Interview mit Lutz Hunger, Vorstand der TEIA AG
Berlin/München, Mai 2007 - Seit Jahresbeginn hat die TEIA AG - Internet Akademie und Lehrbuch Verlag - ihre Kurse kostenlos online gestellt. CHECK.point eLearning hat Lutz Hunger, Vorstand der TEIA AG zu seinem Geschäftsmodell befragt. Was zeigen die ersten Erfahrungen? Was bringt die Zukunft?
Was hat zu der Entscheidung geführt, die eLearning-Kurse gratis anzubieten?
Am Anfang wurden nur drei Kurse zum Thema AJAX, JavaScript und XML und zwei Kurse zu MS Office kostenlos angeboten, um zu sehen, was da passiert. Es kam zu einem Run auf die Internetseite, was auch zu einer verstärkten Nachfrage bei anderen Verlagsprodukten geführt hat. Vielleicht, vielleicht ist dies ja ein erfolgreiches Modell.... dachten wir.
Als nächsten Schritt wurde eine Bildungsflatrate von 4,95 Euro im Monat eingeführt. Um damit Geld verdienen zu können, benötigten wir mindestens 1.000 Abonnenten, aber es waren nur ca. 100 Abonnenten.
Somit entschlossen wir uns im Januar 2007 alle Kurse kostenlos anzubieten. Und bereits im ersten Monat konnten wir mit Google Anzeigen (AdSense) über 1.000 € einnehmen. Daraufhin wurden die werbefreien Abonnements gekündigt.
Wie sieht Ihr derzeitiges Geschäftsmodell aus?
Einerseits werden durch die Anzeigen auf den Weiterbildungsseiten der Internet Akademie Einnahmen erwirtschaftet. Hier haben sich bislang Google-Anzeigen als am erfolgreichsten erwiesen. Andererseits konnten die Einnahmen bei Büchern und werbefreien eBooks von früher 15.000 €/Monat um 30 % gesteigert werden. Der Bekanntheitsgrad ist gestiegen und auch die Zahl der Direktkäufer, die online und nicht über den Buchhandel einkaufen. Dadurch hat sich die Gewinnmarge vergrößert.
Eine weitere Einnahmequelle sind kostenpflichtige Präsenz- und Onlineprüfungen. Zurzeit werden monatlich 40 Prüfungen abgelegt, Ziel sind ca. 100 Prüfungen im Monat.
Viele eLearning Kurse sind nach ca. 2-3 Jahren veraltet, insbesondere IT-Kurse müssen regelmäßig aktualisiert werden. Das ist mit Kosten verbunden. Wie reagiert Ihr Geschäftsmodell darauf?
Gerade werden beispielsweise die Office-Kurse aktualisiert. Bis Ende Mai werden die Basiskurse zu MS Excel, MS Access und MS PowerPoint 2007 kostenlos im Internet zur Verfügung stehen. Im April wurden die Online-Kurse Projektmanagement und Finanzmanagement aktualisiert. Den Projektmanagement-Kurs riefen am ersten Tag der Onlinestellung mehr als 4.000 Besucher auf.
Die Kurse werden von den Autoren aktualisiert; diese erhalten dafür 10 % vom Umsatz der Begleitprodukte. Welcher Kurs aktualisiert wird, entscheiden wir intern. Wichtig ist hierbei, dass besonders erfolgreiche Kurse wie Grundlagen im Rechnungswesen, Personalmanagement, Projektmanagement und Anwendungen wie MS Office regelmäßig aktualisiert werden.
Wie beispielsweise die Einführung von Studiengebühren zeigt, geht der Trend in Richtung: gute Bildung muss etwas kosten. Leisten Sie mit Ihren Kursen nicht der Meinung "Wissen ist kostenlos" Vorschub?
Kostenlos ist die Weiterbildung bei uns ja auch nicht, aber man weiß durch die kostenlosen Kurse jetzt, wofür man bei den Büchern, Lernprogrammen und Wissensbasen zahlt.
Gerade wird eine Umfrage zum Thema kostenpflichtige, tutorielle Kurse durchgeführt und die Resonanz ist: etwa 50% wollen solche Kurse und 50 % lehnen diese ab. TEIA plant von Tutoren begleitete Kurse anzubieten, wobei TEIA hierbei nur als Kontaktgeber fungiert, die Verträge werden zwischen Tutoren und Kursteilnehmern abgeschlossen. Im Gegenzug werden die Kurse von den Tutoren aktualisiert.
Wie sehen Sie die Branchenentwicklung in den nächsten Jahren?
Positiv. Immer mehr Verlage werden Inhalte kostenlos ins Netz stellen, vor allem auch Verlage, die sich mit Technikthemen beschäftigen wie beispielsweise Galileo. Voraussetzung hierfür sind Verträge mit Autoren, die dies von vornherein erlauben.
.... und wie sieht die Zukunft bei klassischen eLearning Anbietern aus?
Schlecht... Zurzeit ist der Umsatz mit den Lernprogrammen geringer als der mit den Lehrbüchern.
Die meisten Besucher der kostenlosen Kurse sind Mitarbeiter von Unternehmen, die während ihrer Arbeitszeit Kurse absolvieren. So haben beispielsweise gestern 30 Mitarbeiter von BMW jeweils ca. 30 Seiten durchgearbeitet. Sicherlich sind auch Unternehmen Kunden, aber es geht vor allem um den einzelnen Mitarbeiter, der sich weiterbilden möchte.
Wo sehen Sie sich selbst in etwa drei Jahren?
Schwer zu sagen. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir ca. 50 % unseres Umsatzes mit Werbung machen werden und 50 % mit den Verlagsprodukten. Neben Google-Anzeigen (sog. Google AdSense ) sind zukünftig auch zu bezahlende Links im Footer auf allen Weiterbildungsseiten geplant, wodurch man sich einen höheren Page Rank bei Google einkauft. Sicherlich wird es neben dem derzeitigen Hauptwerbepartner Google noch weitere Werbepartner geben.
Was die Anzahl der Besucher auf unseren Seiten am Tag betrifft, so rechnen wir zukünftig mit 20.000 - 30.000 Besuchern am Tag.
2024 neigt sich dem Ende zu und damit starten die Vorbereitungen für das nächste Jahr. Welche Trends werden in 2025 die L&D Branche prägen? Was sind die größten Herausforderungen für Personalentwickler:innen und wie können sie ihnen begegnen? Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit!