"Einfache, solide Lösungen"
Hof, Juli 2004- Die Aufregung war groß, als die Virtuelle Hochschule Bayern (vhb) Anfang Juni in Finanznöte geraten war. Mit zusätzlichen 6,5 Mio. Euro aus dem bayerischen Förderprogramm "High Tech Offensive" ist die Zukunft der vhb jetzt bis 2006 gesichert. CHECKpoint eLearning sprach mit Geschäftsführer Dr. Volker Rühl über Status quo und Perspektiven des Vorzeige-Verbundprojekts.
Bayern muss sparen. Auch die vhb ist in das Visier des Finanzministers geraten. Warum sind Sie verschont geblieben?
Rühl: Die vhb rechnet sich für den Freistaat Bayern. Unsere Kurse strahlen über die entwickelnde Hochschule hinaus, weil sie an Universitäten und Fachhochschulen in ganz Bayern und zunehmend auch in ganz Deutschland genutzt werden. Dadurch erreichen wir einen Skaleneffekt, der diese Lernform unter dem Strich kostengünstiger macht als die reine Präsenzform. Prognosen gehen davon aus, dass wir 2010/2011 in Bayern 50 Prozent mehr Studierende haben werden. Das ist mit zusätzlichen Lehraufträgen und Professoren nicht aufzufangen.
Dennoch ist die Content-Produktion ein teures Unterfangen.
Rühl: Es hat sich ja eine ganze Menge getan. Wenn ich die vier Jahre der vhb rekapituliere, hatten wir am Anfang für die Produktion von Lehr-/Lerneinheiten, die ein Äquivalent von zwei Semesterwochenstunden haben, rund 100.000 Euro Kosten. In unserer letzten Ausschreibung sind wir mit 50.000 Euro ausgekommen ohne dass die Qualität darunter gelitten hätte. Es ist schon ein ganz erheblicher Prozess der Kostensenkung im Gange.
Weil sich Prozesse eingespielt haben?
Rühl: Diese Kostensenkung ist auf zwei Dinge zurückzuführen. Alle Hochschulen haben Erfahrungen gesammelt und wissen mittlerweile, wie man kostengünstig produziert. Zweiter Faktor: Man hat in den Jahren 1999 bis 2001 gedacht, netzgestütztes Lernen ist besonders effektiv, wenn es aufwendige Animationen gibt. Das kostet natürlich. Heue sind wir realistischer. Niemand hat nachweisen können, dass der Lernerfolg besonders hoch ist, wenn viel in Animationen investiert wird. Eine einfachere, solide, effektive Lösung leistet für den Lerner genau das Selbe.
Diese "einfachen, soliden" Lösungen scheinen anzukommen. Ihre Belegungszahlen steigen kontinuierlich. Wie sieht die Prognose aus?
Rühl: Die vhb konnte das Wintersemester 03/04 mit einer enormen Steigerung der Belegungszahlen abschließen. Mit 4.438 Belegungen von fast 3.000 Studierenden wurde die Belegungszahl gegenüber dem Wintersemester 02/03 (2.390 Belegungen) nahezu verdoppelt. Bis Ende des Jahres peilen wir 10.000 Belegungen an. Für 2005 noch einmal eine Verdopplung.
Aktuell haben wir 40 neue Kurse in der Entwicklung, die zum Sommersemester 2005 für die Studierenden zur Verfügung stehen werden. Es sind wieder alle acht Fächergruppen, von der Informatik, über die Ingenieur-Wissenschaften, Lehrerbildung, Medizin, Recht, Wirtschaftswissenschaften, Schlüsselqualifikationen, Soziale Arbeit vertreten.
Bei der jüngsten Ausschreibung wurden nur die Anträge berücksichtigt, die von vorne herein eine möglichst große Anerkennung an unseren Trägerhochschulen - die schriftlich mit den höchsten prognostizierten Nutzerzahlen zugesagt ist - darlegen konnten. Deswegen können wir auch davon ausgehen, dass die Nutzerzahlen im kommenden Jahr noch einmal ganz gewaltig ansteigen werden.
Was passiert, wenn die 6,5 Mio. aufgebraucht sind?
Rühl: Die Perspektive ist, dass wir auf jeden Fall mindestens in der Höhe, in der wir im Jahre 2003 schon im normalen Staatshaushalt waren, wieder in den Haushalt zurückkommen. Also mit 3,6 Mio. Euro. Außerdem haben wir Anfragen von staatlichen Hochschulen außerhalb Bayern, die Interesse zeigen, unsere Kurse samt Betreuung einzukaufen und ihren Studierenden anzubieten. Auch erste private Hochschulen haben sich gemeldet. Es gibt also durchaus Möglichkeiten der Refinanzierung über Lizenzeinnahmen.
Wird sich der vhb stärker in der kostenpflichtigen Weiterbildung engagieren?
Rühl: Kostendeckende wissenschaftliche Weiterbildung zu betreiben ist nicht leicht. Da muss man ganz realistisch bleiben. Diese Erfahrung haben unsere Träger-Hochschulen bereits alle selbst gemacht. Zu glauben, dass man mit Einnahmen aus der Weiterbildung mehr als Kostendeckung erreichen könnte, also eine Mitfinanzierung für das grundständige Studium, halte ich für eine überzogene Erwartung. Die vhb als Verbundinstitut aller bayrischen Hochschulen kann auf dem Gebiet der Refinanzierung nicht erfolgreicher sein, als die Hochschulen selbst.
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