Was Unternehmen in der Personalarbeit antreibt
Hamburg, Mai 2012 - 246 Aussteller und 3.573 Besucher: Die Messe PERSONAL2012 Nord hat sich im Mai in Hamburg als Treffpunkt von Personalverantwortlichen erfolgreich etabliert. Wie mit dem Fachkräftemangel umgehen? Wie das Arbeitsumfeld für erfahrene Mitarbeiter und für den Nachwuchs aus der Generation Y attraktiv gestalten und ihnen das nötige Know-how für ihre Aufgaben vermitteln? Und wie die eigene Arbeit professionalisieren? Die Messe zeigte, dass diese Fragen die Diskussionen unter Personalern derzeit dominieren.
"In manchen Ausbildungsbereichen und Profilen ist der Fachkräftemangel voll da", sagte Anne Grovu, Head of Human Resources von Airbus CIMPA, bei der Eröffnungspressekonferenz der Messe. Ihr Unternehmen beschäftige zu 95 Prozent Akademiker - darunter vor allem Ingenieure und Informatiker. Diese Fachkräfte gebe es immer seltener und mit steigenden Ansprüchen - insbesondere in punkto Gehalt. "Das ist eine Spirale, die sich seit knapp zwei Jahren immer weiter nach oben dreht", so Grovu. Schon mit wenig Berufserfahrung würden manche mit 30 Prozent mehr Gehalt abgeworben.
"Deshalb überlegen wir uns, verstärkt international zu rekrutieren", berichtete die Personalleiterin. Doch wenn die Mitarbeiter aus dem Ausland dann in Deutschland seien, müsse auch das Angebot stimmen, damit sich diese nicht als Mitarbeiter zweiter Klasse fühlten. "Wir müssen uns professionalisieren, um Standortvorteile transparenter zu machen", zeigte sich Grovu überzeugt.
Neue Aus- und Weiterbildungsmodelle entwickeln
"Auch aufgrund der demografischen Entwicklung ist internationale Rekrutierung eine Option für viele Unternehmen", bestätigte André Unland, Vice President Human Resources Organizational and People Development von Kuehne + Nagel. Das Logistikunternehmen habe zwar kein Problem, kaufmännische Stellen und Vakanzen im Management zu besetzen. Aber gerade im gewerblichen Bereich werde es bisweilen schwierig - in Regionen, in denen quasi von Vollbeschäftigung herrsche, oder in strukturschwachen Gebieten.
In Deutschland entstünden auch dann Know-how-Verluste, wenn die Fachkräfte nach einer Ausbildung das Unternehmen für ein Studium verließen. "Wir haben deshalb in Kooperation mit Hochschulen ein voll finanziertes duales Studium ins Leben gerufen, um ehemaligen Azubis die Möglichkeit zu geben, einen Bachelor zu machen", erklärte Unland. Dieses System habe einen positiven Effekt auf das Image als Arbeitgeber und vermittle die Botschaft: "Wer bei Kuehne + Nagel eine Ausbildung macht, hat hinterher vielfältige Chancen und die Möglichkeit, zu studieren."
Standortvorteil Personalarbeit nutzen
"Wir bilden in unserer Region bis zu 400 Auszubildende und 'duale Studenten' pro Jahr aus - einige entscheiden sich anschließend für eine Karriere im Ausland", so der Leiter Personalentwicklung. Deshalb müsse es perspektivisch darum gehen, die exzellente betriebliche und akademische Ausbildung in Deutschland auch für das Ausland nutzbar zu machen. Mögliche Planungs- und Verrechnungsmodelle lebe der Fußball vor: "Wer Fußballer aus der Jugendarbeit abwirbt, muss eine Ausbildungsvergütung an den abgebenden Verein zahlen."
"Das Thema Human Resources ist ein Standort- und Wettbewerbsvorteil. Das ist vielen Unternehmen in Deutschland nicht bewusst", meinte Alexander Petsch, Geschäftsführer des Veranstalters spring Messe Management. So werde etwa das Ausbildungssystem hierzulande oft nicht so sehr geschätzt und zeige erst im Vergleich mit dem Ausland sein Potenzial. "Die duale Ausbildung in Deutschland verschafft den Mitarbeitern ein viel breiteres Know-how als es Fachkräfte in vielen anderen Ländern mitbringen."
Modelle für Personalarbeit aus dem Ausland übernehmen?
Wenn Trends aus Amerika nach Deutschland schwappten, übernähmen wir diese meist 1:1. "Im Personalwesen ist das zum Glück anders", so der Messemacher Petsch. Amerikanische Trends - etwa für eine starke Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse - würden im Personalmanagement an die europäische Mentalität und die entsprechenden Gegebenheiten angepasst. Das sei ein Teil der Stärke. "Indem wir liberale Arbeitsweltmechanismen nicht sofort übernehmen, können wir uns von anderen Märkten absetzen", so Petsch. Denn das signalisiere den Mitarbeitern die Verlässlichkeit ihrer Arbeitgeber und wirke als Bindungsinstrument.
"Ich wünsche mir mehr Mut von Seiten der Personaler, kreative neue Ideen umzusetzen", sagte hingegen Anne Grovu. Das sei bei Airbus CIMPA zum Beispiel bei der Einführung des HR-Business-Partner-Modells von US-Amerikaner Dave Ulrich gelungen: "Wir haben uns überlegt, was macht Personalarbeit wichtig für das Geschäft und für welche Beratungsleistung würden Manager bezahlen", so Grovu. "In unserem Unternehmen weiß heute jeder, was ein HR-Business-Partner und was ein Personalreferent ist. Die Rollen sind klar getrennt."
Wie die Generation Y die Arbeitswelt verändert
Unternehmen, die kreative Köpfe unter internetaffinen jungen Menschen der sogenannten Generation Y gewinnen möchten, öffnen sich aktuell verstärkt für radikale Veränderungen in der Personalarbeit. Ein Beispiel dafür ist Xing. "Unseren Mitarbeitern aus der Generation Y kommt es nicht vorrangig auf das Gehalt an", berichtete Stephan Dahrendorf, Vice President Human Resources des Online-Netzwerks, auf dem HR-RoundTable der PERSONAL2012 in Hamburg. Es gehe ihnen darum, selbst mitzubestimmen - bei der Ausstattung und bei den Arbeitsaufgaben. "Softwareentwickler wollen gern Außergewöhnliches leisten, wenn sie dafür Komplimente aus ihrer Peergroup bekommen", so der Personalleiter.
Arbeitgeber müssten dafür größtmögliche Entscheidungsspielräume und Abwechslung bei den Aufgaben des Mitarbeiters anstreben. Xing habe dafür zum Beispiel eine "Innovation Week" eingeführt: Softwareentwickler arbeiten sieben Wochen regulär in ihrem Team und dürfen dann eine Woche lang ohne Vorgaben ihre eigenen Ideen umsetzen. Einzige Bedingung: Sie müssen ihre Ergebnisse hinterher intern präsentieren.
Da dieser Generation viele Regelungen in Unternehmen zu starr seien, dränge sie verstärkt in die Selbständigkeit. Bislang setze Xing noch auf Festangestellte, da es aktuell dort die besten Ergebnisse erziele. Initiativen wie die von IBM, zukünftig großflächig die Programmierarbeit in freien Projekten auszuschreiben, fordere die Generation Y jedoch geradezu. "Es wird immer Menschen geben, die ein gewisses Sicherheitsbedürfnis haben", so Dahrendorf. "Aber immer mehr wollen sich die eigene Freiheit erhalten - nicht nur in der Softwareentwicklung."
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