Kopf in der Schachtel ???
St. Gallen, Februar 2007 - (von Ruedy Baarfuss) Die LEARNTEC 2007 ist gerade zu Ende gegangen. Der Branchenevent, über den in den letzten Jahren immer wieder eifrig und kontrovers diskutiert wurde, und der mit der jetzigen Übersiedlung in die dm-Arena der Neuen Messe Karlsruhe in seiner letzten Stufe des Relaunch angekommen scheint. Wir waren - wie auch die vergangenen drei Jahre - als Aussteller mit dabei.
Zunächst ins Auge fallend war natürlich die neue Location, die tatsächlich, was die Annehmlichkeiten im logistischen Bereich und auch die Optik betrifft, einen Quantensprung nach vorne brachte. Die neue Halle ist luftig und hell und bietet allen Komfort, den man als Aussteller gerne hat. Zu vernachlässigen ist hier aus meiner Sicht, dass sie nicht mehr so gut zu erreichen ist wie das gute alte Kongresszentrum, zumal die Besucher - zumindest nach meiner Einschätzung - so zahlreich wie im letzten Jahr erschienen sind.
Überhaupt, die Besucher: Sie sind der grosse Lichtblick der Messe und lassen auf die Zukunft hoffen. Wohltuend ist, dass sie fast ausschliesslich mit konkreten Fragestellungen auf uns zukamen. Und das bedeutet wesentlich intensivere und zielgenauere Gespräche. Der herkömmliche Besucher, der sich "nur mal umsehen" möchte, ist kaum noch anzutreffen. Ein Trend, der sich aus meiner Sicht seit dem letzten Jahr noch verstärkt hat.
Lassen Sie mich aber noch einmal auf die Optik zurückkommen: Schon im Vorfeld der Messe habe ich mich über das Ankündigungsplakat geärgert. Der Slogan "Wie Sie mit Bildung Perspektive schaffen" ist ja zutreffend für die LEARNTEC. Was aber um Gottes Willen hat das zu tun mit einem Menschen im braunen Anzug, der seinen Kopf in eine Schachtel steckt, die dann auch noch mit einem Smiley geziert ist? Soll das provozieren oder zum Gespräch anregen? Wer kann nur auf eine so völlig absurde Idee kommen? Das ist mir auf der einen Seite viel zu platt, auf der anderen zu kryptisch.
Und auf der Messe musste ich diesem Menschen dann auch noch leibhaftig begegnen. Er lief täglich mindestens fünf Mal an unserem Stand vorbei. Dass er die Besucher mit seinem Auftritt zum Nachdenken gebracht hätte konnte ich dabei nicht beobachten; und dass jemand die Schachtel einmal gelüftet hätte um die neuen Perspektiven freizusetzen, die ja zweifellos im Kopf darunter geschaffen werden müssten, ist mir auch nicht aufgefallen.
Der Einzige, der den armen Menschen angesprochen hat, war vermutlich ich. Für alle die es interessiert: er ist Student des Maschinenbaus im sechsten Semester. Noch nicht einmal er konnte mir den Sinn seines Auftrittes erklären! Was soll also dieser Unfug?
Das Bild des Kopfes in der Schachtel hat dann bei mir allerdings doch noch Assoziationen geweckt, wenn auch wohl nicht im intendierten Zusammenhang: Beim Gang über die Messe, an den übrigens dieses Jahr gut besuchten Themenforen vorbei, ist mir ein Vortragender aufgefallen der die Frage "Warum eLearning?" tatsächlich zu seinem Thema gemacht hat. Ist das noch eine Frage, die sich die Branche im Jahr 2007 stellen sollte? Resultiert das nicht aus einer Sicht der Dinge, die sich vorwiegend mit der Innenschau beschäftigt und dabei den Kunden völlig vergisst?
Wir jedenfalls müssen uns beim Kunden Gott sei Dank nicht mehr mit diesen Begründungen abgeben. Sie sind aus meiner Sicht mittlerweile längst angekommen. Die Branche aber beschäftigt sich damit und musste in der "Personalführung" vom Februar sogar noch lesen, dass eLearning tot sei. (Wer immer noch meint, eLearning sei ein bisschen WBT vermischt mit Wiki und ein wenig Didaktik kennt sich einfach nicht genügend aus!)
Woran liegt diese Verunsicherung? Aus meiner Sicht hat sie viel zu tun mit der oben bereits erwähnten Innenschau, mit einem "Schmoren im eigenen Saft". Die Branche sollte heute doch dazu in der Lage sein, den Kopf aus der Schachtel zu heben und sich selbstbewusst dem Kunden zu stellen. Die Zeit ist mehr als reif dafür.
Ruedy Baarfuss
Mitglied der Unternehmensleitung und Leiter eManagement Learning
Malik Management Zentrum St.Gallen
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