Wissensmanagement ist Innovationstreiber
Ratingen, Juni 2008 - "Wissensmanagement ist einem grundlegenden Wandel unterworfen", prophezeit ein Positionspapier des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V (BITKOM). Über die Ergebnisse des Trendreports "Wichtige Trends im Wissensmanagement 2007 bis 2011" sprach CHECK.point eLearning mit Dr. Mathias Weber, Bereichsleiter für den Kompetenzbereich IT Services im BITKOM.
Auf welche wichtigen Trends müssen sich Unternehmen in Bezug auf das Wissensmanagement der nächsten Jahre einrichten?
Dr. Mathias Weber: Vom BITKOM moderierte Expertengruppen haben vor dem Kongress KnowTech 2006 wesentliche Entwicklungen im Wissensmanagement analysiert und in Form eines Trendreports veröffentlicht, der dann vor der KnowTech 2007 um neueste Entwicklungen ergänzt wurde. Die beiden Dokumente haben ihre Aktualität nicht verloren - ungeachtet der hohen Dynamik in diesem Bereich.
Zwei Trends will ich an dieser Stelle nur erwähnen. Erstens zeichnen sich die Konturen einer zweiten Generation von Wissensmanagement-Systemen ab. Und zweitens wird Wissensmanagement wieder verstärkt als unternehmensstrategische Aufgabe verstanden.
Auf einen dritten Trend will ich etwas eingehen: Das gegenwärtige Verständnis von Wissensmanagement rückt den Wissensarbeitsplatz und seinen unmittelbaren Praxisbezug in den Vordergrund. Ein integriertes und an den Wertschöpfungsprozessen ausgerichtetes Wissensmanagement gewinnt an Bedeutung. Simples Management einzelner Wissensbausteine ist nicht mehr zeitgemäß. Gefordert wird vielmehr ganzheitliches Management von Wissensarbeit (Wissensarbeits-Management).
Der Trend geht weg von indirekter Informationsversorgung und hierarchischem Dialog über Führungsstrukturen hin zur unmittelbaren Bereitstellung von am Arbeitsplatz notwendiger Information sowie asynchroner Kollaboration. Wissensmanagement wird zunehmend daran gemessen, wie es einen nachweisbaren Beitrag zur Erhöhung von Effizienz und Effektivität der Geschäftsprozesse leistet.
Daher werden auf dem technologischen Fundament von integrierenden IT-Systemen zunehmend prozessorientierte Lösungen entstehen, die die Erfordernisse aus dem Wissensmanagement berücksichtigen. Wissensmanagement wird praktisch von einem Anhängsel zu einem Bestandteil der Business-Prozesse.
Viele Unternehmen arbeiten daran, Informations-, Prozess-, Kompetenz- und Wissensmanagement so zusammenzuführen, dass die bisherigen, fragmentierten Vorgehensweisen überwunden werden und eine erhöhte Wertschöpfung im gesamten Unternehmen entsteht.
Sind diese Trends auch für KMU umsetzbar?
Dr. Mathias Weber: Die Trends im Wissensmanagement gelten für Unternehmen und Organisationen aller Größenklassen gleichermaßen. Sicher können kleine und mittelständische Unternehmen nicht das breite Spektrum von Kompetenzen in den Bereichen Strategieentwicklung, Changemanagement, Personalentwicklung, Prozessmanagement sowie Informations- und Kommunikationstechnologien vorhalten, das für integriertes Wissensmanagement erforderlich ist. Sie werden dazu eher den Rat externer Berater in Anspruch nehmen.
Einer der wesentlichen Trends heißt Transformation zum "Unternehmen 2.0". Was ist der Unterschied zwischen herkömmlichem Wissensmanagement und dem der Generation 2.0?
Dr. Mathias Weber: Die technologische Basis für Wissensmanagement entwickelt sich außerordentlich schnell. Die ersten Wissensmanagement-Systeme waren Lösungen für einzelne Aufgaben des Wissensmanagements auf der Grundlage proprietärer Hersteller-Technologien. In der Praxis gewinnen Lösungen auf der Basis offener Technologien an Bedeutung, die sich leicht integrieren lassen. Bedeutende Impulse brachten Web 2.0-Technologien wie Weblogs und Wikis, Social Networks, Tagging und Folksonomies.
Die früheren Ansätze des Wissensmanagements versuchten häufig, Mitarbeiter dazu zu bewegen, ihr Wissen in "Wissensdatenbanken" zu dokumentieren. Das funktionierte aus vielen Gründen oft nicht - fehlende Zeit und mangelnde Motivation spielten die größte Rolle. Neue Möglichkeiten, zeitraubende Tätigkeiten weitgehend zu automatisieren, sowie moderne Social-Networking-Werkzeuge können hier einen radikalen Wandel bewirken.
Warum sieht BITKOM im Wissensmanagement einen so wichtigen Innovationstreiber?
Dr. Mathias Weber: Das persönliches Wissen der Mitarbeiter und auch das organisationale Wissen bilden für die Mehrheit der deutschen Unternehmen die Grundlage für Innovationen. Diesen Schatz gilt es zu bewahren und für andere Mitarbeiter im Unternehmen zugänglich zu machen - das ist das Ziel des Wissensmanagements.
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Für neue Produkte und Dienstleistungen muss neues Wissen im Unternehmen entwickelt und das Wissen aus dem gesamten Umfeld - Resultate von Forschung und Entwicklung global, Wissen der Partnerunternehmen sowie Wissen aus der Kommunikation mit Kunden - verfügbar gemacht werden. Unternehmen, die diese Prozesse systematisch gestalten und in der Unternehmensstrategie verankert haben, schaffen sich einen klaren und nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
Auf dem Kongress "KnowTech 2008" wird es ein spezielles Forum "Innovationspotenziale entdecken und nutzen" geben. Und im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat sich eine Initiative "Innovationsstrategien und Wissensmanagement" gebildet. Das alles sind Zeichen, dass der Zusammenhang zwischen dem Wissensmanagement in den Unternehmen und ihrer Innovationsleistung immer besser verstanden wird.
Welche Impulse werden serviceorientierte Architekturen (SOA) der Wissensarbeit geben?
Dr. Mathias Weber: Auf der Basis von SOA werden zukünftige Informationssysteme eine flexible vorgangs- und aufgabenorientierte Wissensarbeit unterstützen. Diese wird die bisherige Orientierung an Dokumenten und Tools schrittweise verdrängen. Zukünftig werden sich Vorgänge leicht mit Dokumenten, Personen, Terminen etc. verknüpfen lassen. Die Verknüpfungen bilden eine neue Kontextebene über den Vorgängen und lassen sich bei Wiederholungen zu Prozessbeschreibungen als Basis für eine "Nachnutzung" verdichten. So kann eine neue, viel versprechende Arbeitsform für Wissensarbeit entstehen.
Für einzelne Aufgaben werden dedizierte und in serviceorientierte Architekturen eingebettete Services genutzt. Während Wissensarbeiter zurzeit die Integration zwischen verschiedenen Applikationen noch im Kopf leisten müssen, können sie sich die neuen Tools in Form von Mashups nach ihren Bedürfnissen zusammenstellen und somit stärker prozessorientiert arbeiten.
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