Schulen, sensibilisieren und kontrollieren
München, April 2010 - Foren, Portale, Social Networks - das Web 2.0 als Mitmach-Web hat die Bedingungen, unter denen Unternehmenskommunikation stattfindet, gravierend verändert. Prof. Dr. Perry Reisewitz, Professor für PR und Kommunikationsmanagement an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation und Geschäftsführer der Compass Communications GmbH beschreibt die heutigen Anforderungen.
Das Web 2.0 führt zwangsläufig zur Kommunikation 2.0. - Was hat sich für Unternehmen verändert?
Prof. Dr. Perry Reisewitz: Ganz grundsätzlich: Im Unternehmen kommuniziert nicht mehr nur die Abteilung Unternehmenskommunikation mit der Öffentlichkeit. Mitarbeiter berichten über ihr Unternehmen mittels Twitter und kommunizieren geschäftlich über Xing, LinkedIn und Facebook. Das ist nicht mehr ein Kanal, das sind so viele, wie das Unternehmen Mitarbeiter hat. Und jeder erreicht potenziell eine große Öffentlichkeit. Zudem sind die Kanäle, die jeder nutzen kann, vielfältiger geworden.
Welche Kanäle meinen Sie?
Prof. Dr. Perry Reisewitz: Neben die Texte als Informationsträger sind mit preiswerten digitalen Fotokameras, DAT-Rekordern für Tonaufzeichnungen und günstigen Videokameras leicht herzustellende audiovisuelle Medien getreten. Und die meisten PCs werden heute schon in der Grundausstattung mit einer Bildbearbeitung und einem einfachen Video-Schnittprogramm ausgeliefert.
Immer mehr Unternehmen entdecken diese Möglichkeiten für sich. Kleine Videos haben als zusätzliches Instrument längst in die professionelle Unternehmenskommunikation Einzug gehalten. Youtube, Flickr, Facebook und andere Portale und Netzwerke dienen hier als Multiplikatoren.
Wie verändert sich die Unternehmenskommunikation durch den Einsatz vielfältiger Informationsträger?
Prof. Dr. Perry Reisewitz: Bis vor wenigen Jahren lagen alle diese Bereiche im Rahmen der Unternehmenskommunikation in rein professionellen Händen: PR-Manager kümmerten sich um die Strategien und Inhalte, Texter um die sprachliche Form, Fotografen und Grafiker um die Bilderwelten, Regisseure, Kameraleute, Toningenieure und Cutter um die audiovisuelle Wirkung, die ein Unternehmen in der Öffentlichkeit erzielen wollte.
Die neuen Technologien und das Web 2.0 bewirken, dass jetzt scheinbar jeder alles kann. Bei vielen Unternehmen zeigt sich allerdings die Kommunikation 2.0 - allem Anschein nach um Kosten zu sparen - mit einem klaren Trend zu Quick and Dirty.
Die Qualität leidet und als Unternehmen muss man sich fragen, wie man in der Öffentlichkeit wirken will - als kreative Bastelbude - dann passen auch das schlecht ausgeleuchtete Digifoto, ungefilterte Mitarbeiter-Ergüsse mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern auf dem Unternehmens-Weblog und Wackelfilmchen vom Smart-Phone.
Das birgt enorme Risiken. Die wenigsten Unternehmen haben bis heute Richtlinien, die klarstellen, worüber Mitarbeiter mit Blick auf Arbeitgeber, Arbeitsstätte und konkrete Tätigkeit öffentlich reden dürfen. Früher hat man in der Kneipe oder bei Freunden Geschichten über den Chef zum Besten gegeben und das haben drei oder vier Bekannte erfahren. Mit einem Eintrag auf Facebook lesen das schnell mehrere hundert "Freunde", die die Informationen über ihre Freunde auch noch weiterreichen. Da leidet der Ruf des Unternehmens schnell.
Was sollten Unternehmen also Ihrer Meinung nach tun?
Prof. Dr. Perry Reisewitz: Ich glaube, dass Unternehmen vor allem drei Punkte beachten sollten:
- Aufklären und Richtlinien vorgeben.
- Schulen und sensibilisieren. Das hat den Vorteil, dass man die eigenen Mitarbeiter - richtig motiviert - gleichzeitig zum professionellen Sprachrohr des Unternehmens macht. Das ist letztlich eine Investition in eine Marketing-Aktivität.
- Über Suchdienste ständig Internet und Social Networks scannen, damit man schnell sieht, wer wie über das eigene Unternehmen redet und wo man gegebenenfalls eingreifen muss.
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