Praktische Anwendung

Implementierung von Learning Content Management Systemen

Berlin, Oktober 2008 - Der Erfolg der Einführung von Lerntechnologie hängt zu großen Teilen von der Qualität der Implementierung ab. Gerade der Business Case für die Anschaffung eines LCMS ist häufig von wirtschaftlichen Erwägungen hinsichtlich Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung geprägt. Allerdings: Nur wenn bei der Implementierung die richtigen Entscheidungen getroffen werden, können die hohen Erwartungen an Effizienzgewinn und Rentabilität der Lösung erfüllt werden. Guido Frenzel von der OutStart GmbH erläutert, worauf es dabei ankommt.




Schritt für Schritt voran gehen


Unternehmen die ein LCMS implementieren, haben in der Regel eine bewusste Entscheidung getroffen, Lerninhalte nicht länger als spontan erstellte projektbezogene Wegwerfprodukte zu sehen, sondern zunehmend als strategische Ressourcen zu begreifen. Das heißt oft, dass die gesamte Organisation ihre Einstellung zu Wert und Wesen von elektronischen Lerninhalten verändern muss. Dies geschieht erfahrungsgemäß nicht von heute auf morgen. Der Prozess wird von daher am besten in definierten Schritten vorangetrieben.


Die Beratungsgesellschaft Bersin & Associates, hat dafür ein brauchbares Stufenmodell entwickelt, das die Einführung von e-Learning in einer Organisation als einen über fünf definierte Niveaus zunehmender Reife führenden Prozess beschreibt - vom sporadischen Projekt bezogenen Einsatz von eLearning bis hin zur Nutzung von eLearning als stategischer Form des Transfers von personalisiertem und bedarfsorientiertem Unternehmenswissen an individuelle Mitarbeiter.


Der erste Schritt bei der Einführung eines LCMS ist von daher eine ehrliche Analyse des bisher erreichten Niveaus. Von daher erschließen sich die operativen Ziele sowie die Strategien auf denen eine Implementierung aufbaut.

Auf Skalierbarkeit achten


Jedes Unternehmen kann ungeachtet der auf diesem Gebiet bereits erreichten Fortschritte von den Vorteilen eines LCMS profitieren. Dazu gehört die Fähigkeit zu effizienten Übersetzungsprozessen, zur flexiblen Erarbeitung von Inhalten, zu ihrer schnelleren Vermittlung am Markt, zu einer größeren Zufriedenheit und Loyalität der Kunden, einem höheren Umsatz, Qualitätsverbesserungen, einer besseren Nutzung der Lernressourcen sowie einer schnelleren Einarbeitung neu eingestellter Arbeitskräfte.


Aufgrund der weit reichenden Auswirkungen, die ein voll implementiertes LCMS auf die Leistungsfähigkeit des Gesamtunternehmens haben kann, ist es klug, von Anfang an strategisch zu denken. Schließlich kann schon die Einführung eines LCMS in einer einzelnen Abteilung zum Kristallisationskern für die Implementierung einer unternehmensweiten Learning Content Management-Lösung werden, wenn dabei dem Thema Skalierbarkeit rechtzeitig die nötige Aufmerksamkeit zuteil wurde.

1. Standards im Voraus definieren


In größeren Unternehmen arbeiten viele Personen an der Entwicklung von Lerninhalten. Sie alle verfügen über ihre eigenen Gatekeeper, Dateiserver, Quellen und Indextaxonomien. Stellen Sie sich eine Fluggesellschaft mit einem dezentralisierten technischen Flug-, Kundendienst- und Pilotentraining vor. Die verschiedenen Gruppen nutzen wahrscheinlich unterschiedliche Technologien, Anwendungen zur Texterstellung, Standards und Vorgehensweisen bei der Entwicklung von Lerninhalten.

Einer der wichtigsten Aspekte bei der LCMS Implementierung ist also die Definition von Standards, die Konsistenz und Klarheit in die Entwicklung von Inhalten bringen. Standards sollten alle wesentlichen visuellen und interaktiven Aspekte der zu entwickelnden Lerninhalte abdecken und idealer Weise in Form von Formatvorlagen im LCMS abgelegt werden. Darüber hinaus sollten Standards für Workflows, Qualitätssicherungszyklen und im fortgeschrittensten Fall didaktische Modelle erarbeitet und im System abgebildet werden, falls das gewählte LCMS dieses erlaubt.


Standards werden von den Nutzern allerdings nur dann akzeptiert werden, wenn diese auch den Anforderungen der Autoren und Inhaltsproduzenten im Unternehmen gerecht werden. Deshalb ist die Erfassung der Vielzahl von Anforderungen unterschiedlicher Nutzergruppen für eine nachhaltige und erfolgreiche Implementierung unbedingt erforderlich.

Das Definieren universeller Standards für das Erarbeiten, Speichern und Verteilen von Inhalten ist eine Investition, die sich im Laufe der Zeit garantiert bezahlt macht. Stellen Sie sich vor, alle bereits erstellten Lerninhalte ihres Unternehmens sind in einem einheitlichen Format in einem kompatiblen Design verfügbar und Sie können zur Erstellung neuer Inhalte beliebig darauf zugreifen, ganze Module, einzelne Seiten, Testfragen, Grafiken oder Texte zu Neuem kombinieren oder schnell für eine neue Zielgruppe anpassen.

2. Entwerfen der Taxonomie


Die Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass Sie das, was Sie suchen, schnell und effizient wieder finden. Bevor Sie beginnen können, neue Inhalte zu erstellen oder Bestandsinhalte zu importieren, muss deshalb zunächst einmal die Gesamtheit der bestehenden und zu entwickelnden Lerninhalte in eine überschaubare und logische Ordnung gebracht werden.


Bei dieser Taxonomie der Inhalte geht es allem voran darum, Contentbausteine möglichst schnell und intuitiv wieder aufzufinden. Benennungskonventionen, Metadaten, Arbeitsabläufe, Zugriffsrechte und andere Aspekte müssen dabei ebenfalls berücksichtigt werden. Die erstellte Taxonomie sollte vom Standpunkt des Managements der Lerninhalte schlüssig sein und eine größtmögliche Wiederverwendbarkeit der Inhalte erlauben.

Es kommt dabei allerdings eher darauf an, eine einheitliche Systematik zu vereinbaren, als jeden erdenklichen Inhalt in aller Tiefe zu strukturieren damit diese Aufgabe nicht zu einem Fass ohne Boden wird.

3. Festlegen von Kontrollmechanismen zur Sicherung des langfristigen Erfolgs


Neben dem Definieren von Standards und Taxonomien müssen allerdings auch Mechanismen entwickelt werden, mit denen die längerfristige Einhaltung der Standards die konsistente, korrekte Anwendung der Arbeitsabläufe aber auch die regelmäßige Anpassung der Standards an veränderte Rahmenbedingungen sichergestellt wird. Dieser Prozess kann nicht Funktion oder Aufgabe eines Einzelnen sein.


Es handelt sich vielmehr um eine unternehmensweite Aufgabe, die darauf angelegt sein muss, kollektive Verantwortung zu fördern. Die Einsetzung von Komitees hat sich in diesem Zusammenhang bewährt. Eine gute Kontrolle ist der Schlüssel zu kontinuierlichen Verbesserungen. Nach seiner Einführung kann das LCMS selbst eine effektive Rolle bei der Sicherung von Standards und Kontrollverfahren spielen.

4. Änderungsmanagement


Wie bei jeder Einführung eines IT-Systems kommt es auch bei der Einführung eines LCMS darauf an, Synergien zwischen der Technologie, dem "Prozessumfeld" und den Mitarbeitern, die mit dem System arbeiten zu erreichen. Die Einführung eines LCMS ist für die Autoren, Fachexperten und andere, für Lerninhalte Verantwortliche immer mit gewissen Veränderungen verbunden. Ein vernünftiges Änderungsmanagements ist daher notwendig, um Akzeptanz zu schaffen - besonders da bei einer unternehmensweiten Implementierung zwangsläufig Autoritäten beschnitten und Verantwortlichkeiten umverteilt werden.


Die Vorteile des LCMS hingegen werden für manche Nutzer erst im Laufe der Zeit erfahrbar. Forschungen belegen, dass der Business Value eines LCMS mit der Dauer seines Betriebs zunehmend klarer zu Tage tritt (wenn die Methodologien und Taxonomien verfeinert und eine kritische Masse von Inhalten erstellt worden sind).