Symposium

Kulturelle Grenzgänger werden erforscht

Rostock, März 2011 - Vom 29.September bis 02. Oktober 2011
treffen sich in Rostock Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen und aus allen Gegenden der Welt, die mit der Erforschung des Lebens und Wirkens von Personen befasst sind, das sich "zwischen den Kulturen" abspielt oder abgespielt hat. Welche Optionen hatten und haben kulturelle Grenzgänger? ist die Kernfrage der Veranstaltung.




Seit der frühen Moderne ist die Kommunikation zwischen den Angehörigen verschiedener Kulturen in zunehmendem Maße angewiesen auf Übersetzer, Diplomaten, Händler und andere Experten, die sich in beiden Kulturen auskannten. Das wären häufig Personen, die - in ihrer Kindheit, aber beispielsweise auch durch Gefangenschaft - mit den Sitten und Gebräuchen sowie der Sprachen und Kulturen vertraut waren, die das aufeinandertrafen. Daneben gab es aber auch noch andere Grenzgänger und Mittler, wie etwa Missionare, Händler, politische Flüchtlinge, Strandgutsammler, Piraten usw.


Neben der Diskussion der Rolle von kulturellen Grenzgängern im Allgemeinen wird sich das Symposium u.a. mit der Frage beschäftigen, über wie viel Handlungsmacht die individuellen Akteurinnen und Akteure tatsächlich verfügten, und danach fragen, welche Grenzen ihnen von den jeweiligen kulturellen Systemen gesetzt waren. Zudem soll thematisiert werden, welche wissenschaftlichen Diskurse unsere Wahrnehmung des Lebens und Wirkens dieser kulturellen Mittler/innen prägen - Diskurse, die sich zwischen den beiden Extremen eines reinen "Biographismus" und einer Über-Akzentuierung des Wirkens struktureller Kräfte bewegen.


Dabei tut sich eine Reihe weiterer Fragen auf: Wie schaffen es Menschen, die zwischen zwei (oder mehreren) Kulturen leben, einen Gestaltungsraum zu behaupten, der zur Kraftquelle ihres Handelns werden kann? Welche Rolle spielen diesbezüglich Geschlecht, sozialer Status, Beruf, ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, Alter usw.? Welche Optionen hatten und haben kulturelle Grenzgänger - abgesehen vom Erlernen mehrerer Sprachen -, in zwei (oder mehreren) unterschiedlichen Kulturen heimisch zu werden? Wie haben sie eine "Stimme" erhalten?


Wie ist ihre Identitätssuche von notwendigen Taktiken der Camouflage, der Vorstellung oder der "Trickserei" geprägt? Wie wurden (oder werden immer noch) diese Figuren in gelehrten oder populären Diskursen kollektiver (z.B. nationaler) Indentitätskonstruktion funktionalisiert oder mythologisiert? Wie kann die Kenntnis dieser interkulturellen Lebenswege unsere Perspektive auf die vergangene oder gegenwärtige Welt im globalen Zeitalter verändern?...


In ihren Beiträgen werden die Fachleute (selbst-)kritisch prüfen, wie in ihren jeweiligen Disziplinen "Wissen" in Situationen des Kulturkontakts generiert wurde, welche Konzepte und Theorien sich daraus entwickelt haben, und welche ideologischen Subtexte dabei zu identifizieren sind. Ein besonderes Anliegen des Symposiums ist es auch, Fragen der literarischen, wissenschaftlichen oder auch künstlerischen Repräsentation kritisch zu reflektieren und die wechselseitigen Beziehungen zwischen individueller Begegnung und umfassenderen Prozessen von Kolonisation, Herrschaft und Konflikt zu analysieren.


Etwa 15 Expertinnen und Experten werden auf diesem Symposium Ergebnisse ihrer Forschungen vortragen.