem Zeitpunkt alle eLearning-Contents barrierefrei sein müssen?
Guy Fischer: Nein. Barrierefrei müssen Contents des öffentlichen Dienstes sein und von Firmen, die wesentlich für den öffentlichen Dienst arbeiten oder Fördergelder bekommen.
Wenn betrifft diese Vorgabe in Bereich Corporate Learning unbedingt?
Gina Drost: Im Corporate Bereich Corporates die "Töchter" des öffentlichen Bereiches sind.
Wie definiert sich "barrierefrei" im eLearning und was ist der Unterschied zu "barrierearm"?
Gina Drost: Barrierefreie eLearnings erfüllen die Anforderungen der BITV 2.0 / EN 301 549. Bei barrierearmen Produkten ist die Gestaltung etwas freier. Wir treffen hier häufig direkte Absprachen mit unseren Kund:innen, welche Anforderungen für die Zielgruppe der Lernenden relevant sind.
Man könnte sagen, dass Barrierefrei sowohl streng ist als auch klar definiert, während Barrierearm weniger streng ist und Gestaltungsspielraum hat.
Welche Contents eignen sich dafür und welche nicht?
Gina Drost: Klassische Web-Based-Trainings, ebenso wie Video- und Audio-Lernformate und Quizze lassen sich barrierefrei umsetzen. Momentan sehen wir Grenzen in immersiven Lernformaten, wie 3D-Lernspielen oder bei Web-Based Trainings die sehr interaktiv sind.
Mit welchem Zusatzaufwand müssen Auftraggeber:innen rechnen?
Guy Fischer: Aus unserer Erfahrung ergibt sich ein Mehraufwand von ca. 30 % für eine barrierefreie eLearning-Produktion. Das liegt unter anderem an den Zusatztexten, die geschrieben werden müssen und der deutlichen aufwendigeren Qualitätssicherung. Hierzu zählen zum Beispiel auch die Tests mit Screenreader(n) und Tastatursteuerung. Außerdem ist zu beachten, dass sich nicht alles barrierefrei umsetzen lässt. Barrierefreiheit beginnt in der Konzeption.
Kann ein barrierefreier Content in jedem beliebigen LMS verwaltet und verteilt werden? Oder welche Ausstattung wird erforderlich?
Guy Fischer: Barrierefreies Content kann über jedes LMS verteilt werden. Sinnhaft ist es allerdings, dass das LMS genauso die Anforderungen der BITV 2.0 / EN 301 549 erfüllt und entsprechend zertifiziert ist. Unser nectar LMS ist entsprechedn zertifiziert, was kein ganz einfaches Unterfangen war.
Was bedeutet das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für die eLearning-Branche bzw. für die Content-Entwickler und -Anbieter insgesamt?
Guy Fischer: Das Gesetz ist für die Anbieter künftig eine wesentliche Anforderung. Bei einem Teil der Kunden ist es anzuwenden und es steht zu erwarten, dass künftig mehr und mehr Firmen, auch solche, die nicht dazu gezwungen sind, die Regelungen beachten. Das bedeutet, dass im Grunde alle Anbieter entsprechendes know how brauchen einerseits und Ihre Produkte andererseits entsprechend anpassen müssen.
Ich vermute, dass das im Contentbereich alle Anbieter hinkriegen werden aber im Plattformbereich (LMS und LCMS und LXP) einige Lösungen abgelöst werden müssen, da sie technisch nicht anpassbar sind. Gerade bei vielen "alten" LMS-Agenturlösungen, wird das nicht möglich sein.
- YouTube https://youtu.be/nyaGUsR311E