EuGH-Urteil zum Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen
Berlin, Juli 2012 - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat heute ein Grundsatzurteil zum Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen gefällt. Es ging um die Frage, ob der Erstkäufer die von ihm erworbene Lizenz übertragen oder weiterveräußern darf. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2011 einen derartigen Fall an den EuGH verwiesen, um die Reichweite des so genannten Erschöpfungsgrundsatzes klären zu lassen.
Dieser besagt vereinfacht, dass eine einmal in Verkehr gebrachte Software-CD ohne Zustimmung des Herstellers weiterverbreitet werden darf. Der EuGH erweitert diesen Grundsatz nunmehr auf Software-Downloads. Zudem stellt er klar, dass der Zweiterwerber auch notwendige Vervielfältigungen bei der Installation und Programmausführung vornehmen darf. Der Verkäufer darf laut EuGH allerdings keine Kopien der Software zurückbehalten oder so genannte Volumenlizenzen aufspalten: Wer beispielsweise 100 Lizenzen für sein Unternehmen gekauft hat, darf also nicht 80 selbst nutzen und 20 weiterverkaufen.
BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder kommentiert das Urteil: "Wir begrüßen, dass der EuGH diese wichtige Grundsatzfrage zum Software-Markt zügig geklärt hat. Die bisherige Rechtsunsicherheit wird damit allmählich beendet. Es bleibt jedoch zu befürchten, dass sich diese Entscheidung auf die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen negativ auswirkt und digitale Geschäftsmodelle in Frage stellt. Bei einem unkontrollierten Weiterverkauf kann aus einer legalen Kopie schnell eine Vielzahl illegaler Kopien werden. Es ist fraglich, ob die ursprünglichen Lizenzbedingungen noch nachvollziehbar sind."
Über das Ergebnis im praktischen Anwendungsfall hat nun der BGH zu befinden, der EuGH hatte nur abstrakte Rechtsfragen zu beurteilen. BITKOM empfiehlt, bis zu dieser abschließenden Entscheidung bei einer Weiterübertragung von Software die gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen gründlich zu prüfen.