Medizin

"Spielend Gesund" - Serious Games im Health Bereich

Hamburg, Mai 2008 - Gamer sind dick, faul, ungesellig und leben ungesund - so lautet die landläufige Meinung. Bruno Kollhorst, Fachreferent für Marketing und Vertrieb bei der Techniker Krankenkasse erläutert CHECK.point eLearning warum sich ausgerechnet ein Unternehmen aus dem Gesundheitswesen für die Themen Gaming und eSport interessiert.




Es ist eindeutig erkennbar, dass auf dem Computerspiele-Markt gerade buchstäblich viel Bewegung ist. Statt Hardcore Gaming heißt der neue Trend Casual Games - Spiele für Jedermann. Die breitere Zielgruppe und neue Technologien führen zu neuen Produkten, die sich auch dem Thema Gesundheit widmen.

Man unterscheidet zwischen "Games to health" (z.B. 'Magic Castle', Universität Zürich), die zu Therapiezwecken eingesetzt werden, "Games to change" (z.B. 'Mein Vital Coach', Ubisoft), die zu einem gesünderen Lebensstil motivieren wollen sowie das so genannte "Exergaming", eine Mischung aus Games und Training (exercise), das Bewegung in das Spielen bringt (z.B. Wii Fit, Nintendo).

Techniker Krankenkasse - Vorreiter bei Serious Games


Die Techniker Krankenkasse (TK) setzte schon früh auf Computerspiele und Online-Angebote, die zu einem gesünderen Lebensstil motivieren: Bereits Anfang der 90er unterstützte das TK-Groovygotchi Studierende dabei, mit der richtigen Balance aus Sport, Freizeit, Ernährung und Lernen, ihren Alltag gesünder zu gestalten. Ein echtes Serious Game war dies nicht, aber ein erster Schritt in diese Richtung.

Die hauseigene Veranstaltung 'Games meets health' sowie Beteiligungen an der 'Serious Games Conference'
und der 'Games convention' nutzt die TK, um mit den Herstellern über eine potenzielle Zusammenarbeit ins Gespräch zu kommen.

Die Resonanz seitens der Industrie, der Spielenden selbst, von Eltern und Lehrern und sogar von den Medien ist durchweg positiv. Auch die Wissenschaft signalisiert inzwischen Bereitschaft, auch in Deutschland fundierte Studien durchzuführen.

Spielerisch Heilung unterstützen


Erste Erfolge sind bereits erkennbar. Die Universität Frankfurt therapiert seit einiger Zeit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom, auch bekannt als Zappelphillip- Syndrom) erkrankte Kinder per Neurofeedback.

An der Universität Zürich wurde das Game 'Magic Castle' entwickelt, das als psychotherapeutisches Computerspiel für die kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung von acht- bis zwölfjährigen Kindern eingesetzt werden kann.

In den USA testete die renommierte Mayo-Klinik den Einsatz von interaktiven Videospielen bei übergewichtigen Kindern. In den Staaten wurde auch nachgewiesen, dass das Spiel 'Re-Mission' (Hope Lab) den Therapieverlauf bei krebskranken Kindern positiv beeinflusst.

In Australien hilft 'Glucoboy', ein Modul für den Nintendo DS, mit Spielen und integrierter Blutzuckermessung den Kindern dabei, regelmäßig ihre Werte zu messen und zu dokumentieren.

Diese Liste wissenschaftlicher Anwendungen von Computerspielen ließe sich noch lange weiter fortführen. Aber auch für die Hersteller bleibt noch einiges zu tun: Bisher erschienene Serious Games im Therapiebereich glänzen zwar durch Effizienz, sind aber wenig auf Gameplay und Spaß ausgerichtet. Umgekehrt bieten viele Spiele zwar einen hohen Spaßfaktor, haben aber keinen therapeutischen Nutzen.

Nur wenige Ausnahmen wie "Re-Mission" setzen auf eine sinnvolle Kombination von Spaß und Effizienz. Wirtschaftlich erfolgreiche Produkte, die beiden Ansprüchen genügen, lassen sich nur dann einsetzen, wenn mehr große Publisher und Entwickler verkaufbare und wirksame AAA-Spiele in diesem Sektor für bestehende Plattformen produzieren und diese gemeinsam mit dem Gesundheitswesen evaluieren.

Bewegungsspiele auf dem Vormarsch


Nintendo ist hier im Bereich "Exergaming" bereits auf dem Weg, hat aber laut eigener Aussage nicht den Gesundheitsmarkt im Focus. Der digitale Sport mit Wii oder mit Eyetoy macht in erster Linie Spaß und fordert Konzentration - die schweißtreibende Anstrengung tritt dabei eher in den Hintergrund. Aber die Spiele können motivieren und helfen, den Spaß an der Bewegung wieder zu entdecken.

Positiver Nebeneffekt: Stellt sich heraus, dass solche Games sich auf dem Markt verkaufen, sind die Publisher auch bereit, Budgets für die Entwicklung und Lokalisierung in die Hand zu nehmen, ein Part der auf der wissenschaftlichen Seite oft zu kurz kommt.

Um Produkte zu entwickeln, die wirtschaftlich erfolgreich und medizinisch sinnvoll sind, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen und gemeinsam neue Pfade beschreiten. Die Techniker Krankenkasse wird sich hier auch weiterhin einbringen.