Go-Lab

Von der Vorlesung ins virtuelle Laborpraktikum

Diana DikkeSaarbrücken, März 2018 2012 startete Go-Lab (Global Online Science Laboratories for Inquiry Learning at School) - ein Forschungsprojekt der Europäischen Kommission. Über einen Zeitraum von vier Jahren entstand unter Mitarbeit von IMC eine interaktive Plattform, die Lehrern und Schülern experimentbasierten Unterricht ermöglicht. Die Plattform für Online-Labore vertieft das Wissen von Schülern in naturwissenschaftlichen Fächern und begeistert sie für wissenschaftliches Arbeiten. Die Plattform wird monatlich von etwa 3.000 aktiven Nutzern in 30 europäischen Ländern im Unterrichtsalltag verwendet. Die Labore sind auf rund 40 Sprachen verfügbar. Diana Dikke, Projektleiterin bei der IMC, erklärt im Interview, ob und warum die Plattform in Zukunft auch an Hochschulen eingesetzt werden könnte. 

Hallo Frau Dikke! Können Sie erklären, welche Inhalte und Möglichkeiten die im Projekt entwickelte Plattform bietet?

Diana Dikke: Auf der Go-Lab-Plattform können Lehrer aus einer umfassenden Bibliothek altersgerechter und thematisch passender computersimulierter Labore Experimente für ihren Unterricht wählen und virtuelle Lernumgebungen erstellen. Diese beinhalten nicht nur Online-Labore, sondern auch Einheiten zur Vor- und Nachbereitung des Experiments. Der Lehrer kann etwa Texte, Fotos, Videos oder Quizzes als weiterführende Lehrmaterialien integrieren. Die Schüler lernen, Hypothesen zu erstellen, Experimente zu planen, Vorhersagen zu treffen und generierte Daten zu interpretieren und zu diskutieren. Neben den virtuellen Laboren sind auf der Plattform auch ferngesteuerte Labore verfügbar. Hier können die Schüler etwa ein echtes Teleskop auf Hawaii vom Klassenraum aus bedienen.

 

Die Plattform war zunächst für Schüler der weiterführenden Schulen ausgelegt. Aktuell wird daran gearbeitet, sie auch an die Bedürfnisse von Grundschülern anzupassen. Wäre eine Ausweitung auf Studierende auch vorstellbar?

Diana Dikke: Bisher liegt der Fokus auf der Etablierung an Schulen. Wir arbeiten daran, noch mehr Lehrer zu erreichen, um möglichst vielen Schülern Zugang zur Plattform zu geben. Außerdem läuft momentan das Projekt Go-Lab goes Africa, das offiziell am 1. Januar 2018 gestartet ist und die Plattform auf die Bedürfnisse afrikanischer Schulen anpassen soll. 

Aber in zukünftigen Folgeprojekten wäre eine Ausweitung auf Hochschulen auf jeden Fall vorstellbar.

Die Plattform, auf der die Labore für die Lernumgebungen zur Verfügung gestellt werden, wurde ursprünglich im Projekt ROLE (Responsive Open Learning Environments) sogar für Erwachsene entwickelt. Sie diente dem Sammeln von Lerninhalten und sollte kollaboratives, selbstgesteuertes Lernen ermöglichen. Erst im Go-Lab-Projekt wurde sie für experimentbasiertes Lernen für den Schulunterricht angepasst, sodass auch Online-Labore und Lernanwendungen in die Lernumgebungen integriert und die Lernumgebungen mit den Schülern geteilt werden können.

 

Welche Anpassungen müssten für die Nutzung an Hochschulen vorgenommen werden?

Diana Dikke: Dazu wäre es notwendig, für Studierende passende Online-Labore auszuwählen und gegebenenfalls neue zu entwickeln und in die Plattform zu integrieren, damit das Angebot zu ihrem Lehrplan passt. Von einigen Universitäten, die auch Projektpartner sind, gibt es schon ein paar solcher Labore für die Arbeit auf Hochschulniveau.

Außerdem sind zur Nutzung der Plattform auch Erweiterungen vorhanden, die bei der Arbeit mit den Laboren unterstützen. Genau wie bei den Laboren wäre es notwendig, diese anzupassen und gegebenenfalls neu zu entwickeln. Beispielsweise gibt es derzeit eine Erweiterung, die Schüler bei der Formulierung von Hypothesen unterstützt. Studierende wissen im Normalfall bereits, wie man eine Hypothese stellt. Bei solchen relativ einfachen Aufgaben brauchen sie keine Unterstützung. Außerdem sind sie bereits viel eher in der Lage, ihre eigene Arbeit zu reflektieren und gemeinsam mit Kommilitonen Projekte umzusetzen. Durch diesen anderen Wissensstand können für sie neue Herausforderungen und auch Möglichkeiten geschaffen werden.

Die Lernumgebungen werden bisher beispielsweise nur von Lehrern erstellt. Für den Einsatz an Hochschulen wäre es denkbar, diese Option auch für Studierende zu öffnen. Dadurch bekämen junge Akademiker die Möglichkeit, Forschungsumgebungen für ihre individuellen Projekte zu strukturieren. 

Die Plattform könnte sogar so angepasst werden, dass größere Forschungsarbeiten direkt darauf geplant und organisiert werden könnten, beispielsweise eine Bachelorarbeit. Voraussetzung dafür wäre, dass die Studierenden auf der Plattform Lehrmaterialien und Forschungsergebnisse sammeln können. Für Versuche, die nicht online durchgeführt werden, wäre dann auch ein zusätzliches Datenerfassungstool interessant.

 

Wie ließe sich die Plattform in den Studienlehrplan einbeziehen und inwiefern würden die Studierenden und auch das Lehrpersonal davon profitieren?

Diana Dikke: Zunächst bietet die Plattform die Möglichkeit, Experimente durchzuführen, die zum Beispiel mangels Equipment nicht vor Ort durchgeführt werden können. Hinzu kommt der Faktor Zeitersparnis durch eine bessere Organisation von Materialien und die automatische Dokumentation von Versuchsergebnissen.

Außerdem ermöglicht die Plattform neben selbstgesteuertem Lernen durch die kollaborativen Features auch die Zusammenarbeit mit Studierenden und Dozenten anderer Hochschulen, ohne dass die Teilnehmer dafür im selben Seminarraum sitzen müssen.

Für Dozenten würde die Plattform die Möglichkeit bieten, neben Präsenzveranstaltungen auch Onlinekurse anzubieten. Sie könnte darüber hinaus für Hausaufgaben genutzt werden oder eben zum Verfassen von wissenschaftlichen Arbeiten.