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ESG-Compliance: Klimawandel und Nachhaltigkeit

Neuss, Oktober 2021 - (von Yassir Lahrichi) Das Thema Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit stößt nicht nur seit der "Fridays-For-Future-Bewegung" auf eine stetig wachsende Zustimmung in der Gesellschaft. Auch Politik und Wirtschaft erkennen in der Umweltfrage einen erfolgskritischen Faktor, der nicht mehr länger kleinzureden ist. Zahlreiche Unternehmen in Deutschland haben sich schon frühzeitig der Herausforderung gestellt. Diese umweltbewusste Ausrichtung ist auch notwendig, um im Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben. So setzt die öffentliche Hand bereits bei der Projektvergabe für größere Bauvorhaben gewisse Compliance-Standards voraus, wie das Vorhandensein eines Compliance Management Systems, die Einhaltung von Frauenquoten (Diversity) oder das Vorliegen gewisser Umweltkriterien (z.B. ISO 14001), welche sich letztlich von ESG-Risiken leiten lassen.

Definition ESG

ESG (Environmental Social Governance) beschreibt einen freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, welcher über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen kann. Sowohl private als auch staatliche Investoren interessieren sich zunehmend dafür, in welcher Form Unternehmen sozial und ökologisch agieren und wie eine nachhaltige Investition aussehen kann. Neben dem Umweltaspekt ist der finanzielle Aspekt nicht zu unterschätzen, da zahlreiche Studien zum Ergebnis kommen, dass Investitionen in nachhaltige Produkte die Rendite steigern und das Risiko minimieren. So erwartet u.a. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von ihren beaufsichtigten Unternehmen, sich mit ESG-Themen auseinanderzusetzen.

Regulatorische Anforderungen an die Umwelt

Neben dem freiwilligen Beitrag zur Nachhaltigkeit, nimmt gleichzeitig auch die aufsichtsrechtliche Regulierung zu Umweltthemen immer weiter zu, was dazu führt, dass bestimmte Marktteilnehmer sich in naher Zukunft mit EU-Vorgaben zum Thema ESG-Compliance auseinandersetzen müssen. So trat am 12. Juli 2020 die Taxonomie- Verordnung in Kraft, welche sich an alle EU-Mitgliedsstaaten sowie an alle Finanzmarkteilnehmer, die Finanzprodukte anbieten, richtet. Ziel dieser Verordnung ist die langersehnte Etablierung eines europaweiten, einheitlichen Klassifizierungssystems für nachhaltige Tätigkeiten/Produkte.
So wird erstmals verbindlich festgehalten, wann eine Tätigkeit oder ein Produkt als nachhaltig zu bezeichnen ist. Investoren und Anleger können diese Leitlinien zu Investitionen in ökologisch nachhaltige Produkte und Anlagen anwenden, ohne Opfer von "Green Washing" zu werden. Diese und weitere Regularien, u.a. Solvency II, Offenlegungsverordnung, Wohnimmobiliendarlehensrisikoverordnung, Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung, etc. entspringen aus den ambitionierten Bestrebungen des Pariser Klimaabkommens, welche bis 2030 erfüllt werden sollen.

ESG-Compliance als Schlüsselrolle

Um dieser zunehmenden und zum Teil komplexen Regulatorik Herr zu werden, sind angemessene Managementsysteme notwendig, um alle Risiken zu identifizieren, zu bewerten, zu überprüfen und zu steuern. Die ESG-Compliance hat in dieser Funktion die Aufgabe, Strategien und Instrumente zu entwickeln, mithilfe derer die Einhaltung der zuvor genannten gesetzlichen Anforderungen in den Unternehmen zu gewährleisten ist. Dabei darf der Gedanke der Nachhaltigkeit kein isoliertes Ziel darstellen, sondern sollte eine typische Querschnittsfunktion einnehmen, sodass sie als ein wichtiger Bestandteil auf allen Ebenen der Unternehmensstrategie verankert sein muss ("Compliance-Kultur"). Diese nimmt wiederum die Unternehmensführung in die Pflicht, durch deren Bekenntnis und Engagement zum Thema Nachhaltigkeit die gewünschte Effizienz erzielt wird ("tone from the top").

Neben dem Engagement der Unternehmensführung steht jedoch auch die EU in der Pflicht, ihre Regelungen zum Klimaschutz auf ihre Praxistauglichkeit hin zu prüfen. Ein überregulierter Marschplan zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens könnte die Unternehmen in ihrer Effizienz und Produktivität schwächen. So würde das Thema Nachhaltigkeit lediglich zu einer Compliance-Übung verkommen, statt den gewünschten Erfolg zu liefern. Somit ist und bleibt das Thema Umweltschutz eine Gradwanderung zwischen effizienter Nachhaltigkeit und Überregulierung.