Offene Bildungsquellen - öffentlich gefördert?
Paris/München, September 2007 - Der Bericht "Giving Knowledge for Free", den das zur OECD gehörende Center for Educational Research and Innovation 2007 veröffentlichte, beschreibt nicht nur die Entwicklung der offenen Bildungsquellen (Open Educational Resources, OER) an den Universitäten, sondern fordert von den Regierungen der Mitgliedsländer die Unterstützung dieser Bewegung. Außerdem befürwortet sie den Zugang breiter Bevölkerungsschichten zu offenen digitalen Lernmedien und die Intensivierung der Anstrengungen um lebenslanges Lernen.
Die Studie, die unter der Federführung von Jan Hylén entstand (ISBN 978-92-64-03174-6), bezeichnet den Trend zu offenen Bildungsquellen einerseits als stark wachsend, gleichzeitig als widersprüchlich. Gerade im universitären Umfeld, in dem Wissen in einer von Globalisierung und Wettbewerb bestimmten Welt zunehmend als Währung für persönlichen und wirtschaftlichen Erfolg steht, gibt eine Vielzahl von OER-Projekten.
Im Januar 2007 zählte die OECD 3000 Kurse mit Unterlagen im Netz und über 300 teilnehmende Universitäten. In den Wissensspeichern (repositories) wie MERLOT, Connexions, OpenLearn sind Hunderttausende von Lernmaterialien in verschiedensten Formen, wie Webseiten, Simulationen, Text-Dateien, Bilder, Hördateien oder Videos gespeichert.
Als OER gelten in dieser Studie "digitalisierte Materialien, die frei und offen für Lehrende, Lernende und Selbstlernende angeboten werden, um sie selbst zu benutzen oder um sie zum Lehren, Lernen und Forschen wiederzubenutzen. OER beinhalten Lerninhalte, Software-Werkzeuge, um Inhalte zu entwickeln, benutzen und zu verteilen und Hilfsmittel zur Implementierung wie offene Lizenzen."
Die Mehrzahl der OER ist in englischer Sprache verfasst und stammt aus westlichen anglophonen Ländern.
Zu den Gründen, weshalb Regierungen OER unterstützen sowie Institutionen und Individuen OER entwickeln, zählen neue technologische Möglichkeiten, OER bereitzustellen, neue Wirtschafts- und Rechtsmodelle und eine grundsätzlich gestiegene Bereitschaft, Wissen zu teilen.
Einerseits führen OER-Entwickler die altruistische Tradition der Universitäten als Begründung an, andererseits auch die Verbesserung der Lehrqualität und ein positives Image in der Öffentlichkeit als Trendsetter, das sich wiederum finanziell durch einen Zuwachs an Lernenden und bessere Finanzierungsmöglichkeiten auszahlt. Von Regierungsseite verspricht man sich Impulse für Lernende in Schulen, in der Erwachsenenbildung und für Projekte des lebenslangen Lernens.
Die Commons Creative-Lizenz, mit der Urheber in unterschiedlichen Abstufungen die Nutzungsrechte freigeben können, gehört zu bekanntesten Lösungen, Inhalte zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Initiatoren und die Finanzierung von OER-Projekten weisen eine große Bandbreite zwischen Professionalismus und Idealismus auf.
Auch für die Finanzierung eines Projekts gibt es unterschiedlichste Ansätze, von klassischen Stiftungen über Mitgliedsbeiträge bis zu Bezahlung von Zusatzleistungen eines sonst freien Angebots.
Da die Zahl der Projekte drohe, unübersichtlich zu werden, halten es die Autoren des Berichts für erforderlich, dass OER leichter zugänglich, systematisch besser auffindbar und zwischen unterschiedlichen Plattformen kompatibel verwendbar sein sollten.
Sie empfehlen den Regierungen, die OER-Bewegung institutionell zu unterstützen durch finanzielle Zuwendungen und die Gründung öffentlicher Institutionen, die ein nationales OER-Archiv beinhalten. Die Auswirkungen auf Lehre und Lernen durch die zunehmende Entgrenzung zwischen formellem und informellem Lernen werden als erheblich eingeschätzt, weshalb jeder höheren Bildungsinstitution eine Informationstechnologie-Strategie angeraten wird.
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