Game-based Learning: Fünf Fragen an Frederic Macchi
Saarbrücken, Februar 2015 - Neue Technologien sowie die Ansprüche der "Digital Natives" haben das eLearning stark verändert. Vorbei die Zeiten langatmiger und wenig abwechslungsreicher Lernsequenzen mit einigen Multiple-Choice-Tests. ELearning-Anbieter setzen verstärkt auf spielerische Elemente, um komplexes Wissen einer erwachsenen Zielgruppe zu vermitteln. IMC Spezialist Frederic Macchi beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Thema Game-based Learning.
Wann und für welche Zielgruppe eignet sich der Einsatz von Spielen im Lernumfeld?
Frederic Macchi: Digitale Lernspiele eignen sich vor allem immer dann, wenn es darum geht komplexe Sachverhalte zu vermitteln. Serious Games ermöglichen es, Nutzer Schritt-für-Schritt an ein Thema heranzuführen, ohne diese zu verschrecken. Einerseits wird durch den Einsatz von Spielen zunächst tendenziell eine Computer-affine Zielgruppe angesprochen. Andererseits taugen Spiele dank der schrittweisen Vorgehensweise durchaus aber auch für ältere und/oder weniger Computer-affine Lerner.
Somit sind Serious Games vom Azubi bis zum Manager für jedermann geeignet. Dies bestätigt auch die Theorie vom Homo ludens, also dem spielenden Menschen. Diese Theorie besagt, dass es in unsere Natur liegt alles was wir machen für uns unbewusst zu gamifizieren, zum Beispiel indem wir Selbstbelohnungsmechanismen, wie das schöne Abendessen nach einem harten Arbeitstag, nutzen.
Wodurch zeichnen sich Serious Games aus? Wo liegen die Chancen und Vorteile von solchen Spielen im Vergleich zu klassischen eLearning Formaten, wie zum Beispiel WBTs?
Frederic Macchi: Bei herkömmlichem eLearning erfolgt in der Regel eine strukturierte Wissensvermittlung. Bei Serious Games hingegen wird mit einer Geschichte gearbeitet, sodass der Lerner sich über die Rahmenhandlung mit den Inhalten identifizieren kann. Im Gegensatz zu tendenziell eher passiven eLearning-Formen wird der Lerner also stärker involviert und auf einer emotionalen Ebene angesprochen. Er lernt durch das Erleben von Emotionen und Erfahrungen am eigenen Leib.
Ein klassisches Beispiel für Lernen durch Selbsterfahrung ist auch die Anekdote von dem Kind und der heißen Herdplatte. Egal wie häufig die Eltern das Kind ermahnen nicht auf die heiße Herdplatte zu fassen, lernt das Kind doch erst durch das eigene Erleben. Zudem fordern Spiele den Lerner häufig auch auf eine neue Art und Weise heraus, er muss sich erst die Steuerung durch das Spiel aneignen. Gelingt dies, ist dies für den Lerner ein Erfolg. Er verspürt ähnliche Emotionen wie bei der Nutzung von Selbstbelohnungsmechanismen, wobei wir wieder bei der Idee des spielenden Menschen wären.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den unterschiedlichen Games-Formaten und welche Möglichkeiten ergeben sich dadurch?
Frederic Macchi: Grundsätzlich gibt es zunächst verschiedene Stufen von Gamification. Auf Stufe 1 wird ein klassisches Web-based Training mit verschiedenen Gaming-Elementen aufgelockert. Auf Stufe 2 werden die Gaming-Elemente bereits gezielt zur Wissensvermittlung eingesetzt, zum Beispiel indem Testfragen mit spielerischen Elementen wie ablaufender Zeit, versehen werden. Auf Stufe 3 wird nicht mehr Gamification in das WBT integriert, sondern das WBT ist das Game. Diese Stufe ist ideal für die Vermittlung komplexer Sachverhalte und Soft Skills.
Gerade bei Soft Skills lässt sich etwas schwer mit ja/nein beantworten, sondern der Lerner muss auf verschiedene Situationen angemessen reagieren können. Dies kann der Lerner im Game ohne sozusagen "einen Schaden anzurichten" ausprobieren. Auf Stufe 4 werden Spiele dann auch zur Vermittlung harter Fakten, wie zahlenlastiger, wissenschaftlicher Paper eingesetzt, indem ganz gezielt mit Emotionalisierung gearbeitet wird. Dies ermöglicht es komplexe Informationen auch an eine bislang unzugängliche Zielgruppe zu vermitteln. Zudem lassen sich die Spiele natürlich auch nach ihrem Schwerpunkt in Abenteuerspiele, Simulationen, Strategiespiele etc. unterscheiden.
Welche Entwicklungen gab es bereits auf dem Gebiet? Und was sind die Trends für die Zukunft?
Frederic Macchi: Generell kommt der Gamification oft eine "Early Adopter"-Rolle zu. In Serious Games werden wesentlich häufiger neue Technologien getestet als in klassischen WBTs. Zum Beispiel werden 3D-Inhalte bereits seit einiger Zeit im Serious Games-Bereich genutzt. Aktuell werden vor allem die Möglichkeiten von Smartphones, etwa die Fähigkeit der Bild- und Mustererkennung, in das Spieleerlebnis integriert.
Zum Beispiel können QR-Codes auf realen Gegenständen angebracht werden und durch das Abfotografieren startet dann die Lerneinheit. Hier sind wir beim Stichwort Virtual Reality angelangt. Dies wird in Zukunft noch erheblich an Bedeutung gewinnen. Wir arbeiten etwa gerade vermehrt an Lernszenarien unter Einsatz sogenannter Oculus Rift-Brillen, die es dem Lerner ermöglichen, alles in 3D zu sehen und somit tief in das Spiel einzutauchen, da keine Bildschirmgrenzen mehr bestehen. Hierdurch sind wir mit den Mitteln, um Emotionalisierung und Selbsterfahrung in Spielen zuzulassen, nochmal einen ganzen Schritt weiter.
Wie lässt sich der Lernerfolg sicherstellen?
Frederic Macchi: Es lassen sich beliebig viele Kontrollpunkte in die virtuelle Welt einfügen, wodurch alle Möglichkeiten des Trackings offen stehen. Dies muss während der Konzeption vom Instructional Design beachtet werden, da die Inhalte entsprechend aufbereitet werden müssen. Schließlich sind bei Serious Games umfangreiche Nutzertest wichtiger als etwa bei klassischen WBTs. Die Nutzertests sollten alle Zielgruppen, von jung bis alt, abdecken. Nur so kann man sicherstellen, dass das Spieleniveau so gewählt wurde, das niemand unter- oder überfordert wird.
Hat das Interview Ihr Interesse geweckt und haben Sie noch weitere Fragen zum Thema Game-based Learning? Dann melden Sie sich für ein kostenloses Webinar am 04. März um 11 Uhr mit dem IMC Spezialisten Frederic Macchi an. In der Onlinesession wird er all Ihre individuellen Fragen zum Thema "Game-based Learning — Spielen im Auftrag des Chefs" beantworten.
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