Kommentar

Wird unsere Präsenzkultur untergehen?

Thea Payome, ChefredakteurinBerlin, März 2020 - (von Thea Payome) In Zeiten von Corona machen die Veranstalter mit "Sieben-Meilen-Stiefeln" häufig ungeübte Schritte: Video-Konferenzen werden zum täglichen Brot, ganze Kongresse finden online statt. Für kleinere Zielgruppen sind Webinar und Podcast das Mittel der Stunde. Werden wir am Ende dieser Krise ein grundlegend verändertes Meeting-Verhalten sehen? Geht der Boom der Präsenzveranstaltungen, den die eLearning-Branche in den letzten Jahres erlebt hat, mit Corona unwiderbringbar zu Ende?

Im Grunde ist in diesen Zeiten die eLearning-Branche eine privilegierte. Die meisten technischen Hilfsmittel, die eine Kommunikation trotz Abstandsgebot ermöglichen, sind den Beteiligten vertraut. Ebenso wie die Reichweiten dieser Möglichkeiten. So manches Unternehmen ist in seinem Digitalisierungsgrad so weit gediehen, dass selbst das Thema "Homeoffice" verhältnismäßig leicht umsetzbar ist.

Dennoch zählte auch die eLearning-Branche in den zurückliegenden Jahren zu jenen Wirtschaftszweigen, in denen das Präsenztreffen hoch geschätzt und ständig praktiziert wurde. Präsenzveranstaltungen boomten, Messen freuten sich über ständig steigende Teilnehmerzahlen, Konferenzen agierten am Rande ihrer Kapazitätsmöglichkeiten. Wird dieser Trend - nach einer zeitlich angemessenen Frist - zurückkehren oder ist er unwiederbringlich dahin?

Wer häufig mit digitalen Tools und/oder im Homeoffice arbeitet, weiß um die Grenzen der digitalen Kommunikation. Eine gemeinsam getrunkene Tasse Kaffee ist eine andere Erfahrung, die durchaus auch zu anderen Kommunikationsergebnissen führen kann, als eine Videokonferenz oder ein Skype-Gespräch. Persönliche Nähe lässt sich technisch nicht ersetzen, maximal erhalten oder auch vorbereiten. Die Intensität eines direkten Kontakts - Face-to-Face - ist im Geschäftsleben häufig unverzichtbar. Kulturabhängig manchmal sogar unumgänglich.

Meines Erachtens schult diese Krise ein stärkeres Differenzierungsvermögen: Wann genügt ein "Call", wann ist ein Treffen angebracht. Welche Entwicklungen möchte ich persönlich in Augenschein nehmen, welche Dinge haptisch erleben und was genügt mir als Bildschirmpräsentation? Corona gibt uns wohl noch hinreichend Gelegenheit, die Anwendung digitaler Tools zu üben, so dass im Anschluss die Einsatz-Hemmschwelle drastisch gesunken sein dürfte. Die eLearning-Verbreitung sollte in diesen Zeiten unbedingt einen deutlichen zusätzlichen Anschub erfahren. Doch abgerechnet wird zum Schluss. Möglicherweise auf der LEARNTEC 2021...