Der heutige Qualitätsanspruch an eLearning-Content
Karlsruhe/Eschborn, Januar 2008 - Das Ziel jeder Weiterbildungsmaßnahme ist optimaler Lernerfolg. Die Qualität von Web based oder Computer based Trainings ist entscheidend dafür, ob die Teilnehmer erfolgreich Wissen aufbauen und festigen können. Das klingt logisch und einfach, aber - wie erreicht man Qualität in eLearning-Contents? Sünne Eichler, WEBACAD, und Christina Neuhoff, time4you, diskutieren diese Frage im Rahmen des Workshops "Die (Content-)Welt ist bunt! - Contententwicklung im Spiegel aktueller und internationaler Trends" am 30. Januar auf der LEARNTEC und geben in CHECK.point eLearning erste Antworten.
Was hat sich in den vergangenen zwei Jahren in Bezug auf die
Content-Entwicklung verändert?
Sünne Eichler: Wir stellen fest, das Unternehmen wieder mehr in Content investieren und auch für neue Ideen offen sind.
Die Einbindung spielerischer Elemente in Richtung Game Based Learning ist ein Beispiel dafür. Die Auftragsproduktionen werden umfangreicher und komplexer. Den Kunden ist bewußt, dass die Qualität der eLearning-Inhalte wichtig ist und eine sinnvolle Investition darstellen. Die Kunden entscheiden sich daher häufiger für die Produktion durch eine erfahrene Agentur als für die unternehmensinterne Eigenerstellung. Die Eigenerstellung konzentriert sich dann meist auf die einfachen Basisinhalte.
Christina Neuhoff: Aus meiner Sicht unterscheiden Unternehmen ganz gezielt nach Inhalt und den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen und fahren eine Parallelstrategie aus Standardcontent, Inhouse-Produktion und Auftragsproduktion sowie Kombinationen daraus.
Welche Rolle spielt heute Interaktivität und mit welchen Mitteln wird sie erzeugt?
Christina Neuhoff: Der Interaktivitätsgrad ist weiterhin ein wichtiger Faktor bei der Bewertung von Content. Inzwischen geht die Betrachtung jedoch über das bloße Angebot innerhalb des Content-Produkts hinaus. Hier kommen auch Kommunikation und Kooperation zum Tragen (Stichwort "User-generated Content" oder gezielte Integration von Virtuell Classrooms in den Lernprozess). Der Blick weitet sich in Richtung Lernszenario, weg vom WBT-Einzel-Lernen.
Sünne Eichler: Interaktivität ist ein wichtiges Element in eLearning-Programmen. Allerdings sollte Interaktivität nie Selbstzweck sein, sondern sich stets daran orientieren, ob sie dem Erreichen des Lernziels dient. Ein "multimediales Feuerwerk" ist daher nicht immer sinnvoll. Entscheidend ist der konzeptionelle Ansatz und der gezielte Einsatz der "richtigen" Interaktionen.
Worin liegt heute die größte Herausforderung bei der Content-Erstellung für professionelle Anbieter?
Sünne Eichler: Die spannenste Aufgabe bei der Content-Erstellung ist und bleibt, für den ermittelten Bildungsbedarf das effektivste Konzept zu entwickeln. Das Konzept und darauf aufbauend das umgesetzte Lern-Programm muß die optimale Lösung für den Kunden darstellen - das betrifft u.a. die technische Umsetzung, inhaltliche Gestaltung, Design, Gebrauchstauglichkeit und Einbindung in das Gesamt-Konzept der eLearning-Maßnahme.
Christina Neuhoff: Nicht wirklich neu, doch meines Erachtens von stetiger Bedeutung ist: eine angemessene Balance im Dreieck aus Investition, Nutzen und Qualität. Außerdem: dem Wunsch nach Einflussnahme und Inhouse-Produktion Rechnung tragen mit einfachen Werkzeugen und Produktionsmethoden.
Viele Leitfäden versuchen Unternehmen, die eLearning selbst
erstellen wollen, die Orientierung zu erleichtern. Was hilft wirklich? Woran kann man sich Ihrer Meinung nach orientieren?
Sünne Eichler: Natürlich helfen Leitfäden den Unternehmen als Orientierung. Letztendlich sollte aber jedes Unternehmen seine eigenen Anforderungen an eLearning-Anwendungen definieren und stets die gegebenen Möglichkeiten (z.B. bei Ressourcen, Zeit, Know-how) berücksichtigen. Sinnvoll bewährt hat sich die Vorgehensweise in kleinen Schritten - vom ersten Piloten, über die Definition interner Standards, bis zum festen Produktionsprozess.
Christina Neuhoff: Unser Modell der time2know Content Solution vereint den schrittweisen Kompetenzaufbau des Inhouse-Autorenteams mit gleichzeitiger Produktion der ersten eigenen Content-Produkte mit einem wachsenden Komplexitätsgrad. Außerdem werden im Zuge des Prozesses die eigenen Qualitätsstandards definiert (u.a. Layout, Vorlagen, Drehbuch, interaktive und kooperative Elemente, Testszenarien, SCORM-Konformität, Qualitätskontrolle). Gerade diese Auseinandersetzung bringt die Qualität der eingesetzten Produkte entscheidend voran.
Wie haben sich allgemeine Bemühungen um Qualitätsstandards
auf eLearning-Inhalte ausgewirkt?
Christina Neuhoff: Die Anfragen an uns zeigen, dass es kaum noch Unternehmen gibt, die sich in den eingesetzten Content-Produkten nicht an SCORM ausrichten. Gleichzeitig bedarf die eher technische Beschreibung und Ausrichtung des SCORM-Standards häufig einer Übersetzung und Festlegung für konzeptionelle Autoren im eigenen Unternehmen - so wie es beispielsweise die Versicherungswirtschaft mit SAVE 1.0 für eine ganze Branche vorgemacht hat.
Die Diskrepanz zwischen den eher technischen Beschreibungen der Standards und den Didaktikern, die für die Konzeption verantwortlich zeichnen, ist meiner Einschätzung nach auch der Grund dafür, warum die konzeptionell weitreichenden Möglichkeiten von SCORM 2004 bis dato in der Praxis noch nicht mit ihrem vollen Potenzial angekommen sind.
Sünne Eichler: Die Qualitätsstandards konzentrieren sich in erster Linie auf die technische Umsetzung - ein wichtiges Thema, bei dem Standardisierung zu begrüßen ist. Was weiterhin schwierig sein wird - und das zeigen auch die aktuellen Diskussionen - ist Qualitätsstandards zu entwickeln, die den konzeptionellen und gestalterischen Ansatz bewerten. Beides ist sehr wichtig für die Qualität eines eLearning-Programms, muss aber für jedes Programm neu entwickelt werden. "Schema F" nach einem einheitlichen Standard hilft da wenig weiter.
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