Netzwerke bringen das Lernen voran
Köln/Mannheim, Oktober 2011 - Von konkreten Beispielen aus der aktuellen Unternehmenspraxis bis zur Zukunft des Lernens reichte der Spannungsbogen der Professional Learning Europe (PLE), die im September in Köln stattfand. Der Europäische Fachkongress für eLearning, Wissensmanagement und Personalentwicklung ermöglichte den Kongressteilnehmern einen Blick über den eigenen Tellerrand: im englischsprachigen Vortragsstrang kamen neben anderen internationalen Referenten auch Experten aus dem Partnerland der PLE 2011, den Niederlanden, zu Wort.
"Bei Professional Learning geht es darum, das lebenslange Lernen weiter zu vertiefen und zu professionalisieren", erklärte Marnix Krop, Botschafter des Königreichs der Niederlande, bei der offiziellen Eröffnung der PLE 2011. Unternehmen organisierten die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter mittlerweile über Ländergrenzen hinweg, deshalb seien internationale Netzwerke wichtig. In seiner Rede lobte Krop die enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Niederlanden und Deutschland und betonte, dass der internationale Erfolg niederländischer Unternehmen ohne eLearning so nicht möglich gewesen wäre.
Dass das betriebliche Lernen einem fundamentalen Wandel unterliegt, zeigten insbesondere die Keynote-Vorträge der PLE. Die junge Generation der zukünftigen Arbeitnehmer sei durch ihre Spiel- und Mediennutzungsgewohnheiten auf eine andere Art des Lernens geprägt, erklärte Prof. Wim Veen in seinem Keynote-Vortrag. Der "Homo Zappiens", wie der Professor für Learning Systems an der Technischen Universität Delft die Angehörigen dieser Generation nennt, wolle selbst über sein Lernen entscheiden. Er hole sich benötigte Informationen aus seinen Netzwerken und teile Informationen mit seinen Freunden. Auf diese Weise schaffe er sich seine eigene persönliche Lernumgebung.
Die Zukunft des Lernens liege nicht in einer Art Wissensmanagement, warnte der niederländische Experte, diese manage doch nur Dokumente anstatt Wissen zugänglich zu machen. Stattdessen bestehe sie im Teilen von Wissen, im Ansammeln von verteilten und unzusammenhängenden Informationen, im Austausch mit Gleichgesinnten in Netzwerken, von denen jeder einen Teil des Wissens besitzt, und in "Prosumption", der Schaffung von Inhalten durch die gleichen Personen, die sie später auch benutzen.
"Der Erfolg eines Unternehmens hängt von der Qualität der Kommunikation zwischen seinen Mitarbeitern ab. Dabei spielt das Lernen eine wichtige Rolle", so Veen. Um den Wissensaustausch und das Lernen zu fördern, sei die Kommunikation auch außerhalb der Unternehmensgrenzen wichtig. "Innovation entsteht, indem man seinen Mitarbeitern vertraut und sie zum Lernen befähigt, nicht durch Kontrolle."
Unternehmen müssten den Wert von informellem Lernen anerkennen, bekräftigte Jane Hart, Gründerin des Centre for Learning & Performance Technologies in Großbritannien, Veens Ansatz. Die Unternehmen könnten nicht alles Wissen bereitstellen, das Mitarbeiter für ihre Arbeit benötigten, betonte Hart. Aus diesem Grund sollten Unternehmen ihrer Belegschaft eine Infrastruktur zur Verfügung stellen, die das Weitergeben von Wissen unter den Mitarbeitern ermögliche.
Unternehmen wie Intel oder das britische Telekommunikationsunternehmen BT hätten damit schon gute Erfahrungen gemacht. Weiterbildungsverantwortliche sollten die Mitarbeiter dabei unterstützen, eigene persönliche Lernnetzwerke und Wissensgruppen aufzubauen, über die diese Zugang zu Menschen und deren Know-how erhalten. "Soziale Netzwerke geben uns die Möglichkeit, den sozialen Faktor des Lernens wiederzubeleben, der im eLearning zum Teil verloren gegangen war", erklärte die Expertin.
"Je stärker jemand mit anderen Verbindungen eingeht, desto stärker wird sein persönliches Lernnetzwerk sein", betonte Keynote-Speaker Steve Wheeler in seinem Vortrag. Wer sich nicht vernetze, werde zurückgelassen, so der Experte von der Universität Plymouth. Lernen werde in Zukunft individueller, für alle zugänglich und sozial vernetzt stattfinden, so seine Prognose. Damit ihre Mitarbeiter auf das Wissen der Vielen zurückgreifen könnten, dürften Arbeitgeber diese während der Arbeit nicht von ihren sozialen Netzwerken abschneiden, so Wheeler.
Weitere Veränderungen für das Lernen brächten mobile Geräte sowie Anwendungen mit Augmented Reality - das Übereinanderlegen von tatsächlicher und virtueller Realität - die direkt am Arbeitsplatz zum Einsatz kommen. Mit all diesen Veränderungen gehe auch eine veränderte Rolle der Lehrer und Trainer einher: Sie würden zu Lernbegleitern, die den Lernenden die nötigen Skills vermitteln, um sich zu vernetzen und die bereitgestellten Inhalte im Netz auf ihre Validität hin einschätzen zu können, so Wheeler.
Wie die gegenwärtige Praxis im Einsatz neuer Technologien für das betriebliche Lernen aussehen kann, zeigten Praxisbeispiele in den unterschiedlichen Themensträngen des Kongresses. Einblicke in die Umsetzung eines strategischen Qualifizierungskonzeptes in einer dezentralen Organisation gab Karsten Mehrtens, Leiter Personalentwicklung beim ADAC. Um die 8.400 Mitarbeiter in 18 Regional- und 1.817 Ortsclubs zu den vielfältigen Produkten des ADAC zu schulen, habe seine Organisation ein Kompetenzmanagementsystem eingeführt mit dem Ziel, aus Wissen Handlungskompetenzen zu machen.
Dabei seien die Soll-Kompetenzen von der Unternehmensstrategie abgeleitet worden, so dass in Tests das Wissen und Können nachgewiesen werde, das für das Erreichen von strategischen Zielen erforderlich sei, so Mehrtens. Web-based Trainings und Präsenzseminare stellten nun sicher, dass die Mitarbeiter über die notwendigen Kompetenzen verfügten.
Wie Volkswagen mithilfe eines weltweiten Blended-Learning-Konzeptes jährlich 5.000 neue Sales-Mitarbeiter auf ihren Einsatz in den Autohäusern vorbereitet, verdeutlichte Mirja Hentrey, Director Training & Development, bei Bassier, Bergmann & Kindler in ihrer Präsentation. Im eLearning-Teil des Trainings erarbeiten sich die angehenden Verkäufer in einer interaktiven Trainingsumgebung die Lerninhalte, die in der späteren Präsenzphase dann vertieft und in einem Online-Test evaluiert werden.
Eine Besonderheit dieser virtuellen Lernwelt sei es, dass die Lernverantwortlichen die Sprache der Texte, Videos und die Bilder in dem einfach zu bedienenden Tool selbständig austauschen, und sie so für so unterschiedliche Märkte wie China, Brasilien oder Italien anpassen können.
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