Sprachtraining im virtuellen Klassenzimmer
Buxtehude, August 2017 - Unterricht in virtuellen Lernumgebungen ist in der Erwachsenenbildung nicht mehr wegzudenken – aber funktioniert das auch für geförderte Formate mit festen Vorgaben wie den Integrationskurs? Genau das hat das Institut für Berufliche Bildung (IBB) im Rahmen eines Modellprojekts mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Oktober 2016 bis Juni 2017 erprobt. Statt in regulären Präsenzkursen wurden die Teilnehmenden dabei über die Virtuelle Online-Akademie VIONA® unterrichtet und erhielten dort ihr Sprachtraining.
Dabei handelte es sich nicht um ein Selbstlernprogramm oder Portal, das die Lernenden allein an ihren Sprachfertigkeiten feilen lässt, um die Zeit bis zu einem Kurs vor Ort zu überbrücken. Stattdessen fand der Unterricht hier live, zu festen Unterrichtszeiten, in einer festen Lerngruppe und mit einer qualifizierten Lehrkraft statt. Über ein gutes halbes Jahr hinweg nahmen die Teilnehmenden aus Polen, Rumänien, Syrien, Iran, Irak und Afghanistan so fünf Stunden täglich am Unterricht teil – gemeinsam und das, obwohl sie in verschiedenen Städten in Deutschland leben. Theoretisch wäre es sogar möglich, schon im Ausland, bereits vor der Einreise, an einem solchen Kurs teilzunehmen.
Wie jeder Integrationskurs umfasste auch der Online-Integrationskurs einen Sprachkurs und einen Orientierungskurs mit zusammengenommen 700 Unterrichtseinheiten. Der Online-Präsenzunterricht im virtuellen Klassenzimmer erwies sich dabei als echte Alternative zum "klassischen" Unterricht im realen Raum. Die Teilnehmenden haben sprachlich immense Lernfortschritte gemacht, die dem hohen Anspruch des Integrationskurses gerecht werden, und sind mit einer Vielzahl von Lern- und Arbeitstechniken in Kontakt gekommen, die sie souverän beherrschen. Ein großer Teil von ihnen nimmt seit dem Abschluss direkt an weiteren Maßnahmen der sprachlichen oder beruflichen Weiterbildung teil oder ist bereits in Praktika und Jobs vermittelt.
Bemerkenswert ist auch, dass gerade das Gemeinschaftsgefühl im virtuellen Unterricht keineswegs zu kurz kam. "Die Integrationskursteilnehmer zeigten sich alle im Kurs ausgesprochen kooperativ undhilfsbereit. Sie unterstützten einander, wo sie nur konnten. Die Gruppe ist mir sehr ans Herz gewachsen, obwohl wir uns im Grunde nie persönlich gesehen hatten", betont die Online-Dozentin Magallys Tavassoli, die den Kurs im virtuellen Klassenzimmer unterrichtete. Dass die Teilnehmer in dieser Zeit zu einer echten Gruppe zusammengewachsen sind, zeigte sich nicht zuletzt beim Abschlusstreffen, bei dem Dozentin und Teilnehmer dann erstmals real aufeinandertrafen: Binnen weniger Minuten tauschten sie sich miteinander aus, als würden sie sich seit Monaten kennen. Das tun sie ja auch, nur eben zuvor ausschließlich aus der virtuellen Lernumgebung.
Das IBB sieht daher großes Potenzial in einer Weiterführung der Onlinekurse. "Online-Integrationskurse sind in unseren Augen eine sinnvolle, zeit- und bedarfsgemäße Ergänzung des bestehenden Angebots," sagt Dr. Silke Hoklas, die Projektverantwortliche beim IBB, wo seit zehn Jahren Sprachkurse deutschlandweit und im Ausland zusätzlich zur normalen Präsenz auch in Online-Präsenz angeboten werden. "Das räumlich flexible Lernen im virtuellen Klassenzimmer wäre eine Chance, die Kurse vor Ort zu ergänzen", so Hoklas abschließend.
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