Große Herausforderungen

Der Vertrieb braucht heute auch soziale Kompetenzen

Eltville, Juni 2011 - (von Prem Lata Gupta) Die Finanz- und Wirtschaftskrise, misstrauische und zugleich gut informierte Endverbraucher, die demografische Entwicklung, zu der manche Produkte einfach nicht mehr passen - der Vertrieb im Finanzwesen hat mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. "Es reicht heute nicht mehr alleine, über die Fachlichkeit Produkte und Policen verkaufen zu wollen", sagt Harry Holzhäuser Gesellschafter Geschäftsführer der inhabergeführten Managementberatungsunternehmung SMARTcompagnie GmbH.




Er und sein Partner Jürgen Schwarz beraten mit ihrem Unternehmen in erster Linie Banken und Versicherungen in Fragen des Vertriebs- und Produktmanagements. Dazu haben sie u.a. auch webbasierte Tools und ein eLearning-Konzept entwickelt, dass auch auf notwendige Management- und soziale Kompetenzen der Berater abzielt.


Hat es der Vertrieb heute schwerer als früher?

Harry Holzhäuser: In unserer Branche bestimmt. Wir befinden uns, wie ich meine in einem radikalen Umbruch. Das hat mit regulatorischen Maßnahmen zu tun, die in immer kürzeren Zyklen greifen. Die auch weitergehen als vielleicht vor zehn, 15 Jahren. Das hat mit dem Druck von außen zu tun, mit dem Wunsch nach mehr Transparenz und Eigeninitiative auf Kundenseite.


Da stellt sich die Frage: Kann ich das? Kann ich damit umgehen? Auf Anbieterseite muss man sich auch überlegen: Passen unsere Produkte überhaupt noch zur demografischen Entwicklung und dem Kundenbedarf? Welchen Einfluss hat Social Media auf das Kundenverhalten in der Finanzdienstleistung?

Was bedeutet das für das Vertriebstraining?


Harry Holzhäuser: Offenheit halte ich in diesem Zusammenhang für wichtig, dass man sich als Berater in seinen Kenntnissen und Fähigkeiten regelmäßig prüft. Dabei finde ich es wichtig, sich neben der Fachlichkeit auch weitere Kompetenzen zu erschließen. Niemand kann sich mehr wegducken nach dem Motto: "Dieser Kelch soll an mir vorübergehen."


Wer heute ein Vermittlerbüro führt, braucht unternehmerische Qualitäten, eine Strategie, eine Vision. Er sollte betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben und wissen, dass nicht der Umsatz, sondern der Ertrag zählt. Noch immer steht - leider - das fachliche Wissen alleine in der Weiterbildung im Vordergrund. Dabei geht es längst auch um soziale Kompetenzen. Es ist heute nur der gut im Vertrieb, der den Kunden und seine Bedürfnisse versteht.

Sie haben einen Online-Kompetenzcheck Vertrieb entwickelt und umgesetzt: Was wird denn da neben Fachkenntnissen außerdem abgefragt?

Harry Holzhäuser: "Informieren Sie Ihre Kunden in Bezug auf rechtliche oder wirtschaftliche Veränderungen?" oder "Können Sie sachlich mit Kundeneinwänden und -Beschwerden umgehen?" Dieses Tool wird gerade von einer Bank getestet. Aber wir wollen unseren Kompetenz-Check Vertrieb in Zusammenarbeit mit einem Fachmagazin bundesweit jedem Vermittler noch in diesem Jahr zugänglich machen. Er erhält wichtige Informationen darüber, wo vielleicht Defizite in seinen notwenigen Kompetenzen vorhanden sind, welche Schwächen, aber auch welche Stärken er offensichtlich hat. In einem zweiten Schritt kann sich der Vermittler gezielt passende Weiterbildungsangebote wahrnehmen.

Wer als Produktanbieter auf solch ein Tool setzt, erfährt sehr viel über den Qualifizierungsbedarf seiner Berater / Vermittler und kann entsprechende Maßnahmen aufsetzen oder entsprechende Angebote machen. Mit dem Kompetenz-Check Vertrieb unterstützt der Anbieter seine Vermittler in den unternehmerischen Fähigkeiten.

Das hört sich logisch an...

Harry Holzhäuser: ist es auch. Aber dieser Ansatz ist immer noch recht neu. Es bedeutet viel Arbeit, seine Kunden davon zu überzeugen, was eine solch breit angelegte Analyse und daraus resultierende Trainingsmaßnahmen alles bewirken können.

Nicht nur um Fach-, sondern auch um Vertriebs-, Management- und Sozialkompetenzen geht es auch in spezialisierten eLearning-Konzept für Vertriebs-mitarbeiter von Banken. Was ist sonst noch besonders daran?

Harry Holzhäuser: Wir haben uns für Online-Simulationen entschieden, zehn sehr typische Situationen, in denen Teilnehmer nicht nur in der Sache fit sein sollten. Es ging um Verhalten, auch um die Fähigkeit Menschen einzuschätzen. Dazu kamen Steuer- und Rechtsfragen. Dargestellt wurde das ganze als Foto-Story, sehr interaktiv. Die Beteiligung war freiwillig und die Resonanz war sehr gut bei den Mitarbeitern. Im Grunde wollte der Kunde in diesem Fall nachprüfen, ob vorangegangene Schulungsmaßnahmen zu neuen Produkten auch wirklich gefruchtet haben.

Und das Ergebnis?

Harry Holzhäuser: Das war gemischt. Einzelauswertungen waren nicht gestattet. Aber es gab Ergebnisse auf Standorte bezogen, auch die Streuung wurde dabei festgestellt. Das ist schon eine ziemlich gute Information für die Unternehmensleitung. Was der Vorteil bei dieser webbasierten Anwendung ist, dass gleichzeitig sehr viele Skills gefragt waren. Wenn man dies alles in Präsenzseminaren abfragen und schulen würde, müsste der Teilnehmer sogar zu mehreren Veranstaltungen. Die eLearning-Maßnahme ist weitaus effizienter.


Allerdings muss man auch sagen, dass solch eine Produktion für kleine Unternehmenseinheiten sicherlich zu aufwändig ist. Wir haben dieses Tool für rund 1.200 Vertriebsmitarbeiter aufgesetzt. Da werden die Pro-Kopf-Kosten solcher Maßnahmen sehr günstig und effizient. Gerade die Zeit ist es, die dem Vertrieb doch heute fehlt.