Wächst zusammen was zusammengehört?
Berlin, November 2006 - Als Leiter Knowledge Management bei IBM Deutschland GmbH vertritt Dr. Peter Schütt die Spezialisten im Themenfeld Wissens- und Qualifizierungsmanagment. Für die Fachtagung der Qualitätsgemeinschaft Blended Learning formuliert er seine Einsichten in Markt und Möglichkeiten.
Wissensmanagement ist wieder in Mode gekommen. Wie erklären Sie sich das?
Dr. Peter Schütt: In der Frühzeit des Wissensmanagement hat es einige Ansätze gegeben, die sich nur sehr selten erfolgreich umsetzen ließen. Das markanteste Beispiel sind die so genannten Wissensdatenbanken, die entweder ganz leer blieben oder, selbst wenn etwas drin war, kaum genutzt wurden. Das hat den Begriff in Verruf gebracht.
Das aktuell wieder aufflackernde, große Interesse am Wissensmanagement liegt zum einen daran, dass die Politik die Wichtigkeit für den Standort Deutschland und dabei insbesondere auch den Mittelstand erkannt hat und die Diskussion anheizt. Und zum anderen bieten die neuen Möglichkeiten des Social Networkings mithilfe von Internettechnologien eine faire Chance jetzt in einem zweiten Anlauf doch noch umzusetzen, was man sich von Wissensmanagement versprochen hat.
Ist Wissensmanagement für Sie eher ein Technologiethema oder ein Thema der Unternehmenskultur?
Dr. Peter Schütt: Meistens beides. Da es in erster Linie darum geht die Produktivität von Wissensarbeitern zu optimieren und Wissensarbeit sehr oft von effizienter Informationsversorgung abhängt, ist es fast immer ein Technologiethema. Andererseits braucht man auch die Bereitschaft der Mitarbeiter ihr Wissen mit anderen zu teilen. Die wiederum hängt ganz wesentlich von organisatorischen Rahmenfaktoren ab, wie auch der Frage, wonach bezahlt wird, etwa nach Anwesenheit oder nach Zielerreichung?
Das ist ein wichtiger Steuerungsfaktor in Bezug auf Motivation, auch die Motivation zum Wissensaustausch. Die klassische, hierarchisch aufgebaute Organisationsstruktur lähmt hier eher und fördert das "Wissen ist Macht"-Gehabe, während eine gemischte Struktur, die auch offiziell Netzwerke zulässt und fördert, einem freieren Wissensaustausch zuträglicher ist.
Grundsätzlich sind es immer die drei Dimensionen (1) Organisation und Kultur, (2) Prozesse und (3) Informationstechnologie, die die Stellschrauben des Wissensmanagements darstellen und in den meisten Projekten auch immer parallel betrachtet werden sollten.
Wie schätzen Sie die Situation in deutschen Unternehmen und Organisationen hinsichtlich ihrer Strategien im Wissensmanagement ein?
Dr. Peter Schütt: Die große Masse der deutschen Unternehmen wirkt übervorsichtig in der Herangehensweise, was zu einer auffällig langsamen Einführung von Wissensmanagementelementen führt. So bemängeln führende Analysten, dass in Deutschland der Trend zu Social Networking fast verschlafen wird.
Das ist bedenklich, weil wir als Hochlohnland auf eine Spitzenposition in Bezug auf Innovationsleistung angewiesen sind, die neuen Möglichkeiten zu vermehrter Innovationsleistung aber nicht aktiv genug nutzen.
Die zwei Themen "Wissensmanagement" und "Qualifizierung" werden nach wie vor meist getrennt diskutiert. Macht das Sinn?
Dr. Peter Schütt: Ein klares "jein". Qualifizierung ist ein wichtiger Baustein im Wissensmanagement, ist in sich aber auch als geschlossenes Thema zu verstehen.
Wie können die Technologien für Wissens- und Qualifizierungsmanagement sinnvoll verbunden werden?
Dr. Peter Schütt: Qualifizierungsmanagement, sowohl in der Form des Skills Management als auch mit seinem tiefen Bezug zum Lernmanagement sollte in Zukunft weniger als eigenständiges System verstanden und implementiert werden, sondern den Arbeitsalltag "subversiv" begleiten.
Hierzu bieten die neuen Werkzeuge, die man unter dem Schlagwort Web 2.0 zusammenfasst, zahlreiche neue Möglichkeiten. So zeigt ein Mitarbeiter, der Texte, Bilder, usw. mit Schlüsselworten ("Tags") versieht in der Summe der "Tags" etwas über seine Wissensschwerpunkte. Da kann das Qualifizierungsmanagement dann ansetzen. Genau hier rücken Qualifizierungs- und Wissensmanagement sehr eng zusammen.
Welches sind für Sie die Trends im Wissensmanagement für die nächsten Jahre?
Dr. Peter Schütt: Das ist im Moment, in dem wir noch am Anfang der zweiten Welle des Wissensmanagements mit den neuen Möglichkeiten des Social Networkings, bzw. Web 2.0, stehen, schwer zu orakeln. Ich glaube, dass Unternehmen und Unternehmensverbünde die vielen Möglichkeiten des Social Networkings, das im privaten Umfeld gestartet war und dort ausgesprochen erfolgreich ist, nun sukzessive adaptieren werden.
Das wird das Wissensmanagement der nächsten fünf Jahre dominieren. Parallel werden wir erleben, dass der Mittelstand, auch mit Unterstützung seiner Verbände, das Thema aufgreifen wird.
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