Die "Feuerwehr-Lernbar": Alles kann – nichts muss!
Karlsruhe/Würzburg, Dezember 2019 - Michael Bräuer ist Branddirektor und stellvertretender Schulleiter der staatlichen Feuerwehrschule Würzburg. Die dort entwickelte "Feuerwehr Lernbar" wurde 2018 gestartet und bündelt die digitalen Medien der Staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern. Zentraler Bestandteil ist das Lexikon, das Fachinformationen in zertifizierter, strukturierter und visualisierter Form bereitstellt. Michael Bräuer stellt dieses Lernprojekt am 28. Januar um 17.15 Uhr im LEARNTEC-Kongress vor.
Auf welchen Erkenntnissen basiert die Struktur der "Feuerwehr Lernbar" mit Lexikon, Downloads, Mediathek und eLearning-Angeboten?
Michael Bräuer: Unsere Vorstellung vom Lernen hat sich in den letzten 30 Jahren stark verändert. Neben der Lehr- und Lernforschung gibt auch die Hirnforschung heute dazu konkrete Hinweise. Psychologie und Erziehungswissenschaften verweisen im Übrigen schon lange darauf, dass Wissen etwas Selbsterarbeitetes ist und deutlich von reiner Information unterschieden werden muss.
Die Lernbar soll in diesem Kontext einen Ermöglichungsrahmen im Sinne einer Ermöglichungsdidaktik bieten.
Aus der Überzeugung, dass eine Information nur zu Wissen werden kann, wenn der Lerner in einer konkreten Problemsituation nach einem Wissensbaustein sucht bietet die Lernbar einen vielfältigen Zugang zu vorhandenen Wissensbausteinen. Sie möchte Feuerwehrwissen strukturiert, visualisiert und zertifiziert anbieten. D.h. den Feuerwehrangehörigen auch die Gewähr bieten, dass die Wissensbausteine aktuell und den Lehraussagen der Staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern entsprechen.
Welcher der Bereiche wird am häufigsten genutzt und wieso?
Michael Bräuer: Derzeit wird nach wie vor der Download Bereich am häufigsten genutzt. Hier sind auch alle klassischen Unterlagen (Merkblätter und Broschüren) abgelegt, die das Sachgebiet Lehr- und Lernmittel der Staatlichen Feuerwehrschule Würzburg schon seit Anfang der 1990er-Jahre anbietet. Die Lernunterlagen haben in Bayern eine lange Tradition und wurden bereits in den 1960iger vom damaligen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz kostenlos an die bayerischen Feuerwehren abgegeben.
Welcher Aufwand steckt hinter der "Feuerwehr Lernbar"?
Michael Bräuer: Das Sachgebiet Lehr- und Lernmittel besteht derzeit aus fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Sachgebietsleiter ist ausgebildeter Lehrer und Führungskraft bei der Freiwilligen Feuerwehr, ein feuerwehrtechnischer Beamter, zwei Mediengestaltern und einer Verwaltungskraft. Dieses Personaltableau war und ist eigentlich auf die klassischen Medien und Druckwerke ausgelegt und konnte bisher leider nicht erweitert werden. Die Lernbar wird deshalb quasi "nebenbei" betreut. Im aktuellen Haushalt sind jedoch zwei weitere Stellen vorgesehen: ein weiterer feuerwehrtechnischer Beamter und ein Mediendidaktiker.
Welchen Anteil an den Schulungen Bayerischer Feuerwehren deckt die "Feuerwehr Lernbar" ab?
Michael Bräuer: Ein eLearning Konzept ist derzeit nur im Digitalfunk vorgesehen. Dort müssen alle bayerischen Feuerwehrangehörigen die vorhandene Elektronische Lernanwendung (ELA) durchlaufen. Über die Lernbar werden aber frei zugänglich sämtliche Lehr- und Lernunterlagen für die Ausbildung vor Ort zur Verfügung gestellt. Das bedeutet für Bayern die gesamte feuerwehrtechnische Grundausbildung bis zum Truppführer inkl. Sprechfunk, sowie die Ausbildungen zum Atemschutzgeräteträger, zum Maschinisten und in der Absturzsicherung.
Gibt es eine Erfolgsbilanz?
Michael Bräuer: Die Lernbar findet auch über die Landesgrenzen hinaus große Beachtung. Die Rückmeldungen der Lehrgangsteilnehmer bzgl. der Lernbar sind durchweg positiv. Insbesondere die einfache Erreichbarkeit (keine Anmeldung erforderlich) baut eine der - aus unserer Sicht - größten Hemmschwellen für die Benutzung ab.
Auch stellen wir fest, dass Lehrgangsteilnehmer in unseren Präsenzveranstaltungen z.B. in Gruppenarbeitsphasen mehr und mehr wie selbstverständlich die Lernbar zur Informationsgewinnung nutzen. Viele unserer Lehrkräfte beziehen die Lernbar inzwischen auch aktiv in ihren Unterricht ein.
Auch hier wird die grundsätzliche Philosophie dahinter deutlich: Alles kann – nichts muss!
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