iMOVE

Erfahrungswerte: Benehmen ist Glückssache

Bonn, April 2008 - Zahlreiche Bildungsanbieter suchen in den arabischen Ländern oder China nach Expansionsmöglichkeiten. Doch von Erfolg gekrönt sind die wenigsten Versuche. "Mangelnde interkulturelle Kompetenz ist ein großer Stolperstein", weiß Sabine Gummersbach-Majoroh, Leiterin der Arbeitsstelle iMOVE, die als Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung deutsche Weiterbildungsanbieter bei der Erschließung internationaler Märkte unterstützt.




Die Initiative iMove bietet jedes Jahr Delegationsreisen für Bildungsanbieter in die arabischen Emirate, nach Saudi Arabien oder China an. Wie fit sind deutsche Bildungsanbieter in Sachen interkulturelle Kompetenz?

Sabine Gummersbach-Majoroh: Unsere Delegationsreisen sind sehr durchmischt. Es gibt komplette Neulinge, die ihre ersten Auslandskontakte knüpfen und manchmal im Verhalten anderen Kulturen gegenüber relativ unsicher sind. Erfahrene Bildungsanbieter, die bereits Geschäftsverbindungen in andere Länder pflegen, verfügen meist über einen gewissen Erfahrungsschatz.

Interessant ist, wie Bildungsanbieter selber die Chancen auf ausländischen Märkten einschätzen. Bei einer kürzlich von iMove durchgeführten Umfrage schätzten 43 Prozent der Befragten Sprache und Kultur als die größte Exportbarriere ein.

Der Export von Bildungsinhalten basiert viel stärker als in anderen Branchen auf dem persönlichen Kontakt zu Menschen. Es ist daher wichtig sich vorzubereiten, indem man im Internet recherchiert, Bücher liest, Seminare besucht. iMove bietet deswegen auch entsprechende Vorbereitungs-Workshops an, die speziell auf die Bedürfnisse von Bildungsanbietern ausgerichtet sind.

Was sind die gröbsten Schnitzer, die Ihnen in Ihrer Praxis untergekommen sind?

Sabine Gummersbach-Majoroh: iMove dient den Unternehmen in erster Linie als Türöffner. Wir organisieren die Delegationsreisen und stellen sicher, dass kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Welches Fehlverhalten Bildungsanbieter in den bilateralen Gesprächen an den Tag legen, bekommen wir also gar nicht unmittelbar mit.

Während der vielen Delegationsreisen, die ich selber begleitet habe, bemerkte ich manchmal unsensible und gedankenlose Verhaltensweisen gegenüber anderen Kulturen. Eine Krawatte mit rosa Schweinchen mag in Deutschland witzig sein, im arabischen Kulturkreis ist sie einfach nur unangebracht.

Während einer anderen Reise knöpfte sich ein Teilnehmer bei einer Stadtrundfahrt sein Hemd komplett auf und lief quasi mit freiem Oberkörper herum. In arabischen Ländern, in denen man sich in der Öffentlichkeit eher bedeckt zeigt, ist das ein absoluter Affront, noch dazu wurde die Stadtrundfahrt von zwei jungen arabischen Damen begleitet - also ein völlig inakzeptables Benehmen.

Der Schlüssel zu angebrachten Verhaltensweisen heißt Respekt vor der fremden Kultur. Wenn Sie sich respektvoll und aufmerksam verhalten, wird Ihnen jeder Araber oder Chinese einen kleinen Schnitzer nachsehen.

Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen Geschäfte aufgrund fehlender interkultureller Kompetenz nicht zustande kamen oder gar scheiterten?

Sabine Gummersbach-Majoroh: Ein Klassiker ist: Die Kontakte sind hergestellt, das Gespräch verlief viel versprechend, das Angebot wurde nach der Reise hinausgeschickt und es kam keine Antwort. Viele Bildungsanbieter mutmaßen dann, dass es mit dem Interesse doch nicht so weit her war und geben auf. Dabei liegt es oft nur daran, dass Menschen dieser Kulturkreise sich mehr Zeit lassen.

Beharrlichkeit und Zeit sind zwei wichtige Faktoren im geschäftlichen Kontakt mit arabischen Partnern. Sie bevorzugen das persönliche Gespräch und wollen ihre Geschäftspartner erst einmal als Mensch richtig kennen lernen, bevor sie sich entschließen, geschäftliche Verbindungen einzugehen.

Das hin- und herreisen geht allerdings ins Geld, denn erfahrungsgemäß muss man rund ein bis drei Jahre Vorlaufzeit einkalkulieren.

Welches "Rüstzeug" würden Sie Delegationsmitgliedern für ein erfolgreiches Auslandsengagement empfehlen? Gibt es Grundregeln?

Sabine Gummersbach-Majoroh: Wichtige Grundregeln sind eine generell offene Grundeinstellung, Respekt, Toleranz, Sensibilität und vor allem Authentizität. Grundvoraussetzungen sind zudem gute Marktkenntnisse des Zielmarktes, Affinität zum jeweiligen Land und Sprachkenntnisse.

Im Umgang mit Geschäftspartnern sind private Angelegenheiten in Deutschland eher unüblich. Für Menschen des arabischen Kulturkreises sowie für Chinesen sind persönliche Informationen jedoch wichtig, sie helfen ihnen, den Geschäftspartner als Mensch einzuschätzen.

Auch Klartext ist hier ganz und gar unerwünscht. Man muss sich eher vorsichtig vorarbeiten, den Menschen kennen lernen, sich hineinfühlen und gewisse hellseherische Fähigkeiten entwickeln.