Hochwertigen Lerninhalten gehört die Zukunft
Saarbrücken, Mai 2016 - Die Zeit aufwändig produzierter eLearning-Inhalte sei vorbei, behaupten einige Experten, die sich mit Fragen der digitalen Weiterbildung beschäftigen. Viel zu kostspielig sei es, stundenlange Trainings in Spielfilm-Qualität zu produzieren. Junge Lerner-Zielgruppen würden stattdessen Trainingshäppchen benötigen, die wesentliche Inhalte kurz und knackig auf den Punkt bringen. Doch reichen die sogenannten Learning Nuggets wirklich aus, um vielschichtige Lernbedarfe abzubilden? Christian Wachter, Vorstandssprecher der IMC AG in Saarbrücken und Sven R. Becker, Sales Manager und Team Lead New Business, sprechen über die Lerninhalte der Zukunft und brechen eine Lanze für hochwertigen eLearning Content.
Herr Wachter, glaubt man einigen Experten, so ist aufwändig produzierter eLearning-Content nicht mehr zeitgemäß. Würden Sie dieser Aussage zustimmen?
Christian Wachter: Nein, das kann man meiner Meinung nach auf keinen Fall so sagen. Zwar kann es für uns als Anbieter für digitale Lerninhalte auch nicht das Ziel sein, eLearning Module in Blockbuster-Qualität und -Länge zu produzieren und unseren Kunden gegenüber die dabei entstehenden Kosten verständlich zu machen. Dennoch sind wir der Meinung, dass eine ansprechende, qualitativ hochwertige und zielgruppengerechte Aufbereitung der Lerninhalte ein absolutes Muss ist, wenn es darum geht, angemessen auf die individuellen Bedürfnisse der Lerner zu reagieren.
Je nachdem, welcher Inhalt in welchem Kontext vermittelt werden soll, können selbstverständlich auch kleine Trainingshäppchen, die sich einfach unterwegs oder in Leerlaufzeiten während der Arbeit durcharbeiten lassen, besser geeignet sein als umfangreichere Lernformate. Die Tatsache, dass diese sogenannten Learning Nuggets mehr und mehr zum Einsatz kommen, zeigt uns dabei deutlich, dass kurze Lernformate durchaus ihre Berechtigung haben. Allerdings sollte man sich vor der Entscheidung für ein bestimmtes Format ganz bewusst fragen, welchen Lerner man vor welchem Hintergrund damit schulen möchte.
Wenn wir von "Qualität" im Zusammenhang mit digitalen Weiterbildungsangeboten sprechen, so sollte neben der Anpassung an einen bestimmten Lernbedarf aus meiner Sicht auch die "Modularität" als Qualitätsmerkmal von Lerneinheiten Erwähnung finden. Mit dem Begriff Modularität ist hier gemeint , dass die einzelnen Lernmodule innerhalb eines übergeordneten Konzepts einer gewissen "Lernlogik" folgen und eine hohe Stringenz im Aufbau aufweisen, sich aber dennoch bei Bedarf getrennt voneinander abarbeiten lassen.
Unter der Kuratierung von Lerninhalten versteht man das Identifizieren, Organisieren und Kommentieren wertvoller Lerninhalte sowie deren Weiterleitung an die geeignete Lerner-Zielgruppe. Einige sehen in diesem Prinzip einen wichtigen langfristigen Trend im Bereich digitale Lerninhalte. Was kann es aus Ihrer Sicht leisten und welchen Mehrwert bietet es in der Praxis?
Christian Wachter: Auch aus unserer Sicht hat die Kuratierung guter Lerninhalte durchaus ihre Berechtigung. Ein solches Konzept lebt ganz klar von der Vielfalt der Formate und bedient sich sowohl der bereits verfügbaren Inhalte informeller Plattformen wie Slideshare und YouTube, aber auch der Inhalte unternehmensinterner Plattformen. Trotz der offensichtlichen Vorteile eines solchen Systems, wie seinem interaktiven Charakter und seinem hohen Aktualitätsbezug, sind wir allerdings der Meinung, dass ein Lernender durchaus erwarten darf, neben "recycelten" Materialien auch ein individuell zugeschnittenes Lernangebot für sein persönliches Arbeitsszenario vorzufinden. Diesen Bedarf decken kuratierte Lerninhalte nur sehr eingeschränkt ab.
Wenn Sie einen Ausblick wagen müssten, wie ließe sich dann aus Ihrer Sicht der Anspruch an erfolgreiche Lernformate der Zukunft zusammenfassen?
Sven R. Becker: Digitale Contents werden künftig in jedem Fall noch intelligenter werden. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass der Lerninhalt als Einheit zwar immer kleiner wird und dass Learning Nuggets an Bedeutung gewinnen, dass aber gleichzeitig die dahinterliegende Konzeption "smarter" wird. Früher hat man mitunter ohne Sinn und Verstand digitale Objekte nochmals digitalisiert. Dabei wurde dann zum Beispiel einfach aus einem PDF ein eLearning-Inhalt erstellt, ohne dass man sich Gedanken darüber gemacht hätte, inwiefern dies zur Erfüllung des Lernziels beiträgt.
Heute geht der Trend eher in die Richtung, dass man die Inhalte einfacher gestaltet, indem man eine intelligentere Konzeption nutzt. Auf der didaktischen Ebene bedeutet das beispielsweise, dass mehr und mehr szenariobasierte Trainings konzipiert werden, in denen der Lerner einen realen Arbeitsablauf durchläuft. Dank des lebensnahen Settings kann für den Lerner transparent und nachvollziehbar dargestellt werden, welcher konkrete Mehrwert sich für ihn durch das Durcharbeiten eines bestimmten Lernmoduls ergibt. Ein solches Konzept lässt sich bereits in Form kleinster szenariobasierter Learning Nuggets realisieren. So etwas kann ein kuratierter Lerninhalt nicht leisten.
Was darf man sich in der Praxis unter einem solchen szenariobasierten Learning-Nugget vorstellen?
Sven R. Becker: Hinter dem Szenariocharakter von Lerninhalten steckt nicht zuletzt auch die Notwendigkeit, die Lerner während des Lernprozesses zu führen beziehungsweise anzuleiten. Von den Digital Natives wird heute nicht selten erwartet, dass sie unter dem Stichwort "Informelles Lernen" selbstständig die entsprechenden Informationen im Netz suchen und die für sie relevanten Lernbedarfe identifizieren. Dies mag teilweise auch gelingen, doch spätestens, wenn die Notwendigkeit aufkommt, dass der Lerner die Möglichkeit erhält, verschiedene Szenarien auszutesten und im besten Fall Feedback zu seinen Antworten beziehungsweise Entscheidungen bekommt, wird ein klar definierter Lernpfad benötigt. Entlang dieses Lernpfads sollte der Lerner gut durchdachte und zielgruppengerecht aufbereitete Lerninhalte vorfinden. Hier werden Qualität und eine ganzheitlich durchdachte Konzeption auf jeden Fall auch in Zukunft die wesentliche Rolle spielen und vielleicht sogar noch weiter an Bedeutung gewinnen.
Ein weiterer Vorteil von Lerninhalten, die auf die Antworten und Entscheidungen der Lerner reagieren, ist ihr interaktiver Charakter, der die Nutzer durch das Aufzeigen von Wechselwirkungen zusätzlich motiviert. So kann beispielsweise ein Vertriebsmitarbeiter in kleinen Dialog-Spielen austesten, wie sein Kunde reagieren wird, wenn er ihm eine bestimmte Antwort gibt und je nachdem, wie sich der Lerner selbst in diesem Kundengespräch verhält, nimmt die Simulation plötzlich einen ganz anderen Lauf. Natürlich reicht es ab und an, zu vielen Themen einfach einen Wikipedia-Artikel durchzulesen oder ein Erklärvideo im Netz anzuschauen. Oftmals genügt das aber nicht, um die Auswirkungen verschiedener Entscheidungen praxisnah auszutesten. Doch das ist es, was die junge Generation der "Gamer" von guten Lerninhalten erwartet und wie wir finden auch erwarten darf.
Christian Wachter: Ganz genau. Und der Content Markt hat sich bereits auf diese neuen Bedürfnisse eingestellt. Clevere neue Lernformate wie Nutshell-Trainings, Learning Cards oder intelligente Mini-Game-Formate, die Wechselwirkungen aufzeigen und sich ganz unkompliziert unterwegs auf dem Tablet oder Smartphone abspielen lassen, zeigen dabei ganz deutlich, dass gute Contents weder aufwändig noch teuer, sondern einfach nur gut gemacht, beziehungsweise "intelligent" sein müssen.
Sven R. Becker: Zusammengefasst kann man sagen, dass in Zukunft viele Trends parallel existieren werden. Auch kurative Formen des Lernens und informelle Formate werden dabei neben formellen Lernformaten durchaus ihre Berechtigung haben, aber eben nicht immer ausreichen, um jedem Weiterbildungsbedarf gerecht zu werden. Deshalb sehen wir bei IMC in stimmigen und gut durchdachten Blended Learning-Konzepten, bei denen all diese Möglichkeiten sinnvoll aufeinander abgestimmt werden, den Garant für erfolgreiche Weiterbildung in der Zukunft.
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