Altersgerecht

Ü-50 und fit wie ein Turnschuh

Dortmund, November 2007 - In den Personalbüros hat Jugend nach wie vor Hochkonkunktur. Noch immer stellen Personalverantwortliche bevorzugt junge Leute ein und Arbeitnehmer im Alter von 50 plus sitzen derweil auf der Straße. Völlig unberechtigterweise. Die Hirnforschung zeigt: betagte graue Zellen arbeiten nicht schlechter. Manches können sie sogar besser, weiß Prof. Michael Falkenstein, Leiter der Projektgruppe "Alter und ZNS-Veränderungen" am Institut für Arbeitspsychologie der Universität Dortmund.




Ältere Arbeitnehmer sind unflexibel, kommen nicht mehr mit neuen Technologien klar und sind zu eingefahren, um noch dazu zu lernen. So lauten die gängigen Vorurteile gegenüber Arbeitnehmern über 50 Jahren - oder zählt man bereits ab 45 Jahre zum alten Eisen? Klar, dass sich Personalverantwortliche lieber für Mittzwanziger entscheiden.

Doch schenkt man der Hirnforschung Glauben, unterschätzen Personalchefs vor allem die hohe Kompetenz Älterer im emotional-kommunikativen Bereich. Ältere können in der Regel besser mit Stress umgehen als Jüngere. Sie verfügen über günstigere Bewältigungsformen, um alltägliche Konflikte mit Mitmenschen zu lösen: Häufiger als Jüngere nehmen sie Argumente ernst, interessieren sich für ihr Gegenüber und entschärfen die negativen Aspekte einer Situation. Ältere müssen sich nicht mehr so beweisen wie Jüngere. Sie müssen nicht mehr so ehrgeizig konkurrieren und sind deshalb meist auch teamfähiger. Generell lässt sich feststellen, dass ältere Menschen weniger emotional reagieren als Jüngere.

Aber mit zunehmendem Alter lässt die geistige (kognitive) Leistungsfähigkeit nach, argumentieren Personalchefs und haben mit diesem Argument bis zu einem gewissen Grad auch Recht. In Laborstudien zeigt sich tatsächlich ein Defizit bei Kontrollprozessen, die mit Aufmerksamkeit und schneller flexibler Verarbeitung von Information zu tun haben.

Dagegen sind jedoch Prozesse, die mit der Repräsentation von Information, also mit Wissen und dessen Einsatz, zu tun haben ("kristalline Intelligenz"), nicht beeinträchtigt. Ältere sind im Kopfrechnen und auch im sprachlichen Bereich durchweg besser als Jüngere. In experimentellen Studien hat sich gezeigt, dass die Worterkennung bei Jüngeren mehr Aufmerksamkeit erfordert als bei Älteren. Die Effizienz des Zugangs zu gespeichertem Sprachwissen steigt also mit dem Alter.

Ältere lassen sich nicht so schnell ablenken wie Jüngere. Bei räumlich stabilen Ablenkreizen machen Ältere wesentlich weniger Fehler durch voreilige Reaktionen als Jüngere. Neurophysiologische Analysen des Teams um Prof. Falkenstein weisen darauf hin, dass sich Ältere offenbar besser auf die Zielreize konzentrieren, wenn die Position der Zielreize bekannt und konstant ist.

Alles in allem erfordert schon die demografische Entwicklung und die Anhebung des Renteneintrittsalters, dass ältere Arbeitnehmer im Job bleiben. Vielleicht können Untersuchungen wie jene von Prof. Falkenstein zur kognitiven Leistungsfähigkeit auch manchen Personalchef überzeugen, dass in einem "hohen" Alter von 50 Jahren nicht zwangsläufig der geistige Rückschritt einsetzen muss.

Ihre LEARNTEC Veranstaltung zum Thema:

Sektion Didaktik 6
: "Altersgerechte Lernkonzepte",

Do 31.01.2008, 14.30 - 17.00 Uhr,

Vortrag "Schwächen und Stärken in der kognitiven Leistungsfähigkeit Älterer"