Wie sehen Learning-Management-Systeme der Zukunft aus?
Wien/Berlin, September 2011 - Learning-Management-Systeme werden seit Jahren immer wieder tot gesagt. Gleichzeitig entstehen jedoch neue Open Source Lösungen und vielfach unterschiedliche Ausformungen im kommerziellen Angebot. Dabei sind Neuausrichtung und Marktkonsolidierung vor allem unter den US-amerikanischen Anbietern zu beobachten. CHECK.point eLearning sprach mit Michael Repnik, Geschäftsführer der LearnChamp Consulting GmbH, über das woher und wohin auf dem LMS-Markt.
Der LMS-Markt ist heute umkämpft und umstritten. Einerseits richtet sich die Nachfrage verstärkt in Richtung integrierter Talentmanagement-Lösungen, andererseits besteht nach wie vor Bedarf im Bereich Learning Management. Wohin geht die Reise?
Michael Repnik: Aus Sicht von LearnChamp gibt es zwei verschiedene "Reisegruppen". Auf der einen Seite Unternehmen, die komplett integrierte Talent Management Lösungen umsetzen und auf der anderen Seite Unternehmen, die leistungsfähige, aber kostengünstige und klar abgegrenzte Learning Management Lösung benötigen.
Viele Unternehmen erkennen zunehmend den Nutzen einer Konsolidierung verschiedener HR Systeme. Das liegt naturgemäß daran, dass HR Prozesse wie Rekrutierung, Zielvereinbarung, 360 Grad Feedbacks, Karriere- und Nachfolgeplanung, Schulung und Vergütung viele gegenseitige Abhängigkeiten haben. Zusätzlich verlangen Führungskräfte zunehmend prozessübergreifende Berichte, um sinnvolle Entscheidungen ableiten zu können. Deshalb empfehlen auch viele Analysten seit längerer Zeit den Kauf integrierter Talent Management Systeme. Josh Bersin geht sogar davon aus, dass es in Zukunft komplett integrierte Systeme, er nennt diese "People Management Systems" geben wird - für sämtliche HR Belange eines Unternehmens. Viele Unternehmen machen sich deshalb in diese Richtung auf die Reise.
Andererseits gibt es viele Unternehmen, die einen sehr eng abgegrenzten Bedarf an flexiblen und vor allem kosteneffizienten Learning Management Systemen zur Verwaltung von eLearning und Seminaren haben. Bei welchen Organisationen ist das vor allem der Fall? Unter anderem bei kleineren und mittelgroßen Unternehmen, bei Abteilungen oder Bereichen größerer Unternehmen aber auch bei internationalen Konzernen, die zeitlich begrenzte Lösung benötigen.
Beide Entwicklungen bringen damit die vielen Anbieter von kommerziellen Learning Management Systemen unter Druck. Die Anbieter müssen sich entscheiden: Entweder Aufstieg in die erste und zunehmend internationale Liga oder konkurrenzfähiges Angebot im Vergleich zu Open Source Systemen oder anderen stark fokussierten LMS Anbietern. Für viele Anbieter wird es deshalb zunehmend eng. Das sieht man auch an der raschen Konsolidierung der Branche.
Was sind heute die wichtigsten Features eines LMS oder was muss ein LMS unbedingt können, um als attraktive Lösung zu gelten?
Michael Repnik: Eine leistungsfähige Verwaltung von Schulungsmaßnahmen, egal ob für Präsenzveranstaltungen oder eLearning, wird von Kunden heute vorausgesetzt. Das beinhaltet auch die Automatisierung durch konfigurierbare Workflows und Benachrichtungen. Zusätzlich ein flexibles aber leistungsfähiges Berichtswesen. Sehr viele Unternehmen erwarten sich auch Features, um Zielgespräche und eine entsprechende Erfassung von Bildungsbedarfen abbilden zu können.
Eine Wunschliste für attraktive Systeme könnte somit wie folgt aussehen:
- Seminar- und eLearning Verwaltung
- Integration von Virtuellen Klassenzimmern
- Diskussionsforen
- RSS-Feeds
- Blogs
- Wikis
- Gruppen
- Test- und Umfrageerstellung
- Individuelle Entwicklungspläne
- Teamverwaltung aus Sicht einer Führungskraft
- Kompetenzmanagement (verknüpft mit Job Profilen)
- 360 Grad Feedbacks
- Lernpfade mit entsprechenden Abhängigkeiten
- Leistungsfähige Suche
- Flexibles und einfach konfigurierbares Berichtswesen
- Möglichkeit die Organisation eines Unternehmens abbilden zu können
- Systemintegration zu Drittsystemen (bspw. Systeme mit Personalstammdaten)
Open Source Lösungen gewinnen beim LMS-Einsatz immer größere Marktanteile. Was macht derartige Lösungen für die Kunden so attraktiv? Was können Open Source Lösungen heute leisten und auf welchen Gebieten sind kommerzielle Systeme bisher "ungeschlagen"?
Michael Repnik: In einem ersten Reflex denkt man bei Open Source natürlich vor allem an den günstigen Preis. Tatsächlich führt der Wegfall von Lizenzkosten bei Open Source Systemen in einer Total Cost of Ownership Betrachtung zu 50 bis 90% Kostenersparnis im Vergleich zu kommerziellen LMS Anbietern. Darüber hinaus schätzen aber auch viele Kunden die Flexibilität von Open Source Software - beispielsweise betreffend optischer Anpassbarkeit der Benutzeroberfläche oder der einfachen Erweiterbarkeit durch Zusatzmodule aber auch der Möglichkeit bedarfsorientiert Features zu programmieren.
Worin unterscheidet sich Totara von den bisher bekannten Open Source-LMS?
Michael Repnik: Kunden die Moodle, das weltweit erfolgreichste Open Source LMS, toll aber nicht optimal finden, werden Totara LMS lieben. Klingt zu gut um wahr zu sein, ist aber die Rückmeldung von zahlreichen Interessenten und Kunden. Warum? Totara schließt die Lücke zwischen kommerziellen LMS-Anbietern und führenden Open Source Systemen wie Moodle die einige Schwächen aus Unternehmenssicht haben.
Kunden profitieren von der großen Community von Moodle und den laufenden innovativen Weiterentwicklungen. Gleichzeitig werden durch das Entwicklerteam von Totara speziell die Anforderungen von Unternehmen berücksichtigt und in eine planbare Roadmap verpackt. Diese kann von Kunden beeinflusst werden. Es gibt getestete und dokumentierte Software, Support, professionelles Hosting uvm. Und zu guter Letzt hebt sich Totara LMS aus meiner Sicht vor allem durch eine ansprechende und einfach anpassbare Benutzeroberfläche von anderen Systemen ab. Das ist schlussendlich für den Endanwender entscheidend - gefällt mir das System, ist es einfach zu bedienen, läuft es auf allen Browsern, usw.
Welche Bedarfe der Unternehmen werden künftig mit "Komplett-Lösungen" zu decken sein und welche Zeithorizonte sehen Sie bei der Weiterentwicklung?
Michael Repnik: Die zu Beginn bereits erwähnten integrierten Talent Management Lösungen haben sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Weltweit aufgestellte und führende Anbieter wie SuccessFactors bieten schon heute echte Komplett-Lösungen. Und die Entwicklung bleibt nicht stehen. Wir sehen kurzfristig Themen wie den mobilen Zugang über Smartphones und Tablets, die Verknüpfung solcher Systeme mit firmenexternen Diensten wie LinkedIn und XING oder leistungsfähiges Berichtswesen, das Führungskräfte tatsächlich in ihrer täglichen Arbeit unterstützt. Es bleibt jedenfalls spannend.
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