Bildungseinrichtungen stärken ethische Kompetenzen
Stuttgart, Januar 2020 - Cindy-Ricarda Roberts spricht auf der didacta – die Bildungsmesse 2020 über den Einfluss digitaler Medien auf unsere Werte und Normen. Welchen Einfluss hat die zunehmende Digitalisierung auf unseren moralischen Kompass? Cindy-Ricarda Roberts versucht als Teil der Forschungsgruppe "Ethics of Digitization", bei digitalen Anwendungen moralisches Verhalten zu analysieren und zu unterstützen.
Frau Roberts, was ist das Ziel Ihrer Forschungsgruppe?
Cindy-Ricarda Roberts: Wir beschäftigen uns mit der Implementierung von Technik sowie ethischen Fragen und versuchen bei digitalen Anwendungen, ethisches Verhalten zu analysieren und zu unterstützen. Ein Beispiel: Sie stehen an einer Bar ohne Kassierer. Wenn man dort an der Kasse menschliche Merkmale anbringt – zum Beispiel ein Bild mit einem Augenpaar – dann erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Geld auch tatsächlich in die Kasse tun. Wir erforschen das online und in digitalen Bereichen. Ich komme aus der praktischen Philosophie und theoretischen Politikwissenschaft und analysiere und beschreibe die ethischen Aspekte hierfür.
Wie beeinflussen Computer und KI, also künstliche Intelligenz, unsere Wertebildung?
Cindy-Ricarda Roberts: Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ethik. Daher gleicht auch keine KI-Strategie der Strategie des Nachbarlands. Die Werte und Normen einer jeden Gesellschaft müssen in dieser Strategie abgebildet und vorhandene Diskriminierungen aufgedeckt werden: Menschen geben den Zweck von Algorithmen vor. Daher steckt bereits in der Auswahl des Datenmaterials, mit dem ich eine künstliche Intelligenz trainiere, immer etwas Diskriminierendes. Das kann beispielsweise positive Diskriminierung wie eine Altersbeschränkung für Inhalte oder negative Diskriminierung im Alter bei der Arbeitsplatzsuche sein.
Welchen Einfluss haben Fake News sowie Hass und Gewalt im Netz auf den moralischen Kompass unserer Gesellschaft?
Cindy-Ricarda Roberts: Politische Propaganda hat schon immer existiert. Nur können heutzutage sehr individualisierte Informationen sehr viele Menschen personalisiert, das heißt gezielt erreichen und diese im schlechtesten Fall manipulieren. Den Sachen, die am extremsten sind, schenken Menschen Aufmerksamkeit. Das ist ein Kampf um Aufmerksamkeit, der die öffentliche Debatte und den moralischen Kompass unserer Gesellschaft mitunter beeinflusst. Aber letztlich sind wir alle kritische Wesen und können uns damit kritisch auseinandersetzen.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Diskussion über Hass und Gewalt im Netz?
Cindy-Ricarda Roberts: Die Gesellschaft muss sich damit unbedingt auseinandersetzen und sie ernstnehmen. Wo ich anonymisiert Kommentare hinterlassen kann, ist die Gefahr groß, dass Menschen ihren Frust rauslassen und sich dies über Echokammern schnell und stark verbreitet. Aber wann fällt etwas unter die Meinungsfreiheit und wann überschreitet es beispielsweise die Grenze zur Beleidigung? Bei einigen Portalen muss man sich inzwischen anmelden, um zu kommentieren. Das wäre beispielsweise eine technische Lösung, um einen respektvolleren Umgang miteinander auch im Netz zu unterstützen. In Zukunft könnte aber auch KI bei der Content-Erkennung dabei helfen, Hasskommentare zu löschen und so die Gesprächskultur im Netz ein Stück in die richtige Richtung bringen.
Welche Rolle spielen Schulen bei der Vermittlung von Werten?
Cindy-Ricarda Roberts: Bildungseinrichtungen tragen dazu bei, ethische Kompetenzen zu stärken, die man braucht, um den öffentlichen Dialog über Digitalisierung und Medien zu führen. Die Zukunft der Arbeit ist digital. Ein super Programmierer sollte auch ethische Kompetenzen und gesellschaftliche Aspekte im Auge behalten können.
Vom 24. bis 28. März 2020 führt die didacta als weltweit größte und Deutschlands wichtigste Bildungsmesse wieder Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Stuttgart zusammen.
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