Was haben Drehbuchschreiber mit Chatbots zu tun?
Karlsruhe, November 2019 - Ein Chatbot ist ein Computerprogramm, mit dem wir chatten können wie mit einem echten Gesprächspartner. Und ein Chat ist eine Form von Gespräch, ein Dialog, in diesem Fall zwischen einem echten Menschen und einer künstlichen Intelligenz," erklärt Dr. Cäcilie Kowald von der time4you GmbH. Doch wer schreibt in den Unternehmen die Chatbot-Dialoge? Dr. Kowald macht sich für einen "Conversational (Learning) Designer" stark.
Mit den unterschiedlichsten Firmen und Berufen haben Sie mittlerweile Workshops zum Thema Conversational Learning und Bots durchgeführt. Welche Frage hören Sie von Interessenten für die time4you-Schreibwerkstatt Chatbotdialog am häufigsten?
Dr. Cäcilie Kowald: Was genau ist eigentlich ein Chatbot-Dialog und wozu braucht man ihn?
Und was antworten Sie?
Dr. Cäcilie Kowald: Ein Chatbot ist ein Computerprogramm, mit dem wir chatten können wie mit einem echten Gesprächspartner. Und ein Chat ist eine Form von Gespräch, ein Dialog, in diesem Fall zwischen einem echten Menschen und einer künstlichen Intelligenz. Im Grunde genommen ist der Chatbot der Dialog, denn etwas anderes als das, was er sagt - oder halt chattet - bekommen wir von ihm nicht zu Gesicht, abgesehen vielleicht noch von einem Avatar, der ihm eine Gestalt gibt. Auf jeden Fall braucht der Chatbot eine Vorstellung, was er auf eine Eingabe des Benutzers entgegnen kann. Diese Vorstellung müssen wir, die Chatbot-DesignerInnen oder -AutorInnen, ihm mitgeben, indem wir Dialogbeiträge vorformulieren.
Welche Szenarien gibt es da?
Dr. Cäcilie Kowald: Vielen Chatbots, die uns heute begegnen, liegen sehr einfache Dialogmuster zugrunde. Das einfachste ist auch das häufigste: Ich stelle eine Frage, der Chatbot antwortet. Dann folgt das Ende des Gesprächs – wenn ich nicht eine neue Frage stelle. Dieses Prinzip liegt allen Arten von FAQ- und Auskunftsbots zugrunde. Der zweithäufigste Fall: Ich gebe dem Bot einen Auftrag, der Bot stellt ein paar Rückfragen, um sicherzugehen, dass er alle Informationen hat, die er für die Erfüllung des Auftrags benötigt, dann teilt er das Ergebnis des Auftrags mit. So funktionieren die meisten Bots im Shopping oder im Kundenservice.
Dabei handelt es sich um kommunikativ sehr eingeschränkte, rein funktionale Dialoge – wirkliche Gespräche sehen anders aus. Wenn wir aber Chatbots z.B. als digitale Tutoren einsetzen wollen, die echte Lerninhalte vermitteln, etwas beibringen, dann müssen sie gute Gesprächspartner sein. Dazu reicht es nicht, wenn der Bot auf möglichst viele Fragen eine Antwort weiß, sondern er muss im Gespräch ein Stück weit die Führung übernehmen, er muss wissen, wohin die Reise gehen kann oder soll und kommunikative Strategien haben, dorthin zu kommen.
Sie meinten kürzlich auf der HR Tech Night in Köln, wo ja auch Ihre Eigenentwicklung JIX gewonnen hat, dass das Dialogeschreiben das Schwierigste bei der Erstellung eines Chatbots sei. Sind wir da schon an den Grenzen der KI angekommen?
Dr. Cäcilie Kowald: Die Grenzen setzt uns hier nicht die künstliche, sondern die menschliche Intelligenz: Wir müssen schließlich einerseits viel Fantasie aufbringen, um lebendige und interessante Dialoge zu erschaffen; andererseits müssen diese Dialoge wie eine Art Baukasten funktionieren, in unterschiedlichen Zusammenstellungen und Reihenfolgen immer noch natürlich klingen. Bedenken Sie, wie gründlich sich Romanschriftsteller mit der Kunst des Dialogs auseinandersetzen – und da geht es um Dialoge, die keine Variation mehr erfahren! Insofern sind Chatbot-Dialoge eine echte Herausforderung für den Menschen.
Ich glaube aber nicht, dass wir da schon an einer Grenze angekommen sind. Vielmehr stand einfach in den letzten Jahren bei der Entwicklung von Chatbots die Technik so sehr im Vordergrund, dass das Kreativ-Konzeptionelle dahinter zurück geblieben ist. Die Technologien, die uns zur Verfügung stehen, sind inzwischen ziemlich ausgereift – jetzt gilt es, sie konzeptionell auch wirklich zu füllen. Da sehe ich noch sehr viel Potenzial.
Wer schreibt dann in den Unternehmen die Chatbot-Dialoge und welche Ausbildung braucht man dafür?
Dr. Cäcilie Kowald: Das ist eine gute Frage. Ein klares Profil oder gar eine Ausbildung dafür gibt es ja bisher nicht. Oft kommen diejenigen, die Chatbot-Dialoge schreiben, aus dem Marketing, und haben sich autodidaktisch weitergebildet. Perspektivisch brauchen wir jedoch - gerade wenn wir an Chatbots für Lernanwendungen, an digitale Tutoren oder Lern-Buddies denken – echte "Conversational (Learning) Designer", ähnlich wie es ja auch spezialisierte eLearning-Autoren gibt. Einen technischen Hintergrund brauchen Conversational Learning Designer nicht, sondern vor allem mediendidaktische, kommunikative und sprachliche Kompetenzen. Fatal ist es, den Chatbot-Dialog von einem Techniker oder Programmierer quasi nebenbei mit der Programmierung erstellen zu lassen.
Weil spezialisierte Aus- und Weiterbildungsangebote für Conversational Learning Designer rar sind, bieten wir Workshops an, in denen sich die Grundlagen der Chatbot-Konzeption und des Dialogschreibens erlernen lassen. Sie finden etwa zweimal jährlich statt; aktuelle Termine stehen im November an.
2024 neigt sich dem Ende zu und damit starten die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Welche Trends werden in 2025 die L&D Branche prägen? Was sind die größten Herausforderungen für Personalentwickler:innen und wie können sie ihnen begegnen? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit!