Führungskräfte-Entwicklung auf der LEARNTEC 2009
Karlsruhe/St. Gallen, Dezember 2008 - Die Wachstumsprognosen sinken - und mit ihnen die Bildungsinvestitionen vieler Unternehmen. "Wer in die Führungskräfte-Entwicklung investiert, geht aus der Krise gestärkt hervor", sagt Prof. Dr. Sabine Seufert, Leiterin des Swiss Centre for Innovations in Learning (Scil) an der Universität St. Gallen. Wie Führungskräfte-Entwicklung in Krisenzeiten aussehen kann, darüber spricht Seufert auf der LEARNTEC, die sie als Wissenschaftliche Leiterin mitgestaltet. Die Kongressmesse für Bildungs- und Informationstechnologie findet vom 3. bis 5. Februar 2009 in Karlsruhe statt.
Wenn Führungskräfte lernen, tun sie das nicht nur für sich selbst. Als Vorgesetzte stehen sie vor höchsten fachlichen und sozialen Anforderungen: Sie setzen Maßstäbe für die Bildungskultur des Unternehmens. In puncto Lernbereitschaft heißt das: Wird von den Mitarbeitern erwartet, dass sie sich weiterbilden, dürfen Führungskräfte keine Ausnahme bilden.
Weiterbildungsprogramme kosten Zeit und Geld. Sinken die Aufträge und nehmen Belastungen zu, spart die Geschäftsführung hier häufig zuerst. Davor warnt Bildungsforscherin Seufert: "Weiterbildung jetzt von der Agenda zu streichen, heißt, seine Mitarbeiter im Stich zu lassen - und letztlich auch das gesamte Unternehmen zu vernachlässigen." Führungskräfte-Entwicklung solle besonders in Krisenzeiten die Schwerpunkte Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz fördern.
Sachkompetenz: für effiziente Abläufe sorgen
"Sachkompetenz stand lange im Mittelpunkt der Führungskräfte-Entwicklung", weiß Sabine Seufert. Dazu zählen die allgemeinen und unternehmensspezifischen Aufgaben der Manager: Projekt- und Budgetplanung, Reporting, Qualitätsmanagement. Welche Ziele verfolgt das Unternehmen in der nächsten Zeit, und mit welchen Ressourcen lassen sich diese effizient erreichen? Wie überprüft es den Output? Sachkompetenz ist nach wie vor unverzichtbar. Sie reicht aber längst nicht aus, um Krisen zu meistern.
Sozialkompetenz: Mitarbeiter führen und fördern
So schwierig es klingt: Vor allem in unsicheren Zeiten müssen Führungskräfte Optimismus verbreiten. Wenn Mitarbeiter sich um ihren Arbeitsplatz sorgen, vielleicht Gehaltseinbußen hinnehmen mussten, schlägt sich das in ihrer Leistung nieder. An den Vorgesetzten liegt es, wie ein Coach ein vertrauensvolles Verhältnis zu der Belegschaft aufzubauen.
Spüren Führungskräfte selbst keine Unterstützung im Unternehmen, transportieren sie diesen Mangel weiter, bewusst oder unbewusst. Kontinuierliche Kompetenzentwicklung trägt dazu bei, die eigene Konfliktfähigkeit zu stärken und mit verschiedenen Rollenerwartungen umgehen zu können. Wie lassen sich die persönlichen Ziele der Mitarbeiter mit den Geschäftszielen des Unternehmens vereinbaren?
Unterschiedliche Instrumente erleichtern die komplexen Aufgaben. "Führungskräfte sparen viel Zeit und Arbeit, wenn sie Aufgaben an ihre Mitarbeiter delegieren", rät Sabine Seufert. Dazu müssen sie diese informieren und motivieren. Für die informelle, spontane Kommunikation eignen sich zum Beispiel computerbasierte Tools wie das Intranet und virtuelle Besprechungsräume.
Selbstkompetenz: an eigenen Stärken und Schwächen arbeiten
Die Geschäftsführung, aber auch Führungskräfte selbst gehen zu häufig davon aus, qua Amt ihren vielfältigen Aufgaben gewachsen zu sein. "Unternehmen fördern die Selbstkompetenz ihrer Führungskräfte noch viel zu wenig", kritisiert Sabine Seufert: "Ein verhängnisvoller Fehler." Im Berufsalltag treten immer wieder neue Spannungsfelder auf, die sie erkennen und lösen müssen. Voraussetzung dafür ist ein erfolgreiches Zeit- und Stressmanagement.
Die persönliche Work-Life-Balance zu finden ist deshalb ein zentrales Thema der Selbstkompetenz. "Selbstkompetenz ist eine lebenslange Aufgabe", erklärt Seufert. Wenn im Alltag wenig Zeit bleibt, helfen Blogs und unternehmensinterne Foren Führungskräften, Gelerntes zu reflektieren und andere an ihren Erkenntnissen teilhaben zu lassen.
Kostbare Mitarbeiter halten
Betriebliche Weiterbildung ist kein Geschenk an erfolgreiche Mitarbeiter. Sie ist vielmehr Voraussetzung für wirtschaftlichen Fortschritt - und deshalb auch in den meisten Unternehmensleitbildern verankert. Firmen verpflichten sich, Humankapital zu stärken und für die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu sorgen. "Wird in Zeiten sinkender Gewinne gänzlich auf Weiterbildungsprogramme verzichtet, geraten diese Leitbilder zur Farce", warnt Sabine Seufert.
Die Folge: Mitarbeiter identifizieren sich nicht mehr mit dem Unternehmen und versuchen, sich in einem anderen Betrieb weiterzuentwickeln. Oder, möglicherweise noch verheerender: Sie bleiben, haben aber innerlich bereits gekündigt.
Mitarbeiter an Weiterbildung beteiligen
Auch wenn führende Wirtschaftsinstitute eine bevorstehende Rezession prognostizieren - noch führen viele Unternehmen ihre Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte fort. Das ist jedenfalls der Eindruck, den Sabine Seufert aus Gesprächen mit Bildungsverantwortlichen mittelständischer Betriebe gewinnt. "Viele wollen die Krise nutzen, um ihre Kompetenzen auszubauen", berichtet Seufert. "Sie sehen ein, dass sie in den letzten Jahren einiges versäumt haben."
Um die Kosten im Blick zu behalten, empfiehlt die Wissenschaftlerin, das bestehende Bildungsprogramm zu analysieren: Welche Methoden eignen sich, um die gesetzten Ziele zu erreichen? Welche Veranstaltungen sind verzichtbar, welche lassen sich intern oder via eLearning ausrichten? Sabine Seufert: "Gerade in der Führungskräfte-Entwicklung bieten interaktive Tools des Web 2.0 hervorragende Möglichkeiten. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren verstärken."
Führungskräfte-Entwicklung auf der LEARNTEC
Prof. Dr. Sabine Seufert stellt das Thema Führungskräfte-Entwicklung am 3. Februar auf dem LEARNTEC Kongress 2009 vor. Unter der Frage "Next Generation Leadership: Wie lernen Führungskräfte?" erläutern Experten den Stand der wissenschaftliche Diskussion. Bildungsverantwortliche aus verschiedenen Unternehmen präsentieren erfolgreiche Strategien des Manager-Trainings.
Programm Führungskräfte-Entwicklung am 3. Februar 2009 auf der LEARNTEC:
- 14:30-14:40 Uhr: Prof. Dr. Sabine Seufert, Leiterin des Swiss Centre for Innovations in Learning (St. Gallen): "Wie lernen Führungskräfte? Führungskräfte als Promotoren des Lernens?"
- 14:40-15:00 Uhr: Dr. Jochen Robes, Senior Consultant bei HQ Interaktive Mediensysteme GmbH (Wiesbaden): "Wie lernen Manager: zum Stand der Diskussion"
- 15:00-15:30 Uhr: Dr. Tobias Kiefer, Booz & Company GmbH (München): "Wie lernen Führungskräfte? Führungskräfte als Vorbilder in einer neuen Lernkultur" - Praxisbeispiel Booz & Co
- 15:45-16:15 Uhr: Dr. Klaus-Dieter Hohr, Heidelberger Druckmaschinen (Wiesloch): "Selbstentwicklung und Kooperation statt Führungsmodelle"
- 16:15-16:45 Uhr: Dr. Katharina Fischer-Ledenice, Hernstein Management Institut (Wien): `"Learning Leader - Unternehmenserfolg durch Lernkultur"
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