Künstliche Intelligenz: Keine Spur von "abgehängt"
München, Juni 2020 - Künstliche Intelligenz (KI) ist keine Zukunftstechnologie mehr. Vor allem für deutsche Unternehmen ist KI zum Gegenwartsthema geworden. Das zeigen die Ergebnisse der mittlerweile dritten Deloitte-Umfrage unter rund 2.700 KI-Experten aus insgesamt neun Ländern (Australien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, Niederlande, USA), darunter 200 Experten aus deutschen Unternehmen. Hierzulande gaben 79 Prozent der Befragten an, künstliche Intelligenz sei schon heute ein wesentlicher Faktor für einen nachhaltigen Geschäftserfolg.
KI ist im Mainstream angekommen
Engagieren sich große Unternehmen im Bereich künstlicher Intelligenz, werden dann meist auch alle vier Kernbereiche von KI-Technologie – Machine Learning, Deep Learning, Natural Language Processing und Computer Vision – genutzt. Sowohl in Deutschland als auch in den internationalen Vergleichsmärkten gaben über 90 Prozent der Befragten an, dass in ihren Unternehmen die vier Bereiche entweder bereits zur Anwendung kommen oder eine Nutzung in den kommenden Monaten fest geplant sei. Das zeigt deutlich, dass künstliche Intelligenz im Mainstream angekommen ist, bedeutet aber auch, dass sich Unternehmen mit KI gegenüber großen Wettbewerbern kaum noch einen Vorteil verschaffen können.
Deutsche Unternehmen engagieren sich mit KI stark im Finanzbereich
Die Anwendungsbereiche von KI sind vielfältiger geworden und gehen längst über den IT-Bereich hinaus. Hier gibt es allerdings länderspezifische Besonderheiten. So sind in Deutschland KI-Projekte mit Finanzschwerpunkt deutlich verbreiteter als im Rest der Welt. 15 Prozent der deutschen KI-Experten gaben an, dass ihre Unternehmen hier aktiv sind, im Ausland sind es nur 7 Prozent. Dagegen besteht hierzulande Rückstand in den Bereichen Cyber Security und in Operations, und auch der klassische IT-Bereich wird in Deutschland seltener als Top-Anwendungsfeld genannt.
Nur 8 Prozent der deutschen Unternehmen entwickeln KI komplett selbst
Ein Trend, der sich bereits in der vorhergehenden Umfrage gezeigt hat, setzt sich weiter fort: Der Zukauf von externen KI-Kompetenzen und -Technologien ist für die Unternehmen von enormer Bedeutung. In Deutschland ist dieser Trend besonders ausgeprägt. Hierzulande geben 55 Prozent der Befragten an, KI überwiegend oder sogar vollständig extern zu kaufen. Nur 8 Prozent der Unternehmen entwickeln sie vollständig selbst. Die Zahlen bestätigen auch den globalen Trend zu "KI as a Service" und die wichtige Rolle der externen Anbieter bei KI-Anwendungen.
Data Scientist, KI Researcher und Projektmanager dringend gesucht
Ein Grund dafür ist der Fachkräftemangel im Bereich KI. Für 27 Prozent der deutschen Experten ist die schwierige Suche nach ausreichend qualifizierten Fachkräften eine wesentliche Herausforderung beim Thema künstliche Intelligenz. Zwar fehlt es auch im Ausland an KI-Spezialisten, jedoch stehen für die Unternehmen dort andere Problemthemen, wie beispielsweise Kosten, stärker im Vordergrund.
"Die Nachfrage nach KI-Fachkräften bleibt in Deutschland ungebrochen hoch", erklärt Milan Sallaba, Partner und Leiter des Technology-Sektors bei Deloitte. "Schauen wir uns die gesuchten Jobprofile genauer an, zeigt sich, dass Data Scientists, KI Researcher und erfahrene Projektmanager noch genauso dringend gesucht werden wie im Vorjahr. Lediglich im Bereich Change-Management ist der Bedarf um doch recht deutliche sieben Prozentpunkte zurückgegangen. Auch diese Entwicklung ist ein Indiz dafür, dass künstliche Intelligenz mittlerweile zum 'Business as usual' für viele Unternehmen wird."
Kurze Amortisationszeiträume: KI-Investitionen lohnen sich
Eine gute Nachricht ist, dass sich das Engagement im Bereich KI für die Unternehmen lohnt. Laut Einschätzung der befragten Experten amortisiert sich der überwiegende Teil der KI-Projekte in weniger als zwei Jahren. Deutsche Unternehmen gehen im globalen Vergleich sogar von einer kürzeren Amortisationsdauer aus. Die Zeitspanne, innerhalb der sich KI-Projekte bezahlt machen, hängt auch vom digitalen Reifegrad ab.
Während Unternehmen, die gerade erste Erfahrungen mit KI sammeln, vielfach noch nach dem Prinzip "Trial & Error" agieren, rechnen 42 Prozent der Befragten aus deutschen Unternehmen, in denen bereits umfassende KI-Kompetenzen vorhanden sind, sogar von Amortisationszeiträumen von weniger als einem Jahr.
"Zu dieser Gruppe gehören nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch der zukunftsorientierte Mittelstand", sagt Milan Sallaba. "Im internationalen Vergleich ist der deutsche Mittelstand hier besonders gut aufgestellt und weiß meist genau, wie KI im Unternehmen gezielt Mehrwert bringen kann."
Sorge um Arbeitsplatzverluste durch KI in Deutschland besonders ausgeprägt
Trotz ihrer technologischen und ökonomischen Bedeutung birgt künstliche Intelligenz auch Risiken, die in ihren unterschiedlichen Ausprägungen immer wieder Gegenstand der öffentlichen Diskussion sind. Während in den acht Vergleichsmärkten Sicherheitsbedenken beim Einsatz von KI als größtes Risiko wahrgenommen werden (24 Prozent), sorgen sich deutsche Experten vergleichsweise stark um mangelnde Transparenz (23 Prozent), den Verlust von Arbeitsplätzen (22 Prozent) und den "algorithmic bias", also eine systematische, unfaire Verzerrung durch die Anwendung von Algorithmen (16 Prozent).
Hier ist allerdings zu beachten, dass bei der Risikobewertung auch kulturelle Faktoren eine Rolle spielen, so ist die Angst vor Arbeitsplatzverlusten in Deutschland traditionell besonders ausgeprägt.
Nachholbedarf beim Umgang mit den Risiken von KI
"Beim Thema Risiken ist wichtig, dass wir nicht nur als Gesellschaft darüber diskutieren, wo und wie KI angewendet werden soll, sondern auch, dass sich Unternehmen ihrer Verantwortung hier bewusst werden und diese aktiv wahrnehmen", macht Milan Sallaba deutlich. "Sie müssen Risiken und Bedenken aktiv begegnen und hier besteht in Deutschland noch Nachholbedarf. Unsere Ergebnisse lassen den Rückschluss zu, dass es in vielen Unternehmen offenkundig noch an entsprechendem Inhouse-Wissen, auch und besonders bei der Bewertung von Algorithmen, fehlt."
Bei der Frage nach konkreten Trainingsmaßnahmen zu Ethik oder dem Auditieren und Testieren von KI-Systemen liegen deutsche Unternehmen in sechs von sieben Kategorien zum Teil erheblich hinter dem internationalen Durchschnitt.
Keine Spur von "abgehängt" und trotzdem gibt es Handlungsbedarf
Zusammenfassend belegen die Ergebnisse aber, dass Deutschland beim Thema KI im internationalen Vergleich gut dasteht und das Märchen vom verlorenen Anschluss tatsächlich eher in den Bereich der Fiktion gehört. Und obwohl KI keine Zukunftstechnologie mehr ist, sondern längst im Hier und Jetzt angekommen ist, gehen über 70 Prozent der befragten Spezialisten davon aus, dass künstliche Intelligenz das eigene Unternehmen und sogar die zugehörige Branche verändern wird. KI ist gekommen, um zu bleiben.
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